Uruguay / Politik

Regierungskrise in Uruguay wegen Fluchtpass für einen Drogenboss

Opposition wirft Präsident Lacalle Pou Verwicklung in Korruptionsaffäre vor. Zwei Minister und hochrangige Regierungsmitglieder treten zurück

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Frente Amplio in Uruguay: Drogenhandel darf nicht in die Politik eindringen
Frente Amplio in Uruguay: Drogenhandel darf nicht in die Politik eindringen

Montevideo. Ein seit einem Jahr schwelender Skandal ist in Uruguay in den letzten Tagen explodiert. Im Mittelpunkt der Affaire steht die Übergabe eines gültigen Reisepasses an den uruguayischen Drogenboss Sebastian Marset, der in Dubai festgenommen worden war und sich mit diesem Dokument absetzen konnte (amerika21 berichtete).

Seither liefen in Uruguay Ermittlungen, um die Hintergründe aufzuklären. Aber erst nachdem die ehemalige Außenministerin Carolina Ache der Staatsanwaltschaft gegenüber erklärte, dass ihr Nachfolger im Ministerium, Francisco Bustillo und der Präsidentenberater Roberto Lafluf sich abgesprochen hätten, um kompromittierende Chats über die Auslieferung des Passes an Marset zu löschen, kommen die Ermittlungen ins Laufen.

Nach wie vor beunruhigt die Öffentlichkeit eine Reise der Ehefrau von Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou nach Dubai, die 2022 in den Zeitraum fiel, als dort die Botschafterin des südamerikanischen Landes im Rahmen der "Betreuung von Staatsbürgern in ausländischer Haft" die Aufgabe übernommen hatte, Marset den Pass zu übermitteln, mit dem dieser Dubai mit unbekanntem Ziel verlassen konnte.

Unmittelbar nach den Enthüllungen über Versuche der Vertuschung auf höchster Ebene trat Bustillo vom Amt des Außenministers zurück. Präsident Lacalle Pou, der bis Samstag auf Einladung von US-Präsident Joe Biden noch in Washington weilte, gab direkt nach seiner Rückkehr die Rücktritte von Innenminister Luis Alberto Heber, seines Staatssekretärs Guillermo Maciel und von Lafluf bekannt.

Es handelt sich um die tiefste Krise des Präsidenten, seit dieser im März 2020 sein Amt antrat. In Zusammenkünften auch mit den oppositionellen Fraktionen im Parlament, versucht Lacalle Pou, eine Übernahme gemeinsamer Verantwortung der Parteien zu erreichen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Institutionen des Staates zu erhalten.

Der Vorsitzende der Oppositionspartei Frente Amplio, Fernando Pereira, erkennt dies an, vertrat allerding auch, dass "die Uruguayer mehr erwartet hätten als die gestern von Präsident Luis Lacalle Pou angekündigten Rücktritte" und versicherte, dass man darauf warte, dass "der Präsident sagt, was passiert ist" mit der Übergabe des Passes an den Drogenhändler.

Pereira beschuldigt Lacalle Pou, in der Vertuschung eine Rolle gespielt zu haben, "obwohl bereits, auf Antrag der Frente Amplio, ein Gerichtsbeschluss von der Justiz vorlag", die nun gelöschten Chats auszuhändigen. Für den Fraktionsvorsitzenden haben die Untersuchung des Pass-Skandals und die Forderung nach Konsequenzen "gerade erst begonnen". "Wir können nicht zulassen, dass der Drogenhandel in die Politik eindringt", fügte Pereira hinzu und betonte die Notwendigkeit, das Gesetz über die Finanzierung der politischen Parteien zu verabschieden und "den öffentlichen Zugang zu Informationen zu verbessern", um dies zu verhindern.

Nach dem Stand von Mitte vergangener Woche beabsichtigt die oppositionelle Frente Amplio noch nicht, die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten zu erwägen.

Der weiterhin gesuchte Marset gilt als eine Schlüsselfigur im internationalen Drogenhandel und soll den Hafen von Montevideo zu einem großen Umschlagplatz in seinem Geschäft gemacht haben. Die paraguayische Polizei sucht ihn als Hauptbeschuldigten wegen der Ermordung von Staatsanwalt Marcelo Pecci im Mai 2022, nachdem die Behörden des Landes in ihrer größten Operation gegen das Netz von Marset vorgegangen war. Als vor drei Monaten die Behörden Boliviens Marsets Aufenthaltsort in Santa Cruz ausfindig gemacht hatten und eine groß angelegte Operation zu dessen Festnahme starteten, entkam Marset jedoch erneut (amerika21 berichtete).

Die misslungene Verhaftung erinnerte die Öffentlichkeit in Uruguay erneut daran, dass die Rolle der eigenen Regierung weiter ungeklärt geblieben ist.