Am 11. April wählt Peru eine:n neue:n Präsident:in und einen neuen Kongress. Nach Jahren der politischen Krise und einem katastrophalen Pandemie-Jahr, das in dem Andenstaat viele Menschenleben gekostet und Millionen in die Armut gestürzt hat, haben die meisten Menschen den Glauben in das politische System verloren. Das zeigt sich auch daran, dass es kurz vor der Wahl noch keine:n klare:n Favorit:in gibt. In den Umfragen erreichen die ständig wechselnden Spitzenreiter:innen nur knapp über zehn Prozent der Stimmen. Doch nicht nur das: Besonders erfolgreich sind die Kampagnen mit rechtspopulistischen Inhalten, die Polizeibefugnisse ausweiten, das neoliberale Modell nicht antasten und Frauen- sowie LGBT-Rechte zurückschrauben wollen. Progressive Optionen gibt es neben der linken Kandidatin Verónika Mendoza kaum.
Über die politische Krise, die Schwäche der Linken, aber auch Hoffnungen sprach amerika21 mit der linken Politikerin Indira Huilca. Sie ist die Tochter des 1992 von einem Todesschwadron des Fujimori-Regimes (1990-2000) ermordeten Gewerkschaftsführers Pedro Huilca. Indira Huilca war von 2016 bis 2020 Kongressabgeordnete, zunächst für das Linksbündnis "Frente Amplio" (Breite Front) und später für Verónika Mendozas neue Partei "Nuevo Perú" (Neues Peru), für die sie 2019 als Fraktionssprecherin fungierte. Im Zuge der Kongressneuwahlen 2020 zog sie sich aus der Partei zurück und gründete zusammen mit anderen Persönlichkeiten der Linken das politische Kollektiv "En Movimiento" (In Bewegung), um einen progressiven Gegendiskurs in der Gesellschaft zu etablieren. 2021 wird die 32-Jährige selbst nicht kandidieren.
Wenn das neue Staatsoberhaupt am 28. Juli eingeschworen wird, feiert Peru genau an diesem Tag 200 Jahre Unabhängigkeit. Wo steht das Land heute?
Das ist eine schwierige Frage. Viele hatten gehofft, dass dieses Jubiläum nicht leer bleiben, sondern neue Debatten hervorbringen würde. Aber mit der Pandemie bekommt diese Debatte einen bitteren Beigeschmack, denn es gibt nichts mehr zu feiern, sondern eher viel wieder aufzubauen. Selbstverständlich sollte man das Jubiläum der Unabhängigkeit anerkennen, aber ich denke ehrlich, es wäre an der Zeit, es ein wenig zu entzaubern. Für wie viele Peruaner ist es wirklich eine Freude zu sagen: "gut, dass Peru unabhängig ist", während noch immer so viele Landsleute in Armut und Unsicherheit angesichts der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Situation der Pandemie leben? Wir sollten dieses Datum umdeuten.
Erst kürzlich hast du öffentlich deine Unterstützung für die Linkskandidatin Verónika Mendoza ausgesprochen. Was sind deine Erwartungen an die bald stattfindenden Wahlen?
Ich denke Verónika Mendoza ist die einzige Wahloption, die Änderungen bewirken kann, und die eine Chance hat, in die Stichwahl zu gelangen. Das wird nicht einfach, wir müssen realistisch sein. Ich bin selbst nicht Teil ihres Bündnisses, das zur Wahl steht – ich betreibe nun auf andere Art und Weise Politik –, aber ich glaube es ist eine Frage der Verantwortung. Auf der anderen Seite denke ich, müssen wir ehrlich sein, dass die politische Krise, die wir heute erleben, nicht mit der Wahl enden wird. Die Krise hat dafür gesorgt, dass die Menschen ihr Vertrauen in die Politik als ein Mittel zur Kanalisierung ihrer Interessen verloren haben. Wir haben einen enormen Argwohn dagegen entwickelt, uns als Gesellschaft zu verstehen, die kollektiv zusammenarbeitet und nicht als Gesellschaft, in der man gegeneinander konkurriert, und in der es egal ist, wenn man jemand anderen übergeht, nur um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen. Wir sollten also nicht nur an die Wahlen denken, wenn wir die Krisensituation in Peru überwinden wollen.
