Argentinien / Politik

Korruptionsurteil gegen Ex-Präsidentin Cristina Kirchner in Argentinien bestätigt

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Kirchner bekommt Unterstützung ihrer Anhänger:innen
Kirchner bekommt Unterstützung ihrer Anhänger:innen

Buenos Aires. Wie von regierungsnahen Medien bereits vorausgesagt, hat das Kassationsgericht der argentinischen Bundesjustiz am Mittwoch das Urteil aus der Erstinstanz gegen Ex-Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner bestätigt. Sie wurde erst zwei Tage vorher zur Vorsitzenden der peronistischen Partei gewählt.

Es geht bei dem Prozess um vermeintliche Korruption bei öffentlichen Aufträgen in der Provinz Santa Cruz (amerika21 berichtete). In einem skandalösen, offenkundig politisch motivierten Prozess, bei dem, laut Kritikern sämtliche rechtsstaatlichen Prinzipien ignoriert wurden, war die Ex-Präsidentin zu sechs Jahren Haft und zum Verlust der Amtsfähigkeit verurteilt worden.

Auch mit der zweiten Instanz ist das Urteil jedoch nicht rechtskräftig. Es verbleibt noch der Einspruch vor dem Obersten Gerichtshof.

Vor der Urteilsverkündung gab es eine "öffentliche Jura-Vorlesung" vor dem Gerichtsgebäude. Die Abgeordneten Juan Grabois (Dozent in der juristischen Fakultät der Universität Buenos Aires), Juan Martin Mena (Strafrechtler und Exjustizminister der Provinz Buenos Aires), Manuela Dávila (Verfassungsrechtlerin) und Anabella Luccardi (Dekanin der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität von Avellaneda) zeigten vor einem gemischten Publikum die schweren Missstände in diesem Fall auf.

Grabois stellte dabei detailliert die "obszönen Beziehungen" zwischen den Richtern und Staatsanwälten, dem Medienkonzern Clarín und dem früheren Präsidenten Mauricio Macri dar. Die drei Jurist:innen gingen eher auf die formalen Aspekte ein.

Der Prozess wies von Anfang an zahlreiche Unregelmäßigkeiten auf: sowohl in der ersten wie in der zweiten Instanz wurden Richter versetzt, bereits abgeschlossene Prozesse wieder aufgerollt, obwohl keine neuen Beweise vorlagen. Auch wurden Gutachten, die ausdrücklich die Inexistenz von Unregelmäßigkeiten bescheinigten, als Beweis für die Anklage angeführt. Die Anträge der Verteidigung wurden regelmäßig abgeschmettert, inklusive jener, die für ausführliche Untersuchungen plädierten.

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Die drei erstellten Gutachten über die 51 beanstandete Bauaufträge, die erst sehr spät in den Prozess eingeführt wurden, widersprachen sich gegenseitig und belegten letztendlich nicht die Vorwürfe. Zahlungen von Bestechungsgeldern wurden zu keinem Zeitpunkt und an keinem der Angeklagten belegt.

Während des ganzen Prozesses wurde die Ex-Präsidentin kein einziges Mal von einem Zeugen erwähnt und es wurde kein Dokument vorgelegt, dass sie unterschrieben und das mit dem Fall zu tun hätte.

Bereits von der Organisation des Staates her war eine Beteiligung der Präsidentin ausgeschlossen. 18 Instanzen liegen zwischen dem Staatschef und der Ausführung: Die Gelder wurden vom Parlament beschlossen, der Kabinettschef überwachte die Zuteilungen an die Provinzen, und die Provinzbehörden machten die Ausschreibungen und überwachten die Umsetzung der Arbeiten. Eine überdurchschnittliche Beteiligung der Provinz Santa Cruz am Budget, wie behauptet, wurde widerlegt.

Das Urteil war demnach ein äußerst verschlungenes Konstrukt. Die Richter übernahmen selbst die Rolle der Gutachter und folgerten aus lediglich drei der Vorhaben ungerechtfertigte Mehrkosten. Die Verantwortung der Präsidentin sahen sie darin, dass diese den ganzen Staatsapparat so gelenkt hätte, dass die entsprechenden Partien der Provinz zugewiesen wurden und sie letztlich die vermuteten Unregelmäßigkeiten nicht hätte übersehen können.

Dass dieses mehr als umstrittene Urteil nun bestätigt wurde, ist jedoch keine Überraschung. Zwei der Berufungsrichter hatten Macri während des Prozesses mehrfach besucht und der dritte Richter wurde von Macri an diese Stelle im Kassationsgericht versetzt, entgegen der gesetzlichen Regelungen. Mehrere der beteiligten Richter und Staatsanwälte waren 2022 im Skandal um die Reise zum Ressort "Lago Escondido" beteiligt, zusammen mit Vertretern des Medienkonzerns Clarín und des Geheimdienstes (amerika21 berichtete).

Die Verteidigung hat bereits angekündigt, Revision vor dem Obersten Gerichtshof einzulegen. Zwei der Richter wurden jedoch auch irregulär von Macri eingesetzt, einer davon war früher Anwalt von Clarín.