Quito. In Ecuador ist erneut der Ausnahmezustand verhängt worden. Präsident Daniel Noboa gab am vergangenen Donnerstag bekannt, dass von der Maßnahme insgesamt sechs Provinzen sowie zwei Kantone betroffen sein sollen. Die Maßnahme gilt zunächst für 60 Tage mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere 30 Tage. Sie muss allerdings vom Verfassungsgericht noch genehmigt werden. Zudem wird es in 20 Kantonen der betroffenen Provinzen zu Ausgangssperren in der Zeit zwischen 22:00 und 05:00 Uhr kommen.
In den betroffenen Gebieten sind Grundrechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit, das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung sowie das Briefgeheimnis ausgesetzt. Hiervon betroffen sind jegliche Aktionen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gewertet werden. Darüber hinaus wurde die Armee mobilisiert, diese sollen in Zusammenarbeit mit der nationalen Polizei die Maßnahmen durchsetzen. Es ist bereits das sechste Mal, dass Präsident Noboa in seiner zehnmonatigen Amtszeit den Ausnahmezustand ausruft, zuletzt am 30. September (amerika 21 berichtete). Zweimal kassierte das Verfassungsgericht die Maßnahme und hob sie auf.
Die Regierung begründet die Freiheitseinschränkungen mit der anhaltenden hohen Gewalt- und Kriminalitätsrate im Land und stützt sich dabei auf einen Bericht des Zentralkommandos der Streitkräfte. Regierungsminister Arturo Félix Wong erklärte darüber hinaus, dass der Oktober "historisch gesehen der gewalttätigste Monat ist". Im Erlass heißt es zur Begründung darüber hinaus, dass in den betroffenen Gebieten "die Feindseligkeiten, Verbrechen und die Intensität der andauernden Präsenz organisierter bewaffneter Gruppen" zugenommen hätten.
Anders als bei den zuletzt verhängten Maßnahmen ist auch die Hauptstadt Quito betroffen. In der Metropolregion galt letztmalig von Januar bis April dieses Jahres der Ausnahmezustand, als dieser landesweit verhängt worden war. Das Verfassungsgericht entschied später, dass die Maßnahme in Teilen verfassungswidrig war.
In der Begründung des Dekrets findet sich lediglich ein Hinweis auf den Mord an einer Regierungsmitarbeiterin Ende September in Quito. Darüber hinaus finden sich keine weiteren Informationen über die Situation in der Hauptstadt. Vielmehr erkenne man eine allgemeine Zunahme von Straftaten und anhaltende Präsenz organisierter bewaffneter Gruppen in allen Gebieten, in denen der Ausnahmezustand verhängt wurde.
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Interessant ist in diesem Zusammenhang ein von Innenministerin Mónica Palencia am 30. September präsentierter Bericht. Demnach betrug die Anzahl von vorsätzlichen Tötungsdelikten in der Hauptstadt zwischen dem 1. Januar und dem 29. September 179 Fälle, ein Rückgang um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eine Ausgangssperre soll es in Quito nicht geben.
Wong rechtfertige die Inklusion der Hauptstadt auch damit, dass dort "versucht wird, die Straßen in Vorbereitung auf die Wahlen 2025 aufzuheizen". Eine Aussage, die Besorgnis bei außerparlamentarischen Bewegungen hervorruft, die Demonstrationen, Sitzblockaden oder Kundgebungen organisieren.
Washington Andrade, Anwalt einer Bewegung, die sich für die Verstaatlichung eines Ölunternehmens einsetzt, erklärte, dass die Forderungen seiner Gruppierung beispielsweise kein "Aufhetzen der Straßen" seien. Vielmehr handle es sich um die Ausübung des Rechts der Bürger auf friedlichen Protest und Widerstand.
Im Mai 2025 finden in Ecuador Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. So ist es durchaus möglich, dass der Wahlkampf und die Wahlen selbst im Ausnahmezustand stattfinden werden.