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Raúl Castro: Verlust ethischer Werte verhindern

Rede von Raúl Castro vor der kubanischen Nationalversammlung am 7. Juli 2013

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Raúl Castro
Raúl Castro

Compañeras und Compañeros:

Es ist meine Aufgabe, die Schlussfolgerungen aus dieser

ersten ordentlichen Sitzungsperiode der 7. Legislatur der Nationalversammlung zu ziehen, in deren Rahmen unsere Abgeordneten wie vereinbart ausgiebige Erläuterungen zur Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr, wie auch zum Fortgang der Umsetzung der Leitlinien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik von Partei und Revolution erhalten haben. Diese Angelegenheiten waren zuvor in der Sitzung des Ministerrates vom 28. Juni und beim 7. Plenum des Zentralkomitees am vergangenen Montag [1. Juli] analysiert worden.

Unter Berücksichtigung der Informationen, die unserer Bevölkerung durch die Presse geboten worden sind, ist es nicht nötig, diese Dinge in breiterer Form abzuhandeln. Von daher werde ich nur auf jene Aspekte hinweisen, die von größerer Bedeutung sind.

Die nationale Wirtschaft hat ungeachtet äußerer Angriffe, der vom Hurrikan Sandy verursachten Schäden und unserer eigenen Unzulänglichkeiten weiterhin eine positive Entwicklung an den Tag gelegt.

Wie schon berichtet wurde, wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,3 Prozent und übertrifft so, ohne das geplante Ziel erreicht zu haben, das Niveau, das wir im ersten Semester des vergangenen Jahres erreicht haben um zwei Zehntel. Sicher ist aber auch, dass die Entwicklung des BIP im Haushalt der kubanischen Durchschnittsfamilie noch keinen Niederschlag gefunden hat.

Die wachsende Tendenz in den produktiven Tätigkeitsbereichen findet ihre Bestätigung, während sich zugleich die sozialen Dienstleistungen für die gesamte Bevölkerung auf ähnlichem Niveau wie bisher gehalten haben.

Außerdem haben die Delegierten einen detaillierten Überblick über den Fortgang der Umsetzung der Leitlinien für die Wirtschafts- und Sozialpolitik von Partei und Revolution erhalten, die vom 6. Parteitag verabschiedet wurden, ein Prozess der für alle das Hauptaufgabengebiet darstellt, da von seinem Erfolg die Bewahrung und die Entwicklung des Sozialismus in Kuba abhängig ist. Eines prosperierenden und nachhaltigen Sozialismus, der, während er – wie bereits der Genosse Murillo [für Wirtschaftspolitik zuständiger Vizepräsident des Ministerrats sowie Mitglied des Staatsrats] ausgeführt hat – das gesellschaftliche Eigentum an den grundlegenden Produktionsmitteln bekräftigt, zugleich andere, nichtstaatliche Betätigungsformen anerkennt und die Planung als unverzichtbares Instrument der Wirtschaftsführung unterstreicht, ohne die Existenz des Marktes zu leugnen.

Ich möchte dabei meine Überzeugung wiederholen, dass an dieser strategisch bedeutsamen Front weiterer Fortschritt zu verzeichnen ist und bereits die ersten ermutigenden Ergebnisse zu beobachten sind. Auch wenn ebenfalls richtig ist, dass noch ein langer und komplizierter Weg zur Aktualisierung unserer ökonomischen und sozialen Modells vor uns liegt, wobei man um die mehrheitliche Unterstützung dieses Prozesses durch die Bevölkerung werden muss. Das schließt Schocktherapien und die schutzlose Selbstüberlassung von Millionen von Menschen aus, eine Politik also, von der die Anpassungsstrategien der letzten Jahre in verschiedenen Ländern des reichen Europas gekennzeichnet waren.

Das Phänomen der Doppelwährung stellt eines der bedeutendsten Hindernisse für den Fortschritt der Nation dar. Wie in der Leitlinie Nummer 55 dargelegt, wird man unter Berücksichtigung der Arbeitsproduktivität zu einer Vereinheitlichung kommen müssen. Die Leitlinie selbst erkennt die Komplexität dieses Vorhabens an, das – sowohl auf objektiver als auch auf subjektiver Ebene – eine strikte Vorbereitung und Durchführung erforderlich machen wird.

