Montevideo. Angesichts steigernder Kriminalität im Land haben sich die beiden Regierungsabgeordneten Gustavo Zubía (Partido Colorado, PC) und Eduardo Lust (ehemals Cabildo Abierto, CA) offen für den Einsatz von Militärpatrouillen in besonders betroffenen Stadtgebieten ausgesprochen. Die Präsenz von Soldaten solle vor allem eine abschreckende Wirkung entfachen. Kritiker:innen betonen nicht nur fehlenden Kompetenzen der Streitkräfte, sondern befürchten auch Reminiszenzen an die Militärdiktatur (1973-1985).
In der Informationssendung "Desayunos Informales" prangerte Lust die gestiegene Mord- und Kriminalitätsrate in Uruguay an, die seiner Auffassung nach nur "in bestimmten Vierteln" auftrete. Eine Maßnahme zur Gewährleistung der Sicherheit sehe er in der Präsenz der Nationalarmee, die etwa an Straßenecken in "einem Lieferwagen mit vier Personen, die sich unterhalten", agieren könne.
Zubía pflichtete ihm bei und betonte, dass es an "Sicherheitsgarantien mangelt" und "es zu viele Tote gibt". Symptomatisch sei hier Montevideos Stadtviertel Marconi, dessen momentane Gewaltentwicklung er gar als "Pandemie von Todesfällen" bezeichnet. Er schlägt wie auch Lust die Entsendung des Militär als Unterstützung der Polizei auf den Straßen vor, was beide Politiker mit dem Friedenseinsatz von UN-Blauhelmen in Kriegsgebieten vergleichen.
Angesprochen auf das Szenario von Soldaten in den Straßen und deren traumatische Wirkung auf die Bevölkerung entgegnete Zubía, dass man jetzt handeln müsse und wer dies nicht machen möchte, "weil es vor 50 Jahren Probleme gab", solle "zu einem Psychologen gehen".
Kritik kam umgehend aus den eigenen Reihen der Regierungskoalition. So widersprach ihm Felipe Schipani, Parteikollege seiner Mitte-Recht-Partei PC, und verwies auf die Republikanische Garde (Nationalgarde) als bestehende, aber auszubauende Alternative: "Die Republikanische Garde muss mit Instrumenten, einem größeren Budget, mehr Truppen und besseren Waffen und Technologien ausgestattet werden."
Den offensichtlichen Widerspruch einer ebenfalls uniformierten Garde-Einheit in den Straßen kommentiert er damit, dass man heutige Mitglieder des Militärs, die mehrheitlich nach der Diktatur geboren seien, nicht für die Verbrechen "bestimmter Mitglieder des Militärs" damals verantwortlich machen könne.
Sergio Botana von der rechtskonservativen Regierungspartei Partido Nacional (PN) sieht im Vorschlag der beiden wiederum vor allem eine Degradierung der Polizeikräfte und ihrer staatlichen Stellung.
Neben der Rekordzahl von 380 ermordeten Personen 2022 weisen jüngste Daten Uruguay zudem als das Land mit den meisten Inhaftierten pro Einwohner:in in Südamerika aus. Entsprechend wichtig empfindet es deshalb Martín Lema (PN), Minister für soziale Entwicklung, die entlassenen Häftlinge umgehend sozial zu unterstützen, um sie so vor einem Rückfall in die Straffälligkeit wie auch in die Fänge der Straßenkriminalität zu bewahren.