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Payás Tod bringt Kuba Probleme

Spanischer Fahrer in Havanna in Untersuchungshaft. Unfall offenbart politische Pläne und internationale Kontakte der Opposition

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Das Unfallauto
Das Auto, in dem Payá und ein weiterer Systemoppositioneller ums Leben kamen

Havanna. Nach dem Tod des kubanischen Regierungskritikers Oswaldo Payá und eines weiteren Systemoppositionellen bei einem Autounfall am 22. Juli soll der spanische Fahrer des Unfallwagens wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen angeklagt werden. Nach Berichten der kubanischen Presse sitzt der Fahrer Ángel Carromero, ein Funktionär der Jugendorganisation der rechtskonservativen spanischen "Volkspartei" (PP), in Havanna in Untersuchungshaft. Trotz Anklage fordern Familienmitglieder des Verstorbenen und Angehörige der Opposition weiterhin eine "unabhängige Untersuchung" des Geschehens.

Bei dem Unfall in der Nähe von Bayamo, rund 800 Kilometer östlich von Havanna, waren der 60-jährige Payá und der 31-jährige Kubaner Harold Cepero ums Leben gekommen. Beide gehörten der von Payá gegründeten "Christlichen Befreiungsbewegung" (MCL) an. Carromero und ein weiterer Insasse, der schwedische Jugendpolitiker Jens Aron Modig, erlitten lediglich leichte Verletzungen.

Nach Ermittlungen der kubanischen Behörden hat vor allem eine zu hohe Geschwindigkeit und Fehlverhalten des Fahrers den Unfall verursacht. Die Version wird offenbar auch von parallelen Ermittlungen spanischer Diplomaten bestätigt. In einem Verhörvideo hatte Camorrero angegeben, die Kontrolle über den Wagen verloren zu haben, "nachdem wir auf eine Schotterstrecke gefahren sind". Das kubanische Strafrecht sieht in Artikel 177 Strafen von bis zu zehn Jahren vor, wenn der Fahrer bei einem Verstoß der Straßenverkehrsordnung den Tod von Personen verursacht. Angesichts von zwei Todesopfern könnte die Staatsanwaltschaft unter Berufung auf Artikel 53c eine besondere Schwere feststellen lassen und 15 Jahre Haft für den PP-Jugendpolitiker fordern.

Nach Angaben der kubanischen Tageszeitung Granma waren Carromero und Modig, Vorsitzender der schwedischen Christdemokratischen Studentenunion, nach Kuba gereist, um eine christliche Jugendorganisation zu gründen. Diese aus dem Ausland finanzierte Gruppierung hätte sich später mit der von ihnen ebenfalls finanziell unterstützten MCL zusammenschließen sollen. Bei einer Pressekonferenz am Montag hatte Modig zugegeben, gemeinsam mit Carromero 4.000 Euro Bargeld für Payá und andere Gegner der sozialistischen Regierung bei sich geführt zu haben.

Die spanische "Volkspartei" äußere sich über diesen politischren Aspekt nicht mehr, schreibt der in Havanna ansässige spanische Journalist und amerika21.de-Mitarbeiter Guillermo Nova. "Tatsächlich bringt der Tod Payás die kubanische Regierung angesichts der Mutmaßungen und Vorwürfe auf internationaler Ebene in eine missliche Lage", so Nova. Bei einer möglichen Verurteilung von Carromero müsste Kuba das Schicksal des Angeklagten auf politischer Ebene mit einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verhandeln, der eine kritische Haltung gegenüber der Regierung in Havanna einnimmt und in der Region gut vernetzt ist.

"Im Gegensatz dazu ist die Situation für den katholischen Klerus vorteilhaft", so Nova weiter: Zum einen gewinnt sie eine Ikone, zum anderen könne der verunglückte Payá nun nicht mehr die direkten Kontakte zwischen der katholischen Kirche und der sozialistischen Regierung von Raúl Castro angreifen. "Oswaldo Payá hatte sich zuletzt zu einem Hemmnis bei der angestrebten Verbesserung der Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der kubanischen Regierung entwickelt", heißt es in der Einschätzung Novas. Auch deswegen sei der Kardinalstaatssekretär (Außenminister) des Vatikans, Tarcisio Bertone, der erste Gratulant Raúl Castros nach dessen Wahl zum Präsidenten gewesen.