Dazu kann ich euch insbesondere mitteilen, dass die Studien zur Aufhebung der doppelten Währung in geordneter und umfassender Form fortgesetzt worden sind, was es uns ermöglichen wird, weiterreichende und tiefergehende Veränderungen in Bezug auf Löhne und Renten, Preise und Gebühren, sowie Subventionen und Abgaben vorzunehmen. Kurz gesagt gilt es zu erreichen, dass alle dazu befähigten Bürger sich dazu angespornt fühlen, ordnungsgemäß auf der wieder hergestellten Grundlage des sozialistischen Verteilungsgesetzes zu arbeiten: jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung. Nur so können wir gegen die ungerechte "umgedrehten Pyramide" vorgehen, bei der bei größerer Verantwortlichkeit geringe Entlohnung zu verzeichnen ist.

Zugleich müssen wir der Perfektionierung des Systems der landwirtschaftlichen Produktion den höchsten Vorrang einräumen und dabei sicherstellen, dass die beschlossenen Experimente zur Beseitigung der Hindernisse, die deren Entwicklung bremsen, die beabsichtigten Zielsetzungen erreichen.

Ebenso werden die staatlichen Betriebe mit der Einführung der beschlossenen Richtlinien in die Pläne für das kommende Jahr eine größere Autonomie bei der Führung ihrer Geschäfte und bei der Verteilung der erzielten Ergebnisse erlangen – wie heute Vormittag bereits ausführlicher erklärt wurde.

In gleicher Weise werden wir ganz entschieden die Schaffung von nicht landwirtschaftlichen Kooperativen unterstützen. Sie werden es ermöglichen, gemeinsam mit der fortgesetzten Erweiterung der selbstständigen Arbeit den Staat von produktiven Aktivitäten und nicht grundlegenden Dienstleistungen zu befreien, um sich auf das langfristige Entwicklungsprogramm konzentrieren zu können.

Die Umsetzung der Leitlinien birgt die Notwendigkeit in sich, die Auswirkungen der eingeleiteten Veränderungen systematisch zu bewerten und jedwede Fehlentwicklung schnell zu korrigieren. Dies erfordert außerdem die Etablierung eines permanenten Klimas von Ordnung, Disziplin und Anspruchsdenkens in der kubanischen Gesellschaft. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, um die Fortschritte bei der Aktualisierung unseres Wirtschaftsmodells zu konsolidieren und keine Rückschritte zuzulassen.

Genau dieser Angelegenheit werde ich den größten Teil meines Beitrages widmen, wie ich euch schon am 24. Februar auf der konstituierenden Sitzung der aktuellen Legislaturperiode des Parlaments in Anwesenheit des Genossen Fidel gesagt habe, der sich darüber wie folgt äußerte. Ich zitiere: "Der große Kampf, der uns bevorsteht, liegt in der Notwendigkeit einer energischen und rastlosen Bekämpfung der schlechten Gewohnheiten und der Irrtümer, die von vielen Mitbürgern und sogar von Parteimitgliedern täglich in den verschiedensten Bereichen begangen werden". Ende des Zitats.

Dieses Thema erweist sich für niemanden als angenehm, aber ich halte an der Überzeugung fest, dass der erste Schritt zur effektiven Überwindung eines Problems darin liegt, sein Vorhandensein in seiner ganzen Dimension zu erkennen und die Ursachen und Umstände auszumachen, die dieses Phänomen über viele Jahre hinweg begünstigt haben.

Ich stelle mir die Nachrichten der nächsten Tage in der großen internationalen Presse vor, die darauf spezialisiert ist, Kuba in Verruf zu bringen und es einer hektischen Überprüfung zu unterwerfen. Aber wir haben uns schon daran gewöhnt unter einer derartigen Belagerung zu leben. Wir müssen uns nicht darauf beschränken, die Realität mit aller Härte zu benennen. Denn unsere Beweggründe liegen in der äußersten Entschlossenheit, die Atmosphäre der Undiszipliniertheit zu überwinden, die sich in unserer Gesellschaft breit gemacht hat und nicht zu unterschätzende moralische und materielle Schäden anrichtet.

Wir haben schmerzhaft erfahren, wie über die mehr als 20 Jahre der Sonderperiode [período especial] hinweg, moralische und bürgerschaftliche Werte, wie Ehrlichkeit, Anstand, Schamgefühl, Würde, Aufrichtigkeit und Feingefühl gegenüber den Problemen der anderen in wachsendem Maße verkommen sind.

Wir erinnern uns an die Worte von Fidel in der Großen Aula der Universität Havanna am 17. November 2005, als er sagte, dass diese Revolution nicht vom Feind, sondern von uns selbst zerstört werden könnte. Dies wäre unsere eigene Schuld, warnte er.

