Chile / Politik

Chile: Jüngste forensische Untersuchung legt Vergiftung von Pablo Neruda nahe

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Pablo Neruda war dem 1973 aus dem Amt geputschten Präsidenten Salvador Allende eng verbunden
Pablo Neruda war dem 1973 aus dem Amt geputschten Präsidenten Salvador Allende eng verbunden

Santiago. Experten aus Kanada und Dänemark haben im Zahnmaterial des am 23. September 1973 verstorbenen chilenischen Dichters und Schriftstellers Pablo Neruda das Bakterium Clostridium botulinum gefunden. Der Bericht wurde der ermittelnden Richterin Paola Plaza überreicht, die nun urteilen muss, wie es weiter geht.

Der Fund bestätigt das Ergebnis einer Exhumierung aus dem Jahre 2017. Jetzt wurde jedoch ausgeschlossen, dass das Bakterium nach der Beerdigung in den Körper eingedrungen sein könnte. Vielmehr muss es schon vorher anwesend gewesen sein. Das legt eine vorsätzliche Vergiftung nahe. Diese These vertreten der engste Mitarbeiter Manuel Araya und der Neffe von Neruda, Rodolfo Reyes, seit dem Tod des Trägers des Literaturnobelpreises.

Im Moment des Militärputsches im September 1973 gegen die sozialistische Regierung von Salvador Allende hielt sich Neruda in seinem Haus in Isla Negra an der Küste auf. Er litt schon seit einiger Zeit an einem Prostatakrebs, der jedoch unter Kontrolle war. Aus Sicherheitsgründen, seine anderen Wohnungen waren von Militärs verwüstet worden, wurde er auf Anraten seiner nächsten Umgebung am 19. September nach Santiago in die Klinik Santa Maria überführt.

Im Krankenhaus überarbeitete er sein Buch "Ich gestehe, ich habe gelebt" und empfing Besuch von einigen christdemokratischen Politikern. Der Botschafter Mexikos in Chile hatte von der Militärverwaltung schon eine Genehmigung zur ungehinderten Ausreise Nerudas ins Exil erreicht. Nur vier Tage nach seiner Verlegung nach Santiago verstarb Neruda.

Seine letzten Aktivitäten sowie die Tatsache, dass Neruda reisefähig war, ließen von Anfang an die Todesursache Krebs als höchst unwahrscheinlich erscheinen. Die letzten bekannten Fotos von Neruda zeigen ebenfalls keine lebensgefährdente Abmagerung, welche die Todesursache gewesen sein sollte. Neun Jahre später verstarb Ex-Präsident Eduardo Frei Montalva unter ähnlich verdächtigen Umständen 1982 in einem Krankenhaus.

Jahrelange gerichtliche Ermittlungen stehen nun vor dem Abschluss. Die Richterin Plaza muss jetzt Aussagen und zwei Exhumierungsgutachten aus über zehn Jahren aufarbeiten. Kommt sie zum Schluss, dass Neruda eines natürlichen Todes gestorben ist, so wird der Fall abgeschlossen. Kommt sie indessen zu einem gegenteiligen Urteil, so wird ein Kriminalverfahren eingeleitet, um die Umstände von Nerudas Tod festzustellen.