Venezuela soll Wahrheitskommission bekommen

Vizepräsident Maduro kündigt Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen während der Vierten Republik (1958-1998) an

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Zenaida Mata de Rodríguez mit einem Bild ihres Sohnes in der Nationalversammlung
Zenaida Mata de Rodríguez mit einem Bild ihres Sohnes in der Nationalversammlung

Caracas. Im Zuge der Ehrung des 1973 gefolterten und ermordeten Studentenführers Noel Rodríguez hat der venezolanische Vizepräsident Nicolás Maduro die Einsetzung einer Wahrheitskommission angekündigt. Sie soll die zwischen 1958 und 1998 begangenen politisch motivierten Menschenrechtsverletzungen aufklären. Die Kommission soll am 27. Februar ihre Arbeit aufnehmen, dem Jahrestag des als "Caracazo" bekannten Volksaufstandes von 1989.

In den Jahrzehnten der sogenannten Vierten Republik kam es in Venezuela zu gezielter Folter, Ermordung und dem Verschwindenlassen von politisch engagierten Teilen der Bevölkerung.

"Es muss die Wahrheit über die schreckliche Epoche geschrieben werden, in der die bürgerliche Barbarei ihre Wut an einer kämpferischen Jugend voller Ideale ausließ", betonte Maduro und hielt fest, dass "alle Verbrechen und Morde im Zuge der bürgerlichen repräsentativen Demokratie (…) untersucht werden müssen, damit Gerechtigkeit hergestellt werden kann".

Nicolás Maduro lud zugleich den ehemaligen Vizepräsidenten, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten José Vicente Rangel ein, Mitglied der Wahrheitskommission zu werden und die Untersuchungen auch in Hinblick auf die Schulbildung der kommenden Generationen zu nutzen. Rangel sagte seinerseits, dass mit der Erinnerung und Ehrung der Gefolterten und Verschwundenen "die Politik, Ethik und Moral der Vierten Republik endgültig begraben wird".

Im Oktober 2011 hatte die Nationalversammlung mit den Stimmen der regierenden sozialistischen Partei (PSUV) das "Gesetz zur Bestrafung der Verbrechen, dem Verschwindenlassen, Folter und Menschenrechtsverletzungen aus politischen Gründen zwischen 1958 und 1998" verabschiedet.

Die Ehrung von Noel Rodríguez fand in der Nationalversammlung statt, nachdem Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft den Leichnam des vor 40 Jahren Verschwundenen gefunden hatten und Untersuchungen die Identität Rodríguez bestätigten. Nach dem Akt wurden die sterblichen Überreste seinen Familienangehörigen übergeben. Seine Mutter, Zenaida Mata de Rodríguez, wurde für ihre 40-jährige Suche und Anklage mit der Dr.-Luis-María-Olaso-Medaille geehrt.

"Die Übergabe der sterblichen Überreste an Zenaida Mata de Rodríguez bedeutet die Sicherheit, dass das, was in der Vergangenheit passiert ist, nie wieder in diesem Land geschehen wird", unterstrich José Vicente Rangel.

Die Familienangehörigen von Rodríguez brachten in der Nationalversammlung eine Plakette an, auf der sie die Aufklärung und Untersuchung durch die staatlichen Stellen würdigten.