Beweismaterial zu Todesflügen übergeben

Menschenrechtskommission übergibt nach 32 Jahren Fotoarchiv aus Zeiten der argentinischen Militärdiktatur. Aufklärung der Verbrechen rückt näher

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Folterspuren: Eines der Fotos, die von der CIDH übergeben wurden
Folterspuren: Eines der Fotos, die von der CIDH übergeben wurden

Buenos Aires. Insgesamt 130 Fotografien, die zur Aufklärung der sogenannten Todesflüge im Zuge der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) beitragen könnten, wurden jetzt von der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH) an die argentinische Justiz übergeben. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen Leichen und Körperteile, die an der uruguayischen Küste zwischen 1976 und 1979 angeschwemmt worden waren. Den Fotos liegen forensische Protokolle bei. Wie der Geschäftsführer der CIDH, Santiago Cantón, mitteilte, stammen die Aufnahmen ursprünglich aus einem Archiv der CIDH, dem sie vor 32 Jahren vom uruguayischen Geheimdienstes übergeben worden waren. Von 1979 bis 1980 hatte die Kommission eine Sonderuntersuchung über die Menschenrechtslage in Argentinien angestellt. Die der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) anhängige CIDH hatte die sensiblen Akten seitdem unter Verschluss gehalten und Forderungen abgeleht, die Akten freizugeben.

Wie die argentinische Tageszeitung Página12 berichtet, sind auf den zugänglichen Fotos gefesselte Arme und Beine zu sehen. Aus den Protokollen gehen detaillierte Beschreibungen von Folterspuren und anderen körperlichen Merkmalen wie Tätowierungen hervor. Diese könnten auch eine Identifizierung der größtenteils klandestin verschleppten Opfer ermöglichen.

Auch wenn davon auszugehen sei, dass die Fotos und Protokolle von uruguayischen Behörden angefertigt wurden, sind die Urheber unbekannt. Von diesen erhoffen sich die Ermittler wichtige Erkenntnisse über die Umstände der Leichenfunde. Nach Informationen von Telesur suchen die argentinischen Behörden bereits nach ihnen.

Auf einer Karte, die den Akten ebenfalls beiliegt, sind die Fundorte sowie Meeresströmungen verzeichnet. Als Ort, an dem die größtenteils betäubten Opfer abgeworfen wurden, ist die Region der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires markiert.

Der Praxis der Todesflüge fielen mehrere Tausend Oppositionelle zum Opfer. Die Gefangenen wurden in Militärflugzeugen transportiert, um sie dann in den Rio de la Plata oder den Atlantik zu stürzen. Ein hochrangiger Ex-Militär, der sich 1995 in einem Interview ausführlich und detailliert über die Todesflüge äußerte, bezifferte die Zahl der Opfer auf 4.400. Die ersten handfesten Beweise über die Todesflüge waren bereits 2005 aufgetaucht. Der neue Befund untermauert die Vorwürfe der systematischen Todesflüge jedoch noch einmal erheblich. Bis heute kam es zu keiner Verurteilung der für die Flüge Verantwortlichen. Die neuen Beweisstücke könnten den bereits eröffneten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von großem Nutzen sein.