Guatemala / Politik

Guatemala: Festnahme von ehemaligem Staatsanwalt löst Kritik und Sorge aus

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ehemaliger Staatsanwalt Orlando López
Ermittelte 2013 gegen den ehemaligen Diktator Montt: Orlando López

Quetzaltenango. Die Justiz von Guatemala und die ultrarechte "Stiftung gegen den Terrorismus" haben den ehemaligen Staatsanwalt Orlando López, der an der Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatur von Efrain Rios Montt arbeitet, ins Visier genommen.

Ein großes Polizeiaufgebot nahm ihn am 16. März fest. Fünf Tage später ordnete die Richterin Ruth Ambrosio "weitere Untersuchungen" an, López aber wurde nach Zahlung von 25.000 Quetzales (knapp 3.000 Euro) in den Hausarrest überstellt.

Vorgeworfen wird López seine Aktivität als Rechtsanwalt und Notar, die er im Jahr 2019 neben seinem Beruf als Staatsanwalt ausgeübt haben soll. Die Staatsanwaltschaft unterstellt ihm "Amtsmissbrauch", da beide Tätigkeiten "unvereinbar waren".

López' Anwältin Jovita Tzul Tzul betont, dass er "bereits 2016 ohne Bezahlung bei der Staatsanwaltschaft supendiert wurde, sodass er zum fraglichen Zeitpunkt das Recht hatte, bei einem anderen Arbeitgeber tätig zu sein".

Die Suspendierung beruhte auf einen Verkehrsunfall im Jahr 2016, an dem López beteiligt war und bei dem ein Verkehrsteilnehmer tödlich verunglückte. Der Sachverhalt konnte nicht abschließend aufgeklärt werden.

Anwältin Tzul sieht hinter López' Inhaftierung die ultrarechte "Stiftung gegen den Terrorismus". Diese Organisation, zur Unterstützung angeklagter Militärs gegründet, weise auf ihrem Twitteraccount in "besorgniserregener Weise" auf López hin. Bei seiner Anhörung am 21. März waren Mitglieder der Stiftung anwesend. Deren Präsident, Ricardo Méndez-Ruiz, näherte sich dabei López und "murmelte unverständliche Worte", später forderte er "acht Jahre Präventivhaft" für den ehemaligen Staatsanwalt.

2013 leitete López als Staatsanwalt die Ermittlungen, die zum Prozess gegen den früheren Diktator Efrain Rios Montt führten. Rios Montt putschte sich im März 1982 an die Macht. Bei den Militäroperationen "Victoria" und "Sofia" ermordeten wenige Monate später Regierungssoldaten zehntausende Zivilisten. Im Mai 2013 erfolgte die Verurteilung Montts wegen Völkermordes zu 80 Jahren Haft, die wegen angeblicher Verfahrensfehler vom Verfassungsgericht wieder aufgehoben wurde. Montt verstarb – an Demenz erkrankt – 2018, ohne dass ein Urteil rechtskräftig geworden wäre.

Vor seiner Festnahme im März war López als Anwalt beim Menschenrechtsbüro des Erzbistums Guatemalas (ODHAG) tätig. Neben der Vertretung politischer Gefangener aus dem Widerstand gegen Bergbauprojekte und Landraub war er mit der Zeugenbefragung im sogenannten zweiten Genozidprozess betreut. Der Prozess gegen die ehemaligen Militärs Benedicto Lucas Garcia, Bruder des ehemaligen Präsidenten Fernando Romeo Lucas Garcia (1978–1982), sowie Manuell Callejas und den mittlerweile verstorbenen César Noguera Argueta wurde bereits 2020 noch unter dem im vergangenen Jahr ins Exil geflüchteten Richter Miguel Ángel Gálvez initiert. Gálvez hatte das Verfahren gegen Rios Montt geführt. Den Angeklagten werden 31 Massaker vorgeworfen, 23 Gemeinden in der Region Ixil seien "dem Erdboden gleichgemacht worden", schrieb Prensa Libre im August 2021.

Die ODHAG tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf, Orlando López war unter anderem mit der Befragung der Zeugen betreut. 125 Zeugen sollen in den nächsten Wochen im Prozess vernommen werden. López sollte als Ankläger der Nebenklage auftreten, was durch den Hausarrest unmöglich gemacht wird.

Luisa Fernanda Nicolau, Koordinatorin der Abteilung für die Verteidigung der Menschenrechte bei der ODHAG, erklärte in einem bisher unveröffentlichten, amerika 21 vorliegenden Interview mit der katholischen Dreiköngigsaktion Österreich, es erfülle sie mit "großem Schmerz und Sorge", dass "unser Bruder und Kollege ins Gefängnis kam". Jetzt habe er es wieder verlassen können, dort sei "seine Sicherheit gefährdet gewesen". Gleichzeitig sei sie in Sorge um die "Sicherheit und körperliche Unversehrheit" der anderen Kolleginnen und Kollegen, die die "Menschenrechte verteidigen", in aktuellen Fällen und in Fällen aus dem "bewaffneten Konflikt".