Nicaragua / Politik

Nicaragua: EU-Botschafterin ausgewiesen, Beziehungen zu Niederlanden abgebrochen

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EU-Botschafterin Muscheidt bei einer Veranstaltung in Managua im Mai. Am 1. Oktober verließ sie Nicaragua als "unerwünschte Person"
EU-Botschafterin Muscheidt bei einer Veranstaltung in Managua im Mai. Am 1. Oktober verließ sie Nicaragua als "unerwünschte Person"

Brüssel/Managua. Der Außenbeauftragte der Europäischen Union (EU), Josep Borrell, hat die "ungerechtfertigte und einseitige" Entscheidung der Regierung Nicaraguas zurückgewiesen, die Botschafterin der EU auszuweisen und zur "Persona non grata" zu erklären. Die EU werde "entschlossen und angemessen" reagieren.

Die Regierung von Daniel Ortega hatte die deutsche Diplomatin Bettina Muscheidt wegen "Einmischung in die nationale Souveränität" als unerwünscht erklärt. Außenminister Denis Moncada forderte Muscheidt bei einem Gespräch im Außenamt auf, das Land rasch zu verlassen. Dies tat sie am vergangenen Samstag.

Muscheidt war am 20. September 2021 zur EU-Botschafterin in Nicaragua ernannt worden und löste den Spanier Pelayo Castro Zuzuárregui ab. Während der Zeit von Zuzuárregui hatte die EU, ähnlich wie die US-Regierung und einige europäische Länder, Sanktionen gegen Mitglieder der Regierung Nicaraguas, gegen Familienmitglieder und enge Vertraute Ortegas und mehrere seiner Kinder verhängt.

Die zentralen Vorwürfe lauteten, die Regierung untergrabe Menschenrechte und Demokratie. Nach ihrer Ernennung hatte Muscheidt betont, sie werde weiterhin "die Werte und Grundsätze der EU wie Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte fördern und verteidigen".

In einem im Mai 2022 veröffentlichten Text hatte die nun ausgewiesene EU-Botschafterin den Konflikt in Nicaragua als rein interne Auseinandersetzung zwischen demokratisch orientierten Jugendlichen und einer undemokratischen Regierung dargestellt, ohne die ausländische Einmischung und erklärte Interessenlagen zu erwähnen.

Die Regierung Ortega hat vergangene Woche zudem die diplomatischen Beziehungen zu den Niederlanden abgebrochen. Die holländische Regierung hatte vor Jahren die Unterstützung des Baus eines Krankenhauses an der Atlantikküste zugesagt, diese dann aber wegen Sanktionen verzögert, so dass die benötigte Klinik aus dem Staatshaushalt und anderen Finanzierungen bezahlt werden muss.

Außerdem führt Nicaragua aktuell eine Auseinandersetzung mit der US-Regierung um die Nachfolge in der US-Botschaft. Der US-Senat billigte vergangenen Donnerstag die Nominierung von Hugo Rodríguez für die Vertretung der USA, obwohl Nicaraguas Regierung im Juli die dem Kandidaten Rodríguez erteilte Genehmigung wegen der "respektlosen und störenden Äußerungen" des Diplomaten gegenüber Managua zurückgezogen hat (amerika21 berichtete). Rodríguez hatte erklärt, sich für einen Regierungswechsel und gegen die Mitgliedschaft Nicaraguas im Freihandelsabkommen DR-Cafta (Tratado de Libre Comercio entre Estados Unidos, Centroamérica y República Dominicana) einsetzen zu wollen.

Seit dem 2018 mit Unterstützung aus dem Ausland versuchten Aufstand gegen die sandinistische Regierung und der Verhinderung von US-nahen Kandidat:innen bei den letzten Präsidentschaftswahlen sind die Beziehungen von USA und EU zur Regierung Nicaraguas angespannt und von umfassenden Sanktionen geprägt.

Die sich auf den Befreiungskämpfer Augusto César Sandino beziehende Regierung Nicaraguas lehnt die Politik der "westlichen Länder" als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes ab.

In der diplomatischen Note von Außenminister Moncada zum Abbruch der Beziehungen zu den Niederlanden heißt es: "Die permanente Offensive der undiplomatischen und undiplomatischen Vertretung dieser neokolonialen und pro-imperialen Regierung, die gegen das Wiener Übereinkommen verstößt, zwingt uns zu dieser Maßnahme, die wir mit der Ehre, der Würde und dem souveränen Geist, der uns auszeichnet, verteidigen. Wir kennen die Imperien und Kolonialisten der Welt, und nichts und niemand kann uns ihre Verbrechen gegen die Menschheit vergessen lassen".