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Höchstes Gericht in Brasilien ermittelt jetzt Auftraggeber im Mordfall Marielle Franco

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"Wer ließ Marielle Franco ermorden?"
"Wer ließ Marielle Franco ermorden?"

Brasília. Das brasilianische Oberste Bundesgericht (Supremo Tribunal Federal, STF) hat die Untersuchung des Mordes an der Stadträtin Marielle Franco und ihrem Fahrer Anderson Gomes übernommen.

Laut einem Bericht von TV Globo vom Freitag wurde der Fall an das STF weitergeleitet, da die mutmaßliche Beteiligung von Amtsträgern direkt vom Obersten Bundesgericht untersucht wird, das sie dann auch gerichtlich belangt. In diesem Fall handelt es sich unter anderem um den Präsidenten, den Vizepräsidenten, Minister, Senatoren, föderale Abgeordnete und Mitglieder höherer Gerichte. Die Untersuchung wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt, Angaben über die Personen, gegen die ermittelt wird, gibt es nicht.

Berichterstatter vor dem Obersten Gerichtshof ist Richter Alexandre de Moraes, der unter den fünf Richtern der ersten Kammer des höchsten Gerichts ausgelost wurde.

Nach Angaben von Quellen aus der Bundespolizei konzentrieren sich die Ermittlungen weiterhin auf die Suche nach den Drahtziehern des Mordes.

Am Vortag hatte der brasilianische Minister für Justiz und öffentliche Sicherheit, Ricardo Lewandowski, erklärt, er hoffe, dass der Fall bald aufgeklärt werde: "Wir werden ihn aufklären. Die Ermittlungen sind geheim und der Minister mischt sich nicht in die laufenden Ermittlungen ein, aber die Nachricht, die wir haben, ist, dass wir die Verbrecher finden werden. Ich hoffe, dies bald verkünden zu können", sagte Lewandowski der Zeitung O Globo.

Marielle Franco von der Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL) wurde in der Nacht vom 14. März 2018 im Zentrum von Rio de Janeiro ermordet. 13 Schüsse aus einer Maschinenpistole MP5 des deutschen Herstellers Heckler & Koch, die von Polizei- und Eliteeinheiten verwendet wird, haben das Auto und drei Insassen getroffen. Die 38-jährige Politikerin wurde mit vier Kopfschüssen getötet, ihr Fahrer Anderson Gomes wurde ebenfalls tödlich getroffen. Francos Pressesprecherin, die Journalistin Fernanda Chaves, überlebte das Attentat verletzt.

Der Fall hat international für Empörung gesorgt. Die Soziologin, Feministin und queere Politikerin, die sich auch für mehr Partizipation Schwarzer Frauen in der brasilianischen Gesellschaft und Politik eingesetzt hat, wurde zu einer Symbolfigur für den Schwarzen, weiblichen Widerstand in den Favelas.

Bislang wurden nur zwei mutmaßliche Täter verhaftet, die ehemaligen Polizeibeamten Ronnie Lessa und Élcio Queiroz. Lessa wird beschuldigt, die Schüsse auf das Auto abgefeuert zu haben, Queiroz soll das Tatfahrzeug gefahren haben. Beide Ex-Polizisten stehen den Milizen nahe, paramilitärischen Gruppen in Rio de Janeiro.

Durch diese Verhaftungen wurde der tödliche Anschlag jedoch bisher nicht vollständig aufgeklärt.

Die Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro hat indes beantragt, dass ein weiterer Mordverdächtiger, der Ex-Feuerwehrmann Maxwell Simões Corrêa, genannt Suel, vor ein Geschworenengericht gestellt wird. Er soll Francos Tagesablauf überwacht und bei der Beseitigung des Autos geholfen haben, das bei dem Verbrechen benutzt wurde.

Die Regierung von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva unternimmt seit ihrem Amtsantritt Anstrengungen, um das Motiv zu klären und die Drahtzieher zu identifizieren (amerika21 berichtete). Die Bundespolizei übernahm die Leitung neuer Ermittlungen, um zu klären, wer das politische Attentat in Auftrag gegeben hat. Im Februar 2023 wurde eine Task Force eingesetzt, um Fortschritte bei der Untersuchung zu erreichen.

Während der Amtszeit von Jair Bolsonaro (2019 bis 2022) waren die polizeilichen Ermittlungen erschwert worden, die zuständigen Ermittler der Polizei wurden regelmäßig ausgetauscht. In vier Jahren waren fünf verschiedene Kommissare für die Untersuchung des Mordfalls verantwortlich.