Internationales Tribunal in Belgien verurteilt US-Blockade gegen Kuba scharf

Richtergremium urteilt, dass die umfassenden US-Sanktionen gegen das Völkerrecht verstoßen und aufgehoben werden müssen

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Dem Tribunal wohnten fast 300 Teilnehmende aus 21 Staaten bei
Dem Tribunal wohnten fast 300 Teilnehmende aus 21 Staaten bei

Brüssel. Unter dem Motto "Unblock Cuba, unblock us" hat am 16. und 17. November in den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments in Brüssel das Internationale Tribunal zur US-Blockade gegen Kuba stattgefunden.

Dieses besondere internationale Format eines Tribunals knüpft an frühere Veranstaltungen wie etwa das erste Russell-Tribunal zur Untersuchung und Dokumentation von US- Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg an.

Das Brüsseler Tribunal wurde von Vertretern der europäischen und US-amerikanischen Zivilgesellschaft, politischen Parteien, juristischen Vereinigungen, Geschäftsleuten und Wissenschaftlern einberufen. Dies waren vor allem die Internationale Vereinigung Demokratischer Juristen (IADL), der US-Anwaltsverband National Lawyers Guild, die Partei der Europäischen Linken und die Kuba-Solidaritätsbewegung in Europa.

Zahlreiche Zeugen wurden gehört und umfangreiches Beweismaterial gesammelt. Das Richtergremium hörte die detaillierte Anklageschrift an und prüfte die Argumente zur Verteidigung der angeklagten US-Regierung.

Ihr Urteil lautet: "Die umfassenden politischen und wirtschaftlichen Sanktionen, die seit 1960 gegen die Republik Kuba verhängt wurden verstoßen gegen das Völkerrecht." Dazu werden die einzelnen Rechtsgrundsätze aufgezählt, wie die UN-Charta, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Bestimmungen der Welthandelsorganisation sowie zahlreiche Grundsätze des Vertrags über die Europäische Union.

Beim Tribunal waren fast 300 Teilnehmende aus 21 Staaten anwesend vor allem aus der EU, USA, Kanada, China und Venezuela. Zudem konnten die Plenarphasen live verfolgt werden.

Aus Kuba nahmen Vertreter des Parlaments und des Kubanischen Instituts für Völkerfreundschaft (Icap) teil, darunter Parlamentspräsident Esteban Lazo Hernández und der Icap-Vorsitzende Fernando Gonzalez Llort.

Das Richtergremium bestand aus fünf juristischen Fachleuten unter dem Vorsitz von Norman Paech (Völkerrecht und Menschenrechte. BRD), Simone Dioguardi (Internationales Handelsrecht, Italien), Ricardo Avelas (Verwaltungsrecht, Portugal), Dimitrios Kaltsonis (Staats- und Rechtstheorie, Griechenland) und Suzanne Adely (Menschenrechtsanwältin, National Lawyers Guild, USA). Zudem wirkte die deutsche Publizistin Daniela Dahn mit.

Chefankläger war der belgische Rechtsanwalt Jan Fermon, Präsident der IADL. Zu seinem Team gehörten auch die Anwälte Nana Yaa Sernaah-Akoto Gyamfi (USA) und Antonio Segura Hernández (Spanien).

Unter den internationalen Experten und Zeugen zu den praktischen Auswirkungen der Blockade in verschiedenen Bereichen waren der Däne Mogens Lykketoft, der 2015 den Vorsitz der UN-Generalversammlung innehatte, und der spanische Europaabgeordnete Miguel Ángel Martínez, von 2007 bis 2014 Präsident des Europäischen Parlaments.

Die vorläufige Urteilsbegründung weist darauf hin, dass die USA seit 1960 ein immer umfassenderes Netz von Sanktionen gegen alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in Kuba aufgebaut hätten, die die Lebensbedingungen der Bevölkerung massiv beeinträchtigten. Aufbauend auf dem "Trading with the Enemy Act" von 1917 hätten die US-Regierungen nach der Revolution in Kuba im Jahr 1959 eine Reihe weiterer Gesetze und Verordnungen erlassen, bis in die heutige Zeit. Hierzu gehört die Aufnahme Kubas in die US-Liste der "State Sponsors of Terrorism".

Der spanische Anwalt Enrique Santiago, der an den Verhandlungen zwischen der ehemaligen Farc-Guerilla und der kolumbianischen Regierung in Havanna beteiligt war, legte dies dar, denn es war die Begründung, mit der Präsident Donald Trump Kuba auf die US-Terrorliste setzte, die immense negative Effekte hat.

Die Urteilsbegründung stellt fest: "Blockaden sind eine der heimtückischsten, illegalsten und illegitimsten Formen der Kriegsführung, auch wenn sie sich auf internationale Verträge und Gesetze berufen, um ihr Vorgehen zu tarnen." Dabei wird Art. II der Genfer Konvention von 1948 zitiert, in dem "die vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen, die auf die vollständige oder teilweise physische Vernichtung einer Gruppe abzielen", als ein Akt des Völkermordes definiert ist.

Hierzu heißt es: "Die dramatischen und enormen Auswirkungen der Gesetze und Verordnungen, die seit mehr als 60 Jahren aufrechterhalten werden, zeigen auch, dass keine Blockade so umfassend, lang anhaltend und brutal gegen ein Volk war wie diejenige, die die USA gegen Kuba aufrechterhalten. Die Blockade hat direkt und indirekt zum Verlust zahlreicher Menschenleben geführt, und die Entscheidung der USA, diese Blockade aufrechtzuerhalten, solange das kubanische Volk nicht beschließt, sich zu beugen, zeigt, dass die USA entschlossen sind, Maßnahmen aufrechtzuerhalten, die darauf abzielen, langfristig die physische Zerstörung zumindest eines Teils des kubanischen Volkes zu bewirken. Eine solche Haltung könnte den Tatbestand des Völkermordes erfüllen."

Die Schlussfolgerung der Richter lautet: "Da die zahlreichen Sanktionen und die US-Gesetze, auf denen sie beruhen, rechtswidrig sind, müssen sie aufgehoben werden. Die USA müssen für den Schaden aufkommen, der dem kubanischen Staat, seinen Unternehmen und Bürgern entstanden ist."