Brasilien / Wirtschaft

Familien in Brasilien stark verschuldet

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Patrícia Costa erklärt, dass es für viele Menschen immer schwerer ist, alltägliche Produkte wie Lebensmittel zu erwerben
Patrícia Costa erklärt, dass es für viele Menschen immer schwerer ist, alltägliche Produkte wie Lebensmittel zu erwerben

São Paulo. Der Nationale Handelsverband hat bekannt gegeben, dass mehr als 76 Prozent der brasilianischen Familien verschuldet sind. Im Dezember waren drei von vier Familien nicht in der Lage, die laufenden Kosten zu decken. Ein neuer Höchststand seit dem Jahre 2010. Rund ein Viertel der Familien sind mit Zahlungen im Rückstand, eine von zehn Familien ist nicht in der Lage die alltäglichen Ausgaben zu finanzieren.

Der Erhebung zufolge sind rund 14,8 Prozent der Betroffenen "stark verschuldet", 27,3 Prozent "mehr oder weniger verschuldet" und 33,5 Prozent "kaum verschuldet". Nur 33,5 Prozent der Befragten gaben an, in keiner Weise verschuldet zu sein.

Gründe für diesen Zustand erkennt der Ökonom André Roncaglia, Professor an der staatlichen Universität von São Paulo, vor allem in dem schlechten ökonomischen Wachstum in den letzten fünf Jahren und in dem Höchststand der Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr. Er erklärt, dass bereits viele Menschen entmutigt die Arbeitssuche aufgegeben haben.

Zudem belasten die Inflation und steigende Steuern vor allem die armen Familien stark. So stiegen die Preise für Fleisch um 1,04 Prozent, für Obst um 8,6 Prozent und für Öle und Fette um 2,2 Prozent. Lohnverhandlungen konnten 2021 nur in den seltensten Fällen die Inflationsrate tatsächlich ausgleichen, zeigt eine weitere Untersuchung.

Die aktuelle Situation bringt das Thema Ungleichheit innerhalb Brasiliens wieder verstärkt in den Vordergrund. Vor allem arme Menschen leiden unter den steigenden Kosten. Besonders zeichnet sich jedoch ab, dass sich im vergangenen Jahr vor allem die Situation Schwarzer Frauen und ihrer Familien verschlechtert hat. In Rio de Janeiro fiel die Zahl der arbeitenden Schwarzen Frauen zwischen dem ersten und dem dritten Quartal von 26,2 Prozent auf 24,1 Prozent. Zeitgleich stieg hingegen die Zahl an arbeitenden, weißen Männern von 23,4 Prozent auf 25,9 Prozent.

Auch für das Jahr 2022 wird erwartet, dass sich die Inflation noch verstärkt. Patrícia Costa, Supervisorin der Gewerkschaftsübergreifenden Abteilung für Statistik und sozioökonomische Studien (Dieese), kritisiert daher die staatliche Hilfen, welche nun für Gas gezahlt werden sollen. Sie erklärt, dass ein Betrag von 52 Reais kaum ausreichen werde, die Preissteigerung von 30 Prozent aus dem vergangenen Jahr auszugleichen.