Chile / Politik

Chile: Nobelpreisträger Pablo Neruda starb nicht an Krebs

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Ein Mosaik der Künstlerin Paula Guerra zu Ehren Pablo Nerudas  im Stadtteil Bellavista von Santiago, Chile
Ein Mosaik der Künstlerin Paula Guerra zu Ehren Pablo Nerudas im Stadtteil Bellavista von Santiago, Chile

Santiago. Laut dem jüngsten Befund einer internationalen Expertengruppe von 16 Forensikern aus Chile, Dänemark, Frankreich, Kanada, Spanien und USA ist der chilenische Literatur-Nobelpreisträger Pablo Neruda möglicherweise vergiftet worden und nicht, wie es bisher dargestellt wurde, an Krebs gestorben. "Die Todesurkunde von 1973, nur zwölf Tage nach dem Staatsstreich, ist ein Betrug", bekräftigte Rodolfo Reyes, Anwalt und Neffe von Neruda, am Montag gegenüber Radio France Internationale. "Neruda hatte Krebs, aber nicht im Endstadium."

Richter Mario Carroza hatte die erneute Untersuchung der Leiche Nerudas angeordnet, nachdem dies 2013 vom Anwalt der Kommunistischen Partei Chiles (PCCh), Eduardo Contreras, beantragt worden war. Von Seiten der PCCh wird angenommen, dass Neruda auf Befehl der Militärjunta von General Augusto Pinochet getötet wurde, kurz nachdem dieser im Jahre 1973 nach einem Militärputsch die Macht übernahm.

Laut der offiziellen Sterbeurkunde vom 23. September 1973 starb Neruda an Prostatakrebs. Der spanische Forensiker Aurelio Luna erklärte nun, aufgrund der neuen Untersuchungsergebnisse sei es "zu 100 Prozent klar, dass die Sterbeurkunde nicht die Realität wiederspiegelt." Zwar litt Neruda an Krebs, die Todesursache war aber definitiv eine andere. Während der jüngsten Untersuchungen des Leichnams wurde ein Giftstoff festgestellt, der lediglich von einem speziellen Bakterienstamm produziert wird, welcher aus Laboren stammt und immun gegen Penicillin ist. Dieser Giftstoff könnte den Tod des Autors herbeigeführt haben. Weitere Laborstudien müssen nun die tatsächliche Todesursache klären und ob es sich um eine von Menschenhand herbeigeführte Vergiftung handelt. "Wir können noch nicht eindeutig sagen, dass Dritte in seinen Tod involviert waren, aber diese Möglichkeit besteht", sagte Richter Carroza.

Neruda war von 1945 bis 1948 als Senator der Kommunistischen Partei Chiles Mitglied des Parlaments. Seine Freunde und Angehörigen sowie seine Partei haben seit seinem Tod die Hypothese vertreten, der Literatur-Nobelpreisträger sei kurz nach dem Staatsstreich gegen den mit ihm befreundeten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende ermordet worden.

Im Jahr 2011 hatte Nerudas Chauffeur und Assistent Manuel Araya, der in seinen letzten Stunden bei dem Schriftsteller war, die erneute Untersuchung des Leichnams mit seiner damaligen Aussage ins Laufen gebracht: "Gegen 16 Uhr am Nachmittag haben sie ihm eine Injektion in den Magen verpasst. Sie sagten mir, es sei ein Mittel gegen Schmerzen". Nur wenige Stunden später sei Neruda gestorben.