Auf diese Weise ist ein Teil der Gesellschaft dazu übergegangen, es als normal anzusehen, vom Staat zu stehlen. So verbreiteten sich auf relativ ungestrafte Weise illegale Bauten, zudem noch an unzulässigen Orten, die nicht autorisierte Belegung von Wohnungen, der illegale Handel mit Gütern und Dienstleistungen, die Nichteinhaltung der Arbeitszeiten am Ort der Beschäftigung, der Diebstahl und die illegale Schlachtung von Rindern, der Fang von Meeresarten, die vom Aussterben bedroht sind, die Anwendung von massiven Fischereimethoden, die Abholzung von Forstressourcen, Hamsterkäufe von Mangelprodukten und ihr Weiterverkauf zu höheren Preisen, die Beteiligung an Spielen am Rande der Gesetze, Preisverstöße, die Annahme von Bestechungsgeldern und Vorteilsnahme, der Zugriff auf den Tourismussektor und Verstöße gegen die Vorschriften auf dem Gebiet der Informatiksicherheit.

Verhaltensweisen, die zuvor als typisch für die isolierte Teile der Bevölkerung galten, wie lautes Herumschreien auf der Straße, die wahllose Verwendung obszöner Ausdrücke und eine vulgäre Art sich auszudrücken sind, ungeachtet ihres Bildungsniveaus oder ihres Alters, zum normalen Verhalten nicht weniger Mitbürger geworden.

Die Wahrnehmung bezüglich der Bürgerpflichten angesichts von Fehlverhalten ist beeinträchtigt, und das angesichts von Erscheinungen wie dem Wegschmeißen von Müll auf die Straße, der Bedürfnisverrichtung auf Straßen und Plätzen, der Bekritzelung und Verunstaltung der Wände von Gebäuden oder von öffentlichen Plätzen; das Trinken von Alkohol an ungeeigneten öffentlichen Orten und das Führen von Fahrzeugen im Zustand der Trunkenheit; der Missachtung des Rechts der Nachbarn wird nichts entgegnet, es wuchert die Unsitte lauter Musik, die die Ruhe der Menschen beeinträchtigt; inmitten der Städte greift die Aufzucht von Schweinen mit dem nachfolgenden Risiko für die Volksgesundheit um sich, man toleriert die Beschädigung und Zerstörung von Plätzen, Denkmälern, Bäumen, Gärten und Grünzonen; öffentliche Telefone, elektrische und Telefonleitungen, Gullys und andere Bestandteile von Wasserleitungen, Verkehrszeichen und Leitplanken an den Straßen werden mutwillig beschädigt.

Genauso wird die Bezahlung der staatlichen Verkehrsmittel umgangen oder von einigen Mitarbeitern des entsprechenden Sektors in die eigene Tasche gesteckt; Gruppen von Jungens werfen immer wieder an den selben Stellen Steine auf Züge oder Kraftfahrzeuge; die grundlegendsten Verhaltensweisen der Höflichkeit gegenüber Senioren, schwangeren Frauen, Müttern mit kleinen Kindern und Behinderten werden außer Acht gelassen. Das alles passiert direkt vor unserer Nase, ohne eine öffentliche Gegenreaktion zu provozieren.

Das Gleiche geschieht auf den verschiedenen Ebenen des Bildungssystems, auf denen die Schuluniformen bis zur Unkenntlichkeit entstellt werden, einige Lehrer unkorrekt gekleidet Unterricht erteilen und wo es Fälle von Lehrern und Angehörigen gibt, die an akademisch fragwürdigen Vorgängen teilnehmen.

Bekannterweise bilden Heim und Schule eine Einheit bei der Erziehung jedes Einzelnen in der Gesellschaft, wobei diese Vorgänge nicht nur eine Beeinträchtigung der Gesellschaft, sondern auch schwerwiegende Folgen in Familie und Schule mit sich bringen.

Diese Verhaltensweisen in unseren Klassenräumen sind auf doppelte Weise nicht miteinander zu vereinbaren. Denn abgesehen von der Disziplinlosigkeit an sich muss es Klarheit darüber geben, dass von Kindheit an Familie und Schule den Kindern die Regeln der Gesellschaft zu vermitteln haben.

