Nicaragua / Politik

IGH-Urteil beendet vorerst Grenzkonflikt zwischen Nicaragua und Kolumbien

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IGH-Urteil
Mit 13 zu vier Stimmen wurde die erneute Klage Nicaraguas vor dem IGH abgewiesen

Den Haag et al. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat am Donnerstag den Antrag Nicaraguas, seinen Festlandsockel über die Seegrenze zu Kolumbien hinaus zu erweitern, abgelehnt. Die Territorialstreitigkeit zwischen den beiden Ländern um dieses Gebiet, das reich an Fischerei- und Bodenschätzen ist, reicht bis 1928 zurück und die Schlichtung zieht sich seit zwei Jahrzehnten hin.

Richterin Joan E. Donoghue erklärte bei der Urteilsverkündung des höchsten UN-Rechtsorgans, dass der Gerichtshof mit 13 zu vier Stimmen den Antrag der Republik Nicaragua abgelehnt habe, Anspruch auf einen über 200 Seemeilen (370 km) hinausgehenden Festlandsockel zu erhalten, der auch die Inseln San Andrés und Providencia umfasse. Der Archipel bleibe weiterhin kolumbianisches Hoheitsgebiet, wenngleich es nun eine klare Meeresgrenze zwischen Nicaragua und Kolumbien im Rahmen der international anerkannten 200 Seemeilen-Linien geben soll.

Der Jahrzehnte andauernde Streit dreht sich um ein Meeresgebiet samt Inselgruppe, das etwa 800 Kilometer vor der Nordwestküste Kolumbiens und 240 km vor der Küste Nicaraguas liegt. Der Konflikt betrifft dabei nicht nur die Souveränität über die Inseln und mehrere Cays, sondern auch ein Gebiet von weiteren 50.000 Quadratkilometern Fischereigewässer.

Im Jahr 2012 hatte der IGH in Folge einer 2001 von Nicaragua eingereichten Klage dem Land den rund 75.000 Quadratkilometer großen Festlandsockel im Karibischen Meer zugesprochen, aber zugleich die Souveränität Kolumbiens über die Inselgruppe bestätigt.

Laut Aussage der Regierung Nicaraguas hat sich Kolumbien vom ersten Tag an geweigert, dem Urteil Folge zu leisten und dann sogar den "Pakt von Bogotá" gekündigt, um zu verhindern, dass Nicaragua erneut den Gerichtshof in dieser Frage anrufen kann.

Der "Pakt von Bogotá", offiziell "Amerikanischer Vertrag über die friedliche Streitschlichtung", ist ein am 30. April 1948 von den meisten lateinamerikanischen Ländern unterzeichneter völkerrechtlicher Vertrag. Er verlangt die friedlichen Beilegung von Konflikten zwischen den Unterzeichnerstaaten. Nicaragua verklagte Kolumbien damals infolge der Vertragskündigung erneut vor dem IGH (amerika21 berichtete).

In einer Stellungnahme zum Urteil erklärte Carlos Argüello, der Vertreter Nicaraguas beim IGH, dass laut Gericht die 200 Seemeilen Nicaraguas im Karibischen Meer "unbestreitbar" seien und dies bei der Verlesung der Entscheidung am Donnerstag vom Internationalen Gerichtshof klar bestätigt worden sei.

Auch wenn es laut Argüello noch offene Fragen bei der Bewertung des Urteils gibt, sei das Territorium Nicaraguas mit Blick auf seine Landesgrenzen zum ersten Mal in seiner Geschichte praktisch vollständig. Die Vizepräsidentin Nicaraguas, Rosario Murillo, sagte zudem, dass der Staat Nicaragua die Urteile des Internationalen Gerichtshofs stets als fest, endgültig und verbindlich anerkannt habe.

Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro bezeichnete die IGH-Entscheidung indes als großen Sieg für Kolumbien. Das Gericht habe den Ansprüchen Nicaraguas auf einen erweiterten Festlandsockel nicht zugestimmt. Er hoffe, dass mit diesem Urteil der Grenzstreit beendet werde und man sich "auf die nachhaltige Entwicklung unseres Archipels konzentrieren kann".