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Mexiko: Freilassung von Militärs im Fall der verschwundenen Studenten

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"Ayotzinapa. Es was das Militär. Lebend habt ihr sie genommen, lebend wollen wir sie zurück!" Protestaktion in Mexiko-Stadt gegen das Verschwindelassen der 43 Lehramtsstudenten
"Ayotzinapa. Es was das Militär. Lebend habt ihr sie genommen, lebend wollen wir sie zurück!" Protestaktion in Mexiko-Stadt gegen das Verschwindelassen der 43 Lehramtsstudenten

Mexiko-Stadt. Im Fall Ayotzinapa hat ein Gericht in Mexiko-Stadt am 20. Januar zugunsten von acht Militärs entschieden und sie freigelassen.

Den Militärs wird das Verschwindenlassen der 43 Lehramtsstudenten im September 2014 zur Last gelegt, außerdem sollen sie eng mit der Drogenbande "Guerreros Unidos" vebunden sein. Sie saßen seit Juni 2023 in Untersuchungshaft.

Nun hat Richterin Raquel Ivette Duarte Cedillo beschlossen, dass die Untersuchungshaft unzulässig war. Ohne ein weiteres Verfahren zu eröffnen, wandelte sie die Untersuchungshaft in eine "Vorsichtsmaßnahme" um. Damit dürfen die nun freigelassen Soldaten den Prozess in Freiheit fortsetzen.

Zur Vermeidung von Fluchtgefahr müssen sie sich alle fünfzehn Tage bei Gericht melden. Zudem musste jeder Soldat 50.000 mexikanische Pesos (rund 2.700 Euro) hinterlegen. Ein Verbot, das Land ohne richterliche Genehmigung zu verlassen, wurde verhängt, ihre Reisepässe eingezogen. Es ist ihnen zudem untersagt, sich den Zeugen oder den Opfern zu nähern oder mit ihnen zu kommunizieren.

Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft (FGR) angekündigt, juristisch gegen die Richterin Duarte Cedillo und ihr Urteil vorzugehen, das als unzulässig gewertet wird. "Die acht Angehörigen der Streitkräfte werden im Fall Ayotzinapa schwerster Verbrechen beschuldigt", so die FGR.

Die Kommission für Wahrheit und Zugang zur Gerechtigkeit im Fall Ayotzinapa, (CoVaj), kritisierte ebenfalls die Entscheidung der Richterin, erklärte aber, dass "diese Mitglieder der Streitkräfte nicht von den Anschuldigungen entlastet sind. Sie werden weiterhin verfolgt, bis das entsprechende Urteil gefallen ist", heißt es in ihrem Kommuniqué.

Die Menschenrechtsorganisation Tlachinollan, die seit dem Massaker die Eltern begleitet und berät, ist der Meinung, dass "der Fall Ayotzinapa behindert wird. Es hat eine massive Einflussnahme des Präsidenten der Republik gegeben, um das Militär zu decken und die Strafverfolgung all jener zu verhindern, gegen die Haftbefehl erlassen wurden", so Abel Barrera, Leiter von Tlachinollan.

Die Organisation gründet ihre Aussage auf eine Reihe von Freilassungen von mutmaßlichen Tätern im Fall Iguala, so wie die von General Rafael Hernández Nieto vor fünf Monaten.

Hernández war zum Zeitpunkt des Massakers Kommandeur des 27. Militärbataillons. Dieses Bataillon war in der Nacht des Verschwindenlassens der jungen Männer im Einsatz. Seine Rolle bei dem Massaker wurde erst ermittelt, nachdem die interdisziplinäre Gruppe unabhängiger Experten (GIEI), durch ihre Ermittlungen Indizien gefunden hat, dass die Militärs die 43 jungen Männer während der polizeilichen Angriffe überwacht hatten. Sie waren für das Bundesüberwachungssystem C4 zuständig. Das Militär wusste sogar, wo die 43 Opfer nach der Verschleppung hingebracht wurden.

Der Dialog zwischen den Eltern der Opfer und der Regierung von Andrés Manuel López Obrador (Amlo) ist mittlerweile ins Stocken geraten. Anfang dieses Jahres wurde das gemeinsame geplante Treffen nach wenigen Minuten unterbrochen. Die Regierung hatte, ohne die Eltern zu informieren, eine andere kleine Gruppe von Eltern zusätzlich eingeladen, die die Freilassung des damaligen Bürgermeisters von Iguala, José Luis Abarca unterstützt. Die damit konfrontierten Eltern verließen daraufhin den Dialogtisch. 

José Luis Abarca ist mitverantwortlich für das Massaker an den jungen Männern und steht in enger Verbindung mit dem Drogenbande "Guerreros Unidos".

"Jeder weiß, dass er für das gewaltsame Verschwinden unserer Kinder verantwortlich ist. Wie ist es möglich, dass diese Eltern einen Täter verteidigen. Deshalb sind wir vom Tisch aufgestanden", so die Aussage der Eltern der 43.

Bei dem Treffen hätte die Regierung über die Übergabe von circa 800 Aktenseiten, die das Militär bis heute nicht freigegeben hat, sprechen müssen. Laut Ermittlungen der GIEI ist diese fehlende Information wesentlich, um zu erfahren, wer die jungen Männer abtransportiert, an wen sie übergeben und wohin sie gebracht wurden.