Dabei ist der reale und im übertragenen Sinne stattfindende Niedergang der Aufrichtigkeit und des guten Benehmens der Kubaner am meisten zu beklagen. Es ist nicht zulässig, Vulgarität mit Modernität, noch Plattheit oder Schamlosigkeit mit Fortschritt in Eins zu setzen. In Gesellschaft zu leben, bedeutet in erster Linie, Normen anzunehmen, die den Respekt vor dem anderen und den Anstand wahren. Selbstverständlich steht nichts davon im Widerspruch mit der typischen Lebensfreude der Kubaner, die wir bewahren und weiter ausleben wollen.

Ich habe mich hier darauf beschränkt, eine Aufzählung der aussagkräftigsten negativen Erscheinungen zu liefern, ohne dabei zu beabsichtigen alle im Einzelnen aufzuführen, da dies meine Rede unnötig in die Länge ziehen würde.

Unter Mitwirkung der Partei und der Gremien der Regierung kam es zu einer ersten Erhebung, die 191 Erscheinungen dieser Art ergab. Wir sind uns dabei darüber bewusst, dass dies nicht die Einzigen sind und es darüber hinaus noch viel mehr gibt – die sich in vier unterschiedliche Kategorien einteilen lassen: soziale Disziplinlosigkeit, Ungesetzlichkeiten, Ordnungswidrigkeiten und Vergehen, die im Strafgesetzbuch zusammengefasst sind.

Die Bekämpfung dieser zu verurteilenden Verhaltensweisen und Tatbestände muss unter Anwendung verschiedener Methoden und Wege erfolgen. Dem Verlust ethischer Werte und der Missachtung der guten Sitten kann durch ein abgestimmtes Vorgehen allen sozialen Faktoren begegnet werden, und zwar von frühem Alter an ausgehend von Familie und Schule und von der Förderung der Kultur im umfassendsten und nachhaltigsten Sinne, was alle zur bewussten Ausrichtung ihres Verhaltens führen sollte. Dies wird gleichwohl ein komplexer Prozess sein, der ziemlich lange dauern wird.

Dem Verbrechen, den Gesetzwidrigkeiten und den Zuwiderhandlungen lässt sich auf die einfachste Art und Weise entgegen treten: indem man dafür sorgt, dass die gesetzlichen Festlegungen erfüllt werden. Darüber verfügt jeder Staat, unabhängig von seiner Ideologie über die erforderlichen Instrumente, sei es auf dem Wege des Konsens oder letztlich, wenn dies erforderlich sein sollte, auch durch die Anwendung von Zwangsmaßnahmen.

Tatsache ist, dass man die Gutmütigkeit der Revolution ausgenutzt hat, nicht auf die Kraft des Gesetzes zurückzugreifen, so gerechtfertigt dies auch gewesen wäre, und der Überzeugung und der politischen Arbeit den Vorzug gegeben hat, was, wie wir eingestehen müssen, nicht immer ausreichend gewesen ist.

Die Organe von Staat und Regierung, darunter die Polizei, der Oberste Rechnungshof der Republik, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte, müssen je nach Zuständigkeit zu diesen Bemühungen ihren Beitrag leisten und die ersten sein, die beispielgebend bei der uneingeschränkten Einhaltung des Gesetzes sind; damit stärken sie ihre Autorität gegenüber der Gesellschaft und sichern sich die Unterstützung der Bevölkerung, wie sich erst kürzlich beim Vorgehen gegen beschämende Fälle von administrativer Korruption gezeigt hat, in die sich Funktionäre von Ämtern und Betrieben verstrickt hatten.

Es ist höchste Zeit, dass die Arbeiter- und Bauernkollektive, die Studenten, Jugendlichen, Lehrer und Professoren, unsere Intellektuellen und Künstler, Journalisten, die Religionsgemeinschaften, die Behörden, die Führungspersönlichkeiten und Funktionäre auf jeder Ebene, zusammengefasst alle Kubanerinnen und Kubaner mit Würde, die zweifelsohne die Mehrheit bilden, sich die Pflichterfüllung und die Erfüllung dessen zueigen machen, was in den zivilgesetzlichen Normen, sei es in Form von Gesetzen, Verordnungen oder sonstigen Regelungen festgelegt ist.

Wenn ich über diese bedauerlichen Erscheinungen spreche, denke ich trotz der unbestreitbaren Errungenschaften, die die Revolution auf dem Gebiet der Bildung erkämpft hat und die in aller Welt durch die Organisationen der Vereinten Nationen anerkannt sind, dass wir auf dem Gebiet der Kultur und des Gemeinsinns zurückgefallen sind. Ich habe das bittere Gefühl, dass wir eine immer besser unterrichtete, aber nicht notwendigerweise gebildetere Gesellschaft werden.