Warum ist die peruanische Linke nach so einer schrecklichen Gesundheits- und Wirtschaftskrise immer noch so schwach? Sollte jetzt nicht eigentlich der Moment sein, an dem die Menschen gegen das aktuelle System aufbegehren?
Natürlich! Doch es handelt sich nicht nur um eine wirtschaftliche, soziale oder gesundheitliche Krise, sondern auch um eine moralische. Ich sage das nicht in einem moralistischen Sinne. Ich meine das im Sinne des Gemüts, der Stimmung der Gesellschaft. Die Gesellschaft ist von jeder politischen Option komplett entfremdet – das ist nicht nur ein Problem der Linken. Dennoch sollte die Linke auch aus ihren eigenen Fehlern lernen, die es durchaus gibt und immer gegeben hat, und durch die sie einige Gelegenheiten verpasste, das Vertrauen der Bürger zu erlangen.
Das spiegelt sich ja auch in den schlechten Prognosen wider…
Ja. Heute haben alle Wahloptionen nicht mehr als einstellige Zustimmungswerte. Das ist selbst für Peru wenig, wo im Vorfeld der letzten Wahlen die Top-Kandidaten wenigstens 20 Prozent Wahlintention erreichten. Das war auch wenig, aber immerhin war das die Normalität. Heute haben wir das nicht mehr, und es ist etwas sehr Schlimmes, wenn die Leute den Politikern nicht mehr vertrauen, denken alle seien gleich, und es sie nicht interessiert, wer gewählt wird, denn letztlich würden ihre Erwartungen immer enttäuscht. Diese Wahrnehmung ist sehr stark und man muss hart arbeiten, um dieses Gefühl zu verändern.
Wie bewertest du als ehemalige Kongressabgeordnete die Qualität der derzeitigen Demokratie in Peru?
Als sehr defizitär! Die Leute haben jedes Recht, den Politikern nicht zu vertrauen. Und das ist eine Art Teufelskreis, denn auf der einen Seite ist die Repräsentation sehr schlecht, vor allem die Repräsentanten in den obersten Ämtern bieten eine sehr fragwürdige Performance. Auf der anderen Seite übersetzt sich das wiederum in die Enttäuschung der Leute, die dann Kandidaten mit schlechten Programmen und fragwürdigen Werdegängen wählen. Also kommt wieder das Gleiche dabei heraus.
Hast du das auch in der politischen Praxis erlebt?
Natürlich gab es viele Dinge, die ich im parlamentarischen Kontext gelernt habe. Vieles, was ich gewusst oder erwartet hatte, stellte sich in der Praxis anders heraus. Aber ich denke, dass das, was ich erahnt hatte, nicht sehr weit davon entfernt war. Vielleicht hat es mich beunruhigt, dass der Verfall stärker war, als ich angenommen hatte – zum Beispiel die Schwäche des peruanischen Staates. Es hat nicht nur mit der Qualität der Vorschläge der Politiker zu tun, sondern auch damit, dass wir einen sehr geschwächten Staat haben. Jeder oder jede, die da gewählt wird, wird große Schwierigkeiten haben, sein oder ihr Wahlprogramm umzusetzen, denn der Staat ist nicht einmal in der Lage, auch nur seine grundlegendsten Aufgaben zu erfüllen. Andere Staaten in Lateinamerika haben auch ihre Probleme, und da haben wir viele Gemeinsamkeiten: Korruption, diskreditierte Politiker usw. Aber die Schwäche des Staates im peruanischen Fall ist besonders schlimm.
Sind diese Probleme auch in den politischen Debatten der Linken aufgegriffen worden?
Ich glaube, dass wir zweifellos versucht haben, eine Debattentradition über strukturelle Probleme im Land zu führen. Es gibt strukturelle Dynamiken in der peruanischen Wirklichkeit, die die Ungleichheiten erklären. In unserer Gesellschaft wurde bis vor etwas mehr als 50 Jahren die indigene Bevölkerungsmehrheit nicht als Teil des Staatsvolks anerkannt. Welche historischen Integrationsprozesse können in so kurzer Zeit erfolgen? Diese strukturellen Fragen sind sehr wichtig. Aber die peruanische Linke war in den 1990er-Jahren und den 2000er-Jahren stark geschwächt – noch in den 1980er-Jahren war sie die stärkste oder zweitstärkste Kraft, was den Rückhalt in der Bevölkerung anging – und seit dieser Zeit gab es, glaube ich, keine tiefgreifenden Debatten. Sie blieben leer und diese Leere hat sich bis heute nicht gefüllt. Natürlich war ich nicht Teil dieser Generation, ich mache erst seit 2005 Politik und möchte meine Vorgänger nicht verurteilen. Allerdings haben wir in den letzten zehn Jahren versucht, in der Linken wieder diesen strukturellen Fragen nach Ungleichheiten nachzugehen. Und das in einem Kontext der Demokratisierung, denn wir hatten die Fujimori-Diktatur überstanden, die uns offensichtlich stark geprägt hat – nicht nur institutionell, sondern auch kulturell.
Inwiefern war das der Fall?
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Der Fujimorismus war vor allem ein Regime, das gewisse Denkarten förderte. Nach der Rückkehr zur Demokratie war es vor allem eine notwendige Debatte für die Linken, sich zu überlegen, wie wir uns diesen Wandel zur Demokratie genau vorstellen. Ich denke, das ist eine Debatte, die wir noch nicht beendet haben. Vielmehr versucht die Linke, sich immer noch zu erholen, deshalb gibt es auch noch keine soliden Parteien.
Auch der Wirtschaftsaufschwung hat uns in den letzten Jahren sehr geprägt. Man hat das Wirtschaftswachstum Perus und sein Modell als nicht hinterfragbar dargestellt: Der wirtschaftliche Fortschritt in Peru hat eine Formel und diese Formel darf man nicht verändern. Jetzt in dieser Pandemie sehen wir allerdings, dass das eine sehr schwache und einfache Formel war: "Ich bin Produzent von Primärgütern. Ich verkaufe und exportiere sie und hoffe, dass etwas für die da unten herunter rieselt. Aber ich mache nicht die geringste Anstrengung, weder den Reichtum umzuverteilen noch an andere Möglichkeiten der Wohlstandsgenerierung zu denken." Ich glaube das sind alles Debatten, die die Linke angeschnitten hat, aber die noch nicht in die Gesellschaft eingedrungen sind.
Wie hast du dich politisiert? Hatten deine Familie, insbesondere dein Vater, der Gewerkschaftsführer Pedro Huilca, einen Einfluss auf dich?
Sie haben mich in dem Sinne beeinflusst, dass es für mich immer normal war, über Politik zu reden. Ich hatte das Privileg, in einem Umfeld aufzuwachsen, wo die Politik als ein Instrument zur Verteidigung der eigenen Rechte galt. Denn in den 1990er-Jahren hatte sich der Rest des Landes von der Politik verabschiedet. Wie ich bereits erwähnte, hat der Fujimorismus die Idee etabliert, dass das Politische etwas Negatives war, das man ablehnen sollte. Aber meine Familie hat nie Druck auf mich ausgeübt, in die Politik zu gehen. Das war eine freie Entscheidung als ich in der Universität war.
Ende 2019 hast du das Kollektiv "En Movimiento" mitbegründet. Wie ist die Idee dazu entstanden und was sind die Ziele eurer Organisation?
"En Movimiento" ist keine Partei und auch keine politische Bewegung im klassischen Sinn. Wir wollen keine Ämter belegen, es geht vielmehr darum, einen Raum der politischen Bildung für politische Aktivisten und solche, die es werden wollen, zu kreieren. Natürlich bin ich eine relativ bekannte Figur, die in der Öffentlichkeit auftritt, aber "En Movimiento" sollte kein Raum sein, in dem ich im Vordergrund stehe – im Gegenteil! Ich denke, dass es ein Raum ist, an dem wir alle beteiligt sind, ein Ort, der permanent neue Leute einbezieht, und umso besser, wenn das Personen sind, die vorher noch nie Politik gemacht haben. Ich denke das ist es, was wir aktuell brauchen.
Wir befinden uns auch noch in einem Debattenprozess darüber, wie wir uns genau aufstellen wollen. Mitten in diesem Prozess kam die Pandemie, die es uns erschwert hat, uns zu organisieren, denn wir sind es gewohnt, Politik von Angesicht zu Angesicht zu machen. Obwohl wir nicht direkt an ihm beteiligt sind und obwohl wir nicht kandidieren, ist der aktuelle Wahlkampf dabei eine Möglichkeit für uns, politische Ziele zu definieren. "En Movimiento" ist auf jeden Fall ein Raum mit viel Potenzial und ich hoffe, dass wir uns zukünftig auch mit anderen Initiativen verbinden können, mit Leuten, die Politik auch auf eine andere Art und Weise machen möchte.
Fünf Jahre ist es her, seit bei den "Ni Una Menos"(Nicht eine weniger)-Demonstrationen Hunderttausende Frauen in ganz Peru auf die Straße gingen, um gegen Femizide und Gewalt gegen Frauen zu protestieren. Hat sich die Situation der Frauen seitdem verbessert?
Wir sollten die Fortschritte seit 2016 anhand unterschiedlicher Kriterien bewerten. Es gab einen sehr positiven Einfluss auf die Gesellschaft in dem Sinne, dass die Situation der Frauen jetzt eines der Hauptthemen in der öffentlichen Wahrnehmung ist. Vorher war die Gewalt gegen Frauen etwas, von dem man in den Polizeiberichten in der Zeitung las. Es war ein total unwichtiges, zweitrangiges Thema. Heute ist es ein Thema, das ein gewisses Medieninteresse auf sich zieht und das in die öffentliche Debatte Eingang gefunden hat. Es ist ein Thema, das uns wehtut, das uns empört und in diesem Sinne denke ich, gibt es einen Fortschritt: Heute ist es als eines der wichtigsten Probleme des Landes anerkannt – und das ist das Ergebnis der Mobilisierungen von "Ni Una Menos". Der Staat erkennt an, dass alle staatlichen Behörden eine Verantwortung gegenüber dem Thema Frauenrechte haben und nicht nur das Frauenministerium.
Wo es keine Fortschritte gab, ist die praktische Antwort des Staates. Es reicht noch nicht, dass ein gewisses Bewusstsein dafür herrscht. Der Staat muss in der Lage sein, mit klaren Zielen eine Antwort auf diese Problemstellungen zu geben, und da fehlt es meiner Meinung nach an konkreten Ergebnissen. Es dauert alles sehr lange und das sorgt für Unmut unter den Frauen und insbesondere denjenigen, die für Veränderung auf die Straße gegangen sind. Ich teile diese Sorge – nicht nur als Beobachterin, sondern als jemand, der Amtsträgerin war und Politik gemacht hat. In den höchsten Ämtern des Landes gab es noch nicht genügend Willen zu sagen: "Wir brauchen integrale politische Lösungen", nicht nur härtere Sanktionen gegen Straftäter, denn es wird vor allem über Gewalt gesprochen und nicht darüber, wie wir Geschlechterverhältnisse ändern können. Es bleibt alles sehr konservativ. Aber härtere Strafen alleine zeigen kaum Resultate.
Auch vergangenen November gab es Großdemonstrationen, nachdem das Parlament Präsident Martín Vizcarra des Amtes enthoben hatte. Es waren die größten Demonstrationen in der Geschichte des Landes. Viele forderten eine neue Verfassung nach dem Vorbild des Nachbarlandes Chile. Denkst du, dass die junge Generation, die unter den Demonstrierenden am stärksten vertreten war, die "generación bicentenario" (Generation 200 Jahre), den nötigen politischen Wandel einläuten könnte?
Ja, ich denke, dass es da bestimmte Merkmale der jungen Generation der heute unter 25-Jährigen gibt. Das ist natürlich ein bisschen spekulativ, vielleicht hadere ich da auch noch, der neuen Generation ein Etikett zu verpassen, aber ein gemeinsames Merkmal ist es, dass es sich um Bürger handelt, die ein stärkeres Bewusstsein für die Ungerechtigkeiten im Land haben. Ich glaube nicht, dass alle gleich sind. Es ist nicht dasselbe, über die 25-Jährigen in Arequipa oder Cusco zu reden, wie über die 25-Jährigen in Lima. Da muss man aufpassen. Aber ich glaube, dass sie diese offene Einstellung teilen, sich drastischer auszudrücken. Das ist etwas zum Beispiel, das die Leute in meiner Generation – ich bin 32 Jahre alt – nicht unbedingt hatten. Es gab bei uns viel mehr Individualismus, mehr Entkopplung von den anderen, ein bisschen weniger Solidarität, wenn du es so betrachten möchtest.
Aber natürlich sind die Forderungen der neuen Generation höchst unterschiedlich. Die jungen Menschen in der Stadt sorgen sich darum, dass ihre gewählten Vertreter sie nicht enttäuschen. Wenn der Kongress also etwas macht, was ihnen nicht gefällt, gehen sie auf die Straße, denn sie haben die Nase voll von den derzeitigen Politikern. Aber die jungen Menschen aus ländlichen Regionen haben vielleicht nicht nur die Nase voll von den Politikern, sondern auch von den strukturellen Problemen. Und deshalb stellten die Proteste in anderen Teilen des Landes viel konkreter die Forderung nach grundsätzlichen Änderungen. Es ging also nicht nur wie hier in Lima und anderen Städten um die Frage nach der Amtsenthebung von Präsident Vizcarra durch das korrupte Parlament, sondern in vielen Regionen war die Parole: "Alle müssen weg, wir wollen eine neue Verfassung, denn das System ist falsch." Das sind keine widersprüchlichen Forderungen – viele forderten beides –, aber es handelt sich nicht um eine einheitliche Generation mit nur einem Ziel und einer Vision für das Land. Es sind verschiedenste Gruppen von empörten, wütenden, enttäuschten jungen Menschen, die einen Wandel für Peru anstreben. Einige wollen nur einen personellen Wandel und andere einen strukturellen Wandel.
Welche Schritte sind also nötig, die politische Krise im Land zu beenden?
Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht genau. Vielleicht wäre meine Situation eine andere, wenn ich direkt in den Wahlkampf einer Partei involviert wäre. Dann würde ich dir natürlich sagen, man muss den Wandel aus den Institutionen heraus initiieren. Ich weiß das ist wichtig, aber heute denke ich, dass man hart dafür kämpfen muss, Räume in der Gesellschaft zu schaffen, wo Dialoge, Bildung, Debatten stattfinden, um den autoritären Werten etwas entgegenzusetzen, die sich derzeit stark ausbreiten. Dafür gibt es keine einfache Formel, aber man muss es mit den Mitteln versuchen, die man hat. Ich komme aus der politischen Bildung mit Verbindung zu den linken Traditionen in Peru, mit Verbindung zu sozialen Bewegungen und feministischem Aktivismus, und ich weiß wie man dort Politik macht. Wenn ich es so versuchen kann, dann mach ich das. Auf dem Weg dahin lerne ich dazu, aber ich glaube, man muss das Feld wieder eröffnen und darüber reden, wie wir die Probleme lösen können. Denn die Probleme erscheinen mir größer als die Frage danach, wie wir aus der politischen Krise kommen.
Viele Peruaner nehmen an, dass wir über autoritäre Wege aus dieser Krise kommen, dass, wenn man sich, seine Familie und seine Angehörigen schützen möchte, die Rechte der Mitmenschen nicht zählen. Das ist sehr gefährlich und eine sehr problematische Sichtweise. Wenn das unser Weg sein wird, werden wir noch viel größere Probleme bekommen. Ich glaube, wir sollten genau über diese Dinge sprechen und sagen: "Das ist nicht der Ausweg, denn der Grund für deine Probleme sind nicht deine Mitmenschen, die in der selben prekären Situation leben wie du, das Problem sind Andere. Es gibt größere Ungerechtigkeiten, über die wir nicht reden, und diese sollten wir hinterfragen." Ich sage dir, das lässt sich nicht von oben lösen, sondern man muss die Aufmerksamkeit auf das Unten richten, und zwar auf systematische Art und Weise. Das erfordert viel Anstrengung, aber ich denke, das ist das, was zu tun ist.