Gericht verurteilt Honduras für Mord an Transgender-Aktivistin

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Zum ersten Mal wird ein Staat für den Mord an einer Transperson zur Rechenschaft gezogen
Zum ersten Mal wird ein Staat für den Mord an einer Transperson zur Rechenschaft gezogen

San José. Vergangenen Montag hat der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte den honduranischen Staat für den Tod der Transfrau Vicky Hernández zur Verantwortung gezogen. Das Urteil gilt als Präzedenzfall, da zum ersten Mal ein Staat für den Mord an einer Transperson vor Gericht stand und als verantwortlich befunden wurde. Hernández wurde am 28. Juni 2009 während einer von staatlichen Kräften verhängten Ausgangssperre auf offener Straße getötet. Medien sprachen von einer "außergerichtlichen Hinrichtung."

Das Gericht wählte mit dem 28. Juni einen symbolischen Tag für sein Urteil: den internationalen LGBTI-Pride-Day, den zwölften Jahrestag des honduranischen Staatsstreichs und den Jahrestag des Mordes an Hernández.

Nach Auffassung des Gerichts sind nicht nur Anzeichen von LGBTI-Feindlichkeit von staatlicher Seite aus zu erkennen, sondern eine staatliche Verantwortung für die Verletzung des Rechts auf Leben und die Unversehrtheit des Körpers. Durch den Mord an Hernández verletzten die Verantwortlichen außerdem die Rechte auf Anerkennung als Person vor dem Gesetz, den Nichtdiskriminierungs-Grundsatz sowie Hernández‘ Recht auf Geschlechteridentität.

Auf Grundlage des Übereinkommens zur Verhütung, Bestrafung und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen befand das Gericht, dass es sich bei Hernández‘ Fall um geschlechterspezifische Gewalt gegen Transfrauen handelt und somit das Recht auf ein gewaltfreies Leben verletzt wurde.

Herndandéz war nicht nur Transfrau und Sexarbeiterin, sondern im LGBTI-"Colectivo Unidad Color Rosa" (Einheitskollektiv Farbe Rosa) aktiv. In der Mordnacht befand sich Hernández in Begleitung zweier Personen auf einer öffentlichen Straße in der Stadt San Pedro Sula. Berichten zu Folge versuchte eine Patrouille der Polizei Hernández zu verhaften. Aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen, die die LGBTI-Gemeinschaft durch die Polizei vermutete, versuchten sie zu fliehen. Am darauffolgenden Tag wurde Hernández mit Schusswunden tot aufgefunden. Selbst während der Verhandlungen schikanierten Angehörige der honduranischen Sicherheitskräfte die Familie von Hernández.

Das Gericht bemängelte, dass die honduranischen Behörden bis heute nichts zur Aufklärung der Todesumstände beigetragen haben und der Tod Hernández ungesühnt bleibt. Deshalb ordnete das Gericht verschiedene Wiedergutmachungsmaßnahmen an, unter anderem die Verpflichtung zur Aufklärung des Mordes und die Anerkennung der internationalen Verantwortung. Besonders scheint die gerichtliche Anordnung, einen Dokumentarfilm über die Situation der Diskriminierung und Gewalt gegen Transfrauen zu erstellen. Dieser soll zur Aufklärung der Gesellschaft beitragen.

Der Sachverständiger Carlos Zeleda Cuña gab während der Anhörungen vor Gericht an, dass es sich hierbei nicht um eine Einzeltat handelte. Während des Staatsstreichs kamen mindestens 29 LGBTI-Personen ums Leben. Davon waren 15 Transfrauen, die tot auf der Straße aufgefunden wurden. Zehn von ihnen waren wie Hernández Mitglieder im Colectivo Unidad Color Rosa.