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Chevron will juristisches Heimspiel gegen Ecuador

Ecuadorianische Opfer von Umweltzerstörungen durch Erdölförderung werden in den USA als Mitglieder des organisierten Verbrechens angeklagt

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Protest Chevron-Geschädigter vor dem Gerichtsgebäude in New York
Protest Chevron-Geschädigter vor dem Gerichtsgebäude in New York

Vor zwei Jahren hat ein ecuadorianisches Gericht den US-amerikanischen Erdölkonzern Chevron dazu verurteilt, eine Gruppe Indigener und Landbewohner wegen der Umweltverschmutzung im Amazonasgebiet mit 18 Milliarden US-Dollar zu entschädigen. Nun hat der Konzern die damaligen Kläger in New York selbst vor Gericht gebracht. Sie werden von dem Ölkonzern angeklagt, Bestechungsgelder angeboten zu haben und Teil des organisierten Verbrechens zu sein.

2011 war der Erdölkonzern für die Umweltkatastrophe in einem Teil des ecuadorianischen Amazonasgebiets, die in den siebziger und achtziger Jahren von der Ölfirma Texaco verursacht wurde, schuldig gesprochen worden. Chevron hatte dieses Unternehmen im Jahr 2001 erworben und als Rechtsnachfolger die rechtlichen Pflichten übernommen.

Doch nun weigert sich Chevron, die Entschädigungen zu zahlen. Da die Firma in Ecuador kein Vermögen zur Beschlagnahmung besitzt, versuchten die Kläger, es im Ausland einzutreiben.

Der New Yorker Gegenprozess von Chevron gegen diesen Versuch wird unter dem RICO-Gesetz angestrengt, das in den siebziger Jahren mit den Urteilen gegen die Mafia bekannt worden war. Chevron versucht so zu verhindern, dass die Strafe von 2011 vor US-Gerichten anerkannt wird. Dabei hätte der Konzern genug Mittel, um die Entschädigung zu zahlen. Der Wert von Chevron wird auf 230 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Die Anklagevertreter im New Yorker Prozess vertreten nun die Ansicht, dass Anwalt Steven Donziger und eine Gruppe Ecuadorianer, die etwa 30.000 geschädigte Indigene und mestizische Pachtbauern repräsentieren, versucht haben, in den Fall involvierte ecuadorianische Anwälte zu bestechen, um Chevron zu erpressen.

Donziger und seine Klienten streiten ab, in Unregelmäßigkeiten verwickelt zu sein. Ihrer Meinung nach ist die Klage ein weiteres teures juristisches Ablenkungsmanöver, mit dem der Konzerns eine nunmehr zwanzigjährige Justizsaga zu verlängern versucht.

Bei einer der letzten Verhandlungen am 15. Oktober versammelten sich vor dem Gericht in New York Ecuadorianer und Unterstützer zum Protest. Die Demonstranten stimmten Gesänge an und zeigten Fotos von schwarzverseuchtem Boden, Gruben voller flüssiger Abfälle unter freiem Himmel und Bewohnern des Regenwalds, die inzwischen unter verschiedenen Krebsarten leiden.

Schätzungen zufolge waren zehntausende Personen fast 70 Millionen Litern Rohöl, das aus der Erde quoll, und fast 70 Millionen Litern giftigem Wasser ausgesetzt, das illegal in die ursprünglichen Ökosysteme des Amazonas rund um das Vorkommen am Agrio-See im Nordosten Ecuadors gepumpt wurden. "Wir stehen hier, vor diesem Gericht, gegen diese große Firma", sagte Javier Piaguaje, ein Secoya-Indianer, der direkt am verseuchten Aguarico-Fluss wohnt. In einem traditionellen Gewand seiner Ethnie gekleidet, berichtete Piaguaje vor der versammelten Menschenmenge über die anhaltenden Effekte der austretenden Giftstoffe. "Jeden Tag erkranken Familien und andere geliebte Personen aufgrund der Verschmutzung", so Piaguaje. "Wir sind hier, um zu zeigen, was wirklich im Amazonasgebiet passiert", fügte er hinzu, bevor er das Gerichtsgebäude betrat, um im Verfahren auszusagen.

