Völkertribunal zu Kolumbien hat getagt

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Das Permanente Völkertribunal fand zum dritten Mal in Kolumbien statt
Das Permanente Völkertribunal fand zum dritten Mal in Kolumbien statt

Bucaramanga et al. Zum dritten Mal hat das Permanente Völkertribunal (Tribunal Permanente de los Pueblos, TPP) in Kolumbien stattgefunden. Das TPP ist eines der von Regierungen unabhängigen internationalen Gerichte, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden sind. Es hat zum Ziel, Menschenrechtsverletzungen, die von den Staaten ignoriert worden sind, zu untersuchen, sichtbar zu machen und vor Gericht zu bringen.

Vom 25. bis 27. März haben Basisorganisationen, Gewerkschaften und opositionellen Parteien anlässich der 48. Tagung des TPP über zahlreiche Fälle von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen berichtet.

So informierten Vertreter:innen der Lebensmittelgewerkschaft Sinaltrainal, der Gewerkschaft der Erdölindustrie sowie der Vereinigung der Arbeiter:innen über die zahlreichen Morde an ihren Mitgliedern. Diese hätten oft nicht nur wichtige Funktionen in der Gewerkschaft, sondern auch in ihrer Gemeinschaft und auf politischer Ebene ausgeübt. Durch diese Verbrechen sowie durch Stigmatisierungen seien die Gewerkschaften dezimiert worden.

Laut dem kolumbianischen Gewerkschaftsinstitut ereigneten sich gegen die Gewerkschaftsbewegung zwischen 1971 und dem 18. Juli 2020 insgesamt 15.245 Gewalttaten, davon 7.492 Drohungen, 3.270 Morde und 1.952 gewaltsame Vertreibungen.

Weiter legten Vertreter:innen der Bauernorganisationen, indigenen Gemeinschaften, afrokolumbianischen Organisationen, Studierenden, Häftlingen, Exilkolumbianer:innen, Ex-Kämpfer:innen der Farc-EP, Marcha Patriotica, M-19 sowie der Unión Patriótica (UP) Zeugnis ab über Morde und Menschenrechtsverletzungen.

Aída Avella Esquivel, Präsidentin der UP, berichtete über den politischen Genozid an über 4.000 Mitglieder ihrer Partei, ausgeführt insbesondere durch Staatsagenten und Paramilitärs. Viele Mitglieder sind ins Exil geflohen, so wie Avella, die nach einem Attentatsversuch insgesamt 17 Jahre im Exil in der Schweiz gelebt hat.

Der argentinische Soziologe Daniel Feierstein zeigte sich gegenüber der Medienagentur Télam besorgt über die Situation in Kolumbien und sagte, dass immer, wenn aufständische Organisationen versuchten, ihre bewaffneten Aktionen aufzugeben und sich ins zivile Leben einzugliedern, ein Prozess der Vernichtung der demobilisierten Personen stattfinde. "Dies passierte mit der Unión Patriótica in den 80er-Jahren, passierte mit der Guerilla Organisation M-19 und wiederholt sich mit mit dem aktuellen Friedensprozess mit der Farc, dies ist eine Wiederholung in der kolumbianischen Geschichte", so Feierstein.

Die präsentierten Fälle sowie die entsprechend eingereichten Unterlagen werden nun geprüft, das Urteil wird im Mai erwartet.

Der kolumbianische Staat wurde ebenfalls eingeladen, teilzunehmen, war jedoch nicht präsent. Oppositionspolitiker:innen richteten einen Brief an Präsident Iván Duque und die zuständigen Regierungsstellen mit der Aufforderung, zum TPP zu kommen. Ihre Teilnahme sei wichtig, nicht nur um das Recht auf Verteidigung wahrzunehmen, sondern auch um die Verantwortung für die Gewaltakte zu übernehmen.

Die über 300 Organisationen, die das Tribunal einberufen hatten, hoffen, dass es zur Wahrheitsfindung beitragen wird. Das Urteil des TPP werde mithelfen, "dass die neuen Generationen, wenn sie ihre Geschichte kennen, sich ein anderes Land vorstellen können, ein Land, das ihnen Möglichkeiten bietet".