In diesem Sinne ist es der Mühe wert, sich an jenen Satz zu erinnern, der verschiedenen Autoren zugeschrieben worden ist, darunter auch dem spanischen Philosophen und Schriftsteller Miguel de Unamuno, die Gesellschaft kastilischer Bauern sagte: "Wie gebildet sind doch diese Analphabeten!"

Nichts steht einem Revolutionär so fern wie die Resignation oder, was das Gleiche ist, die Aufgabe angesichts von Schwierigkeiten. Deshalb obliegt es uns Zuversicht zu fassen und den Kampfgeist zu erheben, um die riesige und Geduld erfordernde Aufgabe anzugehen, die entstandene Lage umzukehren.

Nach meiner Auffassung bestand und besteht der gemeinsame Nenner dieses ganzen Phänomens im mangelnden Anspruch derjenigen, die dafür zuständig sind, dafür zu sorgen, dass die Festlegungen erfüllt werden, im Mangel an Systematik in der Arbeit der verschiedenen Leitungsebenen und in der Missachtung der geltenden Institutionalität, in erster Linie durch die staatlichen Körperschaften, was andererseits deren Fähigkeit und Autorität mindert, von der Bevölkerung zu verlangen, die bestehenden Regelungen einzuhalten.

Um nur ein Beispiel zu zitieren: Wie viele Verstöße gegen die Normen der Raumplanung hat es nicht quer durch das ganze Land gegeben, von denen einige auch in der Presse beklagt worden sind? Man muss, wie wir das ja bereits zu tun begonnen haben, die Ordnung und die Disziplin in allen staatlichen Behörden verstärken.

Zugleich muss das Führungspersonal von den landesweiten Instanzen bis hin zur Basis die Passivität und die Trägheit in ihrem Verhalten aufgeben; sie müssen es unterlassen ihren Blick anderswohin zu wenden, wenn das Problem hier vor Ort liegt, um es nicht zu sehen. Es muss endlich Schluss damit sein, Angst davor zu haben, sich bei der Erfüllung unserer Pflichten Probleme einzuhandeln und es gilt, sich eine eigene Mentalität von Ordnung, Disziplin und Anspruchsdenken zuzulegen, ohne zu befürchten wegen der Forderung nach Erfüllung der Vorgaben Probleme zu bekommen.

Das Vorgehen gegen die mangelnde soziale Disziplin darf sich nicht einfach in eine weitere Kampagne niederschlagen, sondern muss zu einer permanenten Bewegung werden, deren Entwicklung von der Fähigkeit abhängen wird, die Bevölkerung und die verschiedenen Akteure einer jeden Gemeinschaft mit Nachdruck und politischem Vorbedacht zu mobilisieren, ohne irgendwen dabei auszuschließen.

Lasst uns eine Bilanz der Kräfte ziehen, über die die Revolution verfügt und lasst uns begreifen, dass diese mehr als ausreichend sind, um zum Erfolg zu kommen.

Die ersten von Partei, Jugend und Massenorganisationen durchgeführten Aktionen haben in kaum vier Monaten deutlich gemacht, dass in dem Maße, in dem die politischen, sozialen und administrativen Institutionen ihr Handeln in diesem Bereich vertieft haben, die Bevölkerung ihre Unterstützung kund getan hat. Die Menschen haben sich dazu verpflichtet, illegale Umstände und Verhaltensweisen anzuprangern und zu bekämpfen.

Wenn wir bei dieser Aufgabe obsiegen wollen, müssen wir die Bevölkerung und jeden einzelnen Bürger einbeziehen, und zwar nicht durch Gerede und leere Parolen bei hitzigen Versammlungen, sondern indem wir bei jedem Einzelnen die Motivation erzeugen, besser zu werden und durch das persönliche Beispiel voranzugehen.

Dies war das zentrale Thema meiner Worte, die gestern Morgen im Politbüro ihre Zustimmung gefunden haben. Über dieses Thema, das ich gerade abgeschlossen habe, kann man stundenlang reden, aber das, was ich gesagt habe, sollte genügen. Alles andere kann man veröffentlichen.

Natürlich wird dies in unserer gesamten Presse geschehen. Ich empfehle euch allen und denjenigen, die mir zuhören, alles in Ruhe durchzulesen und im Einzelnen darüber nachzudenken. Dabei bitte ich euch um persönliche Reflexion.

Kommen wir zu einem anderen Thema. Gestern haben unsere Abgeordneten einen Aufruf an alle Parlamente der Welt und an diejenigen Persönlichkeiten gestartet, die der Gerechtigkeit verpflichtet sind, von den Behörden der Vereinigten Staaten die Freilassung und die sofortige Rückkehr von Gerardo, Ramón, Antonio und Fernando zu fordern, die am kommenden 12. September 15 Jahre ungerecht in Haft sein werden. Außerdem haben wir den bewegenden Worten des Helden der Republik Kuba, René González, applaudiert, der gekommen war, um den Kampf für diese edle Sache zu verstärken, der nicht enden wird, bis alle in die Heimat zurückkehren.

Schließlich muss ich zum Ausdruck bringen, dass es die jüngsten Enthüllungen des nordamerikanischen Staatsbürgers Edward Snowden erlaubt haben, die Existenz globaler Spionagesysteme seitens der Vereinigten Staaten zu bestätigen, die die Souveränität der Nationen und sogar ihrer eigenen Verbündeten und auch die Menschenrechte verletzen.

Kuba, das historisch eines der meist angegriffenen und auch ausspionierten Länder des Planeten gewesen ist, wusste bereits vom Vorhandensein solcher Spionagesysteme.

Das Neue und Ungewöhnliche daran war die Art und Weise, wie die mediale Kontrolle und die Zensur dazu eingesetzt worden sind, um die Aufmerksamkeit vom Wesentlichen, das heißt von der ungeheuren Macht der nordamerikanischen Regierung auf dem Gebiet der massiven Kontrolle der Informationstechnologien und der Kommunikationsmedien abzulenken und das Hauptaugenmerk auf die internationale Verfolgung des Anklägers zu lenken.

Unter Ausnutzung ihrer internationalen mediale Machtstellung – die bereits supranational ist, weil diese Medien bereits nationenübergreifend sind – konzentrieren sie sich nun auf die internationale Verfolgung des jungen Anklägers dieser Aktivitäten.

Die Drohung mit der Anwendung ökonomischer Maßnahmen gegen Ecuador und die konzertierte Aktion verschiedener europäischer Länder, um den Überflug oder die Landung von Präsident Evo Morales zu verhindern, zeigen, dass wir in einer Welt leben, in der die Mächtigen sich dazu in der Lage fühlen, internationales Recht zu brechen, die Souveränität der Staaten zu verletzen und die Rechte der Bürger mit Füßen zu treten.

Angesichts einer solchen Herrschaftsphilosophie sind wir in allen Ländern des Südens in Gefahr und bleiben dies auch weiterhin. Wir unterstützen die berechtigten Forderungen und Stellungnahmen der Präsidenten von Venezuela, Ecuador, Argentinien, Bolivien, Nicaragua, Brasilien und Uruguay, sowie anderer lateinamerikanischer und karibischer Führungspersönlichkeiten. Wir rufen auf zur Mobilisierung der internationalen öffentlichen Meinung, zur energischen Anklage und unbeirrbaren Verurteilung der Drohungen gegen Ecuador und des Angriffes auf den bolivianischen Präsidenten und auf Unser Amerika als Ganzes.

Wir unterstützen entsprechend unserer Tradition das souveräne Recht der Bolivarischen Republik Venezuela und aller Staaten der Region, denjenigen Asyl zu gewähren, die wegen ihrer Ideale oder ihres Kampfes für die demokratischen Rechte verfolgt werden.

Wir akzeptieren kein Messen mit zweierlei Maß, weder Einmischungen noch Drohungen irgendwelcher Art. Wie Präsident Nicolás Maduro zum Ausdruck gebracht hat kann man nicht einem internationalen Terroristen wie Posada Carriles, dem Verantwortlichen für ein Bombenattentat auf ein Flugzeug von Cubana de Aviación mit 73 Passagieren an Bord, sowie weiterer Verbrechen, Zuflucht gewähren und seine Auslieferung an Venezuela verweigern und zugleich beanspruchen, dass diese Brudernation ihr legitimes Recht nicht ausüben solle.

Wir haben heute den 7. Juli, uns trennen nur noch weniger Tage von der Begehung des 60. Jahrestages der Angriffe auf die Kasernen Moncada und Carlos Manuel de Céspedes. Lasst uns den neuen Herausforderungen mit derselben Entschlossenheit und demselben unerschütterlichen Glauben an den Sieg entgegen treten, die uns der Führer der kubanischen Revolution, Fidel Castro Ruz, immer eingeschärft hat.