Havanna. Interviews mit Außenminister Bruno Rodríguez sind selten. Im Rahmen der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York sprach er mit dem US-amerikanischen Magazin Newsweek über die aktuellen Herausforderungen, mit denen sich das karibische Land konfrontiert sieht.
Rodríguez betonte in dem Interview, dass Kuba inmitten der durch internationale Konflikte, Klimawandel und wirtschaftliche Unsicherheit geprägten globalen Krise versucht, seine Wirtschaft umzustrukturieren. Damit möchte das Land den Auswirkungen der anhaltenden US-Wirtschaftsblockade entgegenwirken.
Die Blockade sei während Trumps Präsidentschaft unter dem Vorwand der angeblichen Schall-Angriffe auf Mitarbeiter der US-Botschaft durch über 240 Einzelmaßnahmen verschärft worden. "Zu unserer Überraschung wurden diese Maßnahmen dann von der folgenden demokratischen Administration weiter fortgesetzt", sagte Rodríguez.
Rodríguez sieht in der zu Ende gehenden Präsidentschaft Joe Bidens eine verpasste Chance zur Verbesserung der Beziehungen, um mehr US-Investitionen in Kuba zu ermöglichen. Die USA verbauten sich damit selbst eine geostrategische Möglichkeit. Kuba wünsche sich "respektvolle und für beide Seiten vorteilhafte" Beziehungen mit den Vereinigten Staaten. Jüngste Lockerungen, wie die Legalisierung von sogenannten U-Turn-Dollartransaktionen über US-Banken, würden in der Praxis nicht greifen und hätten daher keinen Effekt, kritisierte Rodríguez.
In Bezug auf den US-Tourismus erklärte Rodríguez, dass zwar Gruppenreisen unter strengen Auflagen wieder möglich seien. Dennoch hätten viele kleine Geschäfte und Pensionen, die während der Obama-Ära prosperierten, Insolvenz anmelden mussten. "Welche Logik steckt dahinter, dass die US-Regierung Maßnahmen ergreift, die den aufstrebenden Privatsektor in Kuba schädigen?", fragte Rodríguez.
In Bezug auf die kubanische Wirtschaftspolitik kündigte Rodríguez umfangreiche Veränderungen an. Angesichts der seit fünf Jahren andauernden schweren Krise versuche die Regierung, den Schaden der Sanktionen zu mildern. Sie suche alternative Partnerschaften, beispielsweise mit China und Russland, und werde Reformen wie die Zulassung von kleinen und mittleren Unternehmen weiter vorangetrieben.
"Wir müssen ein viel effizienteres Wirtschaftsmodell finden und es an unsere heutige Realität anpassen." Daran werde augenblicklich "hart gearbeitet", sagte Rodríguez. Dieses Modell dürfe sich nicht nur in Form von makroökonomischen Daten zeigen, sondern müsse vor allem im Alltag der Menschen Realität werden. Es müsse sowohl materieller als auch immaterieller und kultureller Wohlstand geschaffen werden, der es jungen Menschen ermögliche, ihre Träume und Lebenspläne zu verwirklichen, so Rodríguez.
Die Regierung sei bereit, sämtliche dafür notwendigen Änderungen einzuführen, jedoch "auf Basis der vollständigen Ausübung unserer Souveränität und Unabhängigkeit", erklärte Kubas Außenminister.