El Salvador / Politik

Nach der Wahl vom 4. Februar: Parlament in El Salvador ohne linke Opposition

el_salvador_auszaehlung_parlamentswahl.jpg

Bei der Endauszählung in El Salvador steht das Motto der diesjährigen Wahlen über den Köpfen: "Jede Stimme wird gehört"
Bei der Endauszählung in El Salvador steht das Motto der diesjährigen Wahlen über den Köpfen: "Jede Stimme wird gehört"

San Salvador. Mehr als zwei Wochen nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in El Salvador hat das Oberste Wahlgericht (TSE) am Montag die endgültigen Ergebnisse der Parlamentswahlen bekannt gegeben.

Demnach erhielt die jetzige Regierungspartei Nuevas Ideas (Neue Ideen) mit 90 Prozent der Stimmen 54 der 60 Abgeordnetenmandate. Die vier rechtsgerichteten Parteien Arena, Vamos, PCN und PDC gewannen die restlichen Sitze. Die linke Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) ist nicht mehr vertreten.

Verschiedene Beobachtermissionen werfen dem TSE vor, die Kontrolle über die endgültige Auszählung verloren zu haben und beklagen zahlreiche Unregelmäßigkeiten.

Die Ergebnisse bestätigen, dass die Wahlreformen, die 2023 zu Gunsten von Mehrheitsparteien beschlossen wurden, die Position von Nuevas Ideas erheblich verbesserten. Unter anderem wurde die Zahl der zu vergebenden Parlamentssitze von 84 auf 60 reduziert und die Wahlformel für die Zuteilung der Abgeordneten durch die D'Hondt-Formel ersetzt. Nach Analysen von Expert:innen zeigt sich, dass Nuevas Ideas mit der neuen Auszählungsformel rund 17 Prozent mehr Sitze erreichen konnte, als es mit der früheren Hare-Formel der Fall gewesen wäre.

Ein weiterer einflussreicher Faktor waren die Stimmen aus dem Ausland. Diese brachten dem größten Departamento San Salvador mehr als 200.000 Stimmen ein, von denen die große Mehrheit an Nuevas Ideas ging. Ohne diese Stimmen, so der Experte Malcolm Cartagena, hätte die FMLN mit ihrer Kandidatin Anabel Belloso eine Abgeordente im Parlament gestellt. Nun wird die FMLN, die das Land noch bis vor fünf Jahren regierte, zum ersten Mal seit 1994 nicht in der Legislative vertreten sein, obwohl sie insgesamt 195.920 Stimmen erhielt, was 6,3 Prozent der Gesamtstimmen entspricht.

Andere Parteien, die mit der Regierungspartei verbündet sind, sind mit drei Abgeordneten in der Legislative vertreten: die Nationale Versöhnungspartei (PCN), die mit 101.641 Stimmen (3,3 Prozent) zwei Sitze und die Christlich-Demokratische Partei (PDC), die mit insgesamt 93.108 Stimmen (3,0) einen Sitz gewann. Die Opposition konnte lediglich drei Sitze verteidigen. Die Arena mit 227.357 Stimmen (7,3) hat in Zukunft zwei Sitze, während Vamos, mit 91.675 Stimmen (2,9) durch die Abgeordnete Claudia Ortiz vertreten sein wird.

Die neue Aufteilung im Abgeordnetenhaus ermöglicht es der Regierungspartei in der nächsten Wahlperiode 2024-2027, Gesetze und Reformen zu verabschieden, ohne andere Fraktionen konsultieren zu müssen

Die Verkündung der endgültigen Wahlergebnisse fand im Kontext einer anhaltenden Kritik am Wahl- und Auszählungsverfahren statt. So prangern die Oppositionsparteien unter anderem an, dass sie nicht alle ihre Wahlbeobachter:innen für die Auszählung akkreditieren konnten. Nuevas Ideas konnte demgegenüber ihre aufstockte. Diese sollen dann die Auszählung manipuliert und darüber entschieden haben, welche Stimmen ungültig waren und welche nicht.

Dies deckt sich mit einem Kommuniqué der Wahlbeobachtungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten: es habe einen "Mangel an Kontrolle durch das TSE gegeben" und dass  "die Entscheidungen bei vielen Gelegenheiten den Vertretern der politischen Parteien überlassen wurden". Außerdem seien "die offiziellen Anweisungen für die Auszählung nicht bekannt gewesen". Auch wurde beobachtet, "dass Mitglieder von Nuevas Ideas gegenüber Beobachtern und Mitgliedern anderer Parteien eine herrschsüchtige und einschüchternde Haltung eingenommen hatten".

Die drei Oppositionsparteien Vamos, Arena und Nuestro Tiempo haben am Montagmorgen aufgrund der dokumentierten Unregelmäßigkeiten offiziell die Nichtigkeit der Parlamentswahlen beantragt. Auf einer Pressekonferenz gab die FMLN bekannt, dass sie ebenfalls einen solchen Antrag stellen werde.