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Oberstes Gericht in Chile bestätigt Urteil gegen ehemalige DINA-Agenten

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Die Aufarbeitung der Militärdiktatur in Chile ist vor allem von Betroffenen erkämpft worden
Die Aufarbeitung der Militärdiktatur in Chile ist vor allem von Betroffenen erkämpft worden

Santiago. Die zweite Kammer des obersten chilenischen Gerichts hat das Urteil gegen fünfzehn ehemalige Mitarbeiter der chilenischen Geheimpolizei DINA (Dirección de Inteligencia Nacional) für Verbrechen während der Diktatur unter Augusto Pinochet (1973–1990) bestätigt. Das Gericht erklärte das Urteil von Richter Hernán Crisosto Greisse aus dem Jahr 2015 für rechtskräftig, verringerte jedoch die von ihm verhängten Strafen. Die Agenten werden belangt für ihre Mitwirkung an den Entführungen von Luis Alberto Guendelman Wisniak und Carlos Alfredo Gajardo Wolff im September 1974 im Zuge der "Operación Colombo".

Die Strafen fallen gering aus: César Manríquez, Miguel Krassnoff, Manuel Avendaño, Alejandro Astudillo und Demóstenes Cárdenas wurden zu jeweils zehn Jahren und einem Tag verurteilt. Orlando Manzo und Basclay Zapata (bereits verstorben), Ricardo Lawrence, Hermon Helec Alfaro, Nelson Paz, José Aravena, Claudio Pacheco, Nelson Ortiz, Gerardo Meza, José Fuentealba und Raúl Rodríguez erhielten fünf Jahre und einen Tag für ihre Mittäterschaft.

"Viele der Täter sind im Laufe des Prozesses verstorben, und natürlich sind wir mit der Höhe der Strafen, die in diesem Prozess verhängt wurden, nicht ganz zufrieden. Ich bin der Meinung, dass diese Urteile in keinem Verhältnis zur Schwere der begangenen Straftaten stehen", kritisierte Nelson Caucoto Pereira, Anwalt der Opfervertretung.

Während der Operation Colombo (1974–1975) hatte die DINA auf Anweisung von Pinochet linke Oppositionelle verschwinden lassen. Im Jahr 1975 veröffentlichten Medien eine Liste mit den Namen von 119 Personen, die seit der Operation als vermisst galten. Viele der Verschwundenen gehörten dem aktiven Widerstand an, waren Studierende, Gewerkschaftsführer:innen oder Mitglieder von politischen Organisationen. Luis Alberto Guendelman Wisniak und Carlos Alfredo Gajardo Wolff waren Mitglieder der Guerilla "Bewegung der Revolutionären Linken" (Movimiento de Izquierda Revolucionaria, MIR).

Die DINA hatte versucht, durch Falschinformationen in chilenischen, argentinischen und brasilianischen Medien die Verbrechen internen Machtkämpfen der MIR zuzuschreiben. Falschinformationen, die vom Geheimdienst und dem Polizeiapparat gestreut werden, spielen auch im Zusammenhang mit der Verschleierung von staatlichen Gewaltakten während der "Operación Huracán" 2017 gegen die Mapuche-Widerstandsbewegung und der jüngsten Revolte eine Rolle.

Die DINA fungierte von 1973–1977 als Geheimpolizei und arbeitete eng mit anderen Geheimdiensten der Region zusammen. Viele führende Agenten der DINA, unter ihnen der ehemalige Chef des Geheimdienstes, Manuel Contreras, wurden nachweislich in den USA ausgebildet.

Insgesamt kommen die Ermittlungen zu den gewaltsamen Entführungen nur schleppend voran. Einem Bericht der Plattform CIPER Chile zufolge wurden nur in 64 Fällen abschließende Urteile gefällt. Die Justiz in Chile arbeitet sehr langsam: 55 Fälle sind noch anhängig, in elf davon gab es keinerlei Fortschritte in den letzten Jahren.