Nicaragua / USA / Politik

Nicaragua: Freilassung und Ausweisung in die USA von 222 oppositionellen Gefangenen

US-Außenminister Antony Blinken begrüßt die Freilassungen, sie könnten den Weg für einen Dialog mit der Regierung von Präsident Daniel Ortega ebnen

nicaragua_usa_gefangene.jpeg

Die freigelassenen Gefangenen Félix Maradiaga (links) und Juan Sebastián Chamorro (rechts) mit Ehefrauen und ihrem Anwalt Jared Genser (Mitte) in den USA
Die freigelassenen Gefangenen Félix Maradiaga (links) und Juan Sebastián Chamorro (rechts) mit Ehefrauen und ihrem Anwalt Jared Genser (Mitte) in den USA

Managua. Das Berufungsgericht in Managua hat am vergangenen Donnerstag beschlossen, 222 Gefangene in die USA auszuweisen und ihnen ihre politischen Rechte auf Lebenszeit zu entziehen. Laut der Erklärung von Richter Octavio Rothschuh Andino war ihre sofortige Ausweisung vollzogen worden.

Die Gefangenen waren wegen "Handlungen gegen die Unabhängigkeit, Souveränität und die Selbstbestimmung des Volkes" und wegen "Anstiftung zu Gewalt, Terrorismus und wirtschaftlicher Destabilisierung" in den letzten zwei Jahren verurteilt worden.

Gleichzeitig hatte das Parlament Nicaraguas eine Reform von Artikel 21 der Verfassung über den Erwerb, den Verlust und die Wiedererlangung der Staatsangehörigkeit verabschiedet. Mit Bezug auf die in Artikel 1 der Verfassung festlegte Pflicht aller Nicaraguaner, die Unabhängigkeit, Souveränität und nationale Selbstbestimmung zu erhalten und zu verteidigen wurde nun der Entzug der Staatsangehörigkeit bei Nichteinhaltung dieser Pflicht festgelegt. Diese erst mit der nächsten Sitzungsperiode der Nationalversammlung rechtsgültig zu beschließende Verfassungsänderung soll auf die nun ausgewiesenen Gefangenen angewendet werden.

Die Gefangenen waren zum Teil Anführer des auch mit US-Geldern finanzierten Aufstandsversuchs, bei dem im Frühjahr 2018 über 200 Todesopfer zu beklagen waren. Für diese Beteiligung war 2019 eine Amnestie erlassen worden. Allerdings wurden später vor allem die weiterhin politisch aktiven Regierungsgegner, die über die Fundación Violeta Barrios de Chamorro kanalisierte US-Gelder erhielten oder in weitere Umsturzpläne verwickelt waren, wegen Vermögens- und Geldwäsche und der "Verschwörung zur Untergrabung der nationalen Integrität" verurteilt. Letzteres auch, da sie öffentlich Wirtschaftssanktionen und teils eine US-Militärintervention gefordert hatten.

Laut der veröffentlichten Liste der in die USA abgeschobenen Gefangenen befinden sich unter den Ausgewiesenen alle bekannten und wegen der Umsturzpläne verurteilten Regierungsgegner. Ursprünglich waren laut Agenturmeldungen 224 Namen auf der Liste. Jedoch weigerte sich der Bischof von Matagalpa, Monsignore Rolando Álvarez, das Flugzeug in die USA zu besteigen und musste deshalb in das Untersuchungsgefängnis zurückkehren. Und Fanor Alejandro Ramos war laut der Agentur EFE wegen Drogenhandels verurteilt worden und blieb deshalb zurück.

US-Außenminister Antony Blinken lobte am Donnerstag die Freilassung von mehr als 200 oppositionellen Gefangenen in Nicaragua und sagte, dies könne den Weg für einen weiteren Dialog mit der Regierung von Präsident Daniel Ortega ebnen. Laut dem Sprecher des US-Außenministerium, Ned Price, war die Entscheidung der Ortega-Regierung, Hunderte von Personen freizulassen, von denen einige jahrelang im Gefängnis gesessen hatten, "das Ergebnis eines konzertierten Engagements des Außenministeriums", aber "eine einseitige Entscheidung der nicaraguanischen Regierung".

Der deutsche Botschafter in Managua, Christoph Bundscherer, begrüßt auf Twitter die Freilassungen, insbesondere von Juan Lorenzo Holmann, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. "Diese Entscheidung ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung unserer bilateralen Beziehungen", so Bundscherer.

Laut den bekannt gewordenen Aussagen waren die Gefangenen nicht über die Gespräche mit den USA informiert. Juan Sebastián Chamorro erklärte, sie seien "am wenigsten informiert" gewesen über die Entscheidung der Regierung Ortega.

Die Menschenrechtsorganisation CENIDH erklärte, dass das Leben der Oppositionellen "gerettet" worden sei, die Unterdrückung im Lande halte aber weiter an.

Angehörige von Freigelassenen zeigten sich sehr erleichtert über diese Lösung.

Die Vizepräsidentin Nicaraguas, Rosario Murillo, sagte, die Ausweisung der Oppositionellen liege "im höchsten Interesse unseres gesegneten und freien Vaterlandes". Präsident Daniel Ortega erklärte, es gebe "keine Verhandlungen" zwischen seiner Regierung und den USA. "Als sie uns fragten, welche Interessen wir haben? Keine. Sie sollen sie mitnehmen. Das ist alles", sagte Ortega.