Doch der zuständige Richter, Lewis Caplan, ist bekannt dafür, dass er die Argumente der Indigenen ablehnt. Anfang Oktober beschloss Caplan, dass Donziger und den weiteren Angeklagten kein Geschworenengericht zustehe.

"Dieser Prozess ist eine Farce", sagte daher Paul Paz y Miño von Amazon Watch, einer Organisation, die für die Rechte der Umwelt eintritt und die ecuadorianischen Indigenen berät. "Chevron hat Jahre darauf investiert, um einen Prozess anzustrengen, in dem die ursprünglichen Parteien ihre Beweise nicht darlegen können", sagte er gegenüber IPS. "Es gibt keinen einzigen Beweis für einen Betrug", fügte er hinzu.

Ein Sprecher der Ecuadorianer in New York, Han Shan, bezeichnete den Prozess von Chevron als zynisch. "Sie haben eine massive Medienkampagne organisiert und politische Winkelzüge unternommen, um unseren Argumenten entgegenzutreten: dass Chevron korrupt war; dass sie die Richter unter Druck gesetzt haben; dass sie bestochen haben; dass sie versucht haben, den Leuten Fallen zu stellen; dass sie unseriöse Unternehmer benutzten. Nun versuchen sie diese Argumente gegen uns zu verwenden", sagte Shan.

2009 wurde Diego Borja, ein von Chevron beauftragter Unternehmer, beim Dreh eines Videos erwischt. In diesem Video war er selbst beim Versuch zu sehen, den Richter Juan Núñez zu bestechen. Daraufhin ordnete Chevron die Versetzung Borjas in die USA an und zahlt ihm einen monatlichen Lohn.

Die Kontaktseite von Chevron für Medienanfragen war "aufgrund von Wartungsarbeiten" zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels offline. IPS hat sich nicht mit Chevron in Kontakt setzen können, um weitere Erklärungen zu erhalten.

Dennoch schreibt Chevron-Sprecher Morgan Crinklaw auf einer Internetseite der Firma zur Klage: "Wir glauben, dass jede gesetzestreue Rechtsprechung feststellen wird, dass das Urteil illegal und unanwendbar ist, weil es ein Produkt des Betrugs ist."

Das Verfahren, das in Manhattan abgewickelt wird, dreht sich nun unter anderem um das Tagebuch Donzingers und den Film "Crude" (2009) von Joe Berlinger, der laut Chevron zeigt, dass der Anwalt einen Teil der im Fall benutzten Umweltbeweise selbst für nicht tragbar hält. Donziger hält dem entgegen, dass seine Aussagen aus dem Kontext gerissen wurden.

Richter Caplan aber hatte schon einmal zugunsten von Chevron entschieden. Im März 2011 erließ er eine befristete Verordnung, die die Anwendung des Urteils in Ecuador blockierte. Dennoch widerrief das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA im Januar 2012 in New York die Verordnung und eröffnete den ursprünglichen Klägern damit erneut die Möglichkeit, Chevron von US-amerikanischen Gerichten zur Zahlung verurteilen zu lassen.

Diese Entscheidung brachte die Rechtsabteilung Chevrons mit mehr als 100 Anwälten dazu, in letzter Minute zur Gegenklage nach dem RICO-Gesetz zu reagieren. Und sie taten ihr Bestes, um diese im Gerichtssaat von Caplan zu präsentieren. "Ich glaube nicht, dass Richter Caplan uns eine gerechte Anhörung ermöglichen wird. Ich denke, er hat Vorurteile", sagte Shan. Aber wenn der Richter gegen die Ureinwohner entscheidet und eine weitere Verordnung erlässt, wird der das Berufungsgericht sie wahrscheinlich erneut aufheben. "Bei ersten Revisionsentscheid sei deutlich erklärt wurden, dass das regionale Gericht der USA kein Berufungsgericht in Bezug auf die Rechtsprechung in Ecuador ist und dass es hier schlichtweg keine Entscheidungskompetenz hat", sagte Shan.