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Corona-Pandemie: WHO unterstützt Ecuador, Zahl Verstorbener viel höher?

Unterschiedliche offizielle Zählweisen Infizierter und Toter. Hohe Dunkelziffer. Wirtschaftskrise und Verfall des Erdölpreises zusätzliche Belastung

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will Ecuador wegen der dortigen Krisensituation besonders unterstützen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will Ecuador wegen der dortigen Krisensituation besonders unterstützen

Quito. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will Ecuador "prioritär" bei der Unterstützung der Auswirkungen der Corona-Pandemie behandeln. Dies erklärten Präsident Lenín Moreno und der Generaldirektor der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus. Das Land soll ab sofort bei Hilfsgütern, allen voran medizinisches Material, vorrangig bedacht und versorgt werden. Derweil bestätigt sich in den letzten Tagen, dass die Regierung keinen wirklichen Fahrplan im Umgang mit der Krise hat. Dies zeigen auch unterschiedliche offizielle Erhebungen der Zahlen von Infizierten und Verstorbenen von Seiten der Regierung. Moreno schwor die Bevölkerung am Montag auