Brasilien / Politik

Demonstrationen gegen drohenden Putsch in Brasilien

Hunderttausende stärken Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff den Rücken. Politische Krise verschärft sich weiter. Konflikt der Staatsgewalten

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Laut den Veranstaltern demonstrierten 380.000 Menschen auf der zentralen Avenida Paulista in São Paulo
Laut den Veranstaltern demonstrierten 380.000 Menschen auf der zentralen Avenida Paulista in São Paulo

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"Nein zum Putsch"
"Nein zum Putsch"

São Paulo/Rio de Janeiro/Salvador da Bahia. Am Freitag sind in ganz Brasilien hunderttausende Menschen gegen einen Sturz der Regierung auf die Straße gegangen. Gewerkschaften, soziale Bewegungen und die regierende Arbeiterpartei (PT) hatten zu dem Protest aufgerufen. Die überwiegend in rot gekleideten Demonstranten riefen Parolen wie "Es wird keinen Putsch geben" und forderten auf Plakaten ein Ende des umstrittenen Mediengroßkonzerns Rede Globo.

Der landesweit größte Protest fand in der Millionenmetropole São Paulo statt. Laut den Veranstaltern demonstrierten 380.000 Menschen auf der zentralen Avenida Paulista. Das Meinungsforschungsinstitut Datafolha sprach von 90.000 Teilnehmern. "Wir sind hier um gegen einen Putsch und für die Demokratie zu demonstrieren. Das Ende der Regierung würde eine Rückkehr der reaktionären Kräfte bedeuten, die Brasilien seit fast jeher regiert haben", sagte die 55-Jährige Sandra Oliveira gegenüber amerika21. Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva erklärte während seiner Rede in São Paulo, dass er Präsidentin Dilma Rousseff dabei helfen werden, "dass zu tun, was getan werden muss". In Rio de Janeiro versammelten sich laut den Veranstaltern etwa 70.000 Menschen, in Salvador da Bahia rund 100.000 Menschen.

Anlass der Proteste ist die angespannte Situation im Land, die sich in den letzten Tagen zugespitzt hatte. Am Mittwoch erklärte Rousseff ihren Vorgänger Lula zum Kabinettschef. Kurz nach Amtsantritt wurde der 70-Jährige jedoch kurzerhand per Gerichtsbeschluss von seinem Posten enthoben. Richter Itagiba Catta Preta Neto sieht eine Verwicklung des ehemaligen Gewerkschaftsführers in kriminelle Machenschaften als erwiesen an. "So beginnen Staatsstreiche", sagte Rousseff im Anschluss an die Ereignisse. Noch während der Proteste am Freitag wurde zudem bekannt, dass auch der Richter des Obersten Gerichtshofs (STF), Gilmar Mendes, für den Beschluss gestimmt hat, Lula das Amt wieder abzuerkennen. Bis zur finalen Entscheidung des obersten Gerichtshofs kann der Ex-Präsident das neue Amt nicht ausführen.

Grund für die Einwände des STF war ein Telefonat, das der Bundesrichter Sergio Moro inmitten der laufenden Proteste beider politischer Lager zur Veröffentlichung freigegeben hatte und das die ohnehin polarisierte Stimmung weiter angeheizt hatte. Laut Ermittlern geht aus dem Gespräch hervor, dass Rousseff ihren Vorgänger durch die Ernennung vor einer möglichen Verhaftung schützen wolle, da der Regierungsposten Lula Immunität einräumen würde. Die Regierung bezeichnete die Aktion von Moro als "verfassungswidrig" und kündigte juristische Schritte gegen den Richter an.

Unterdessen nimmt die Polarisierung im Land weiter zu, vor allem Gegner der linksgerichteten PT-Regierung scheinen dabei auch vor Gewalt nicht mehr zurückzuschrecken. In mehreren Städten des südamerikanischen Landes wurden in den letzten Tagen Büros der PT angegriffen. Auch am Samstag sind erneut rechte Demonstranten auf die Straße gegangen. In São Paulo schlugen Regierungsgegner ein Protestcamp auf der Avenida Paulista auf. Doch auch die Linke will in den kommenden Wochen ihre Proteste ausweiten. Für den 31. März mobilisieren soziale Bewegungen zu einem landesweiten Aktionstag in die Hauptstadt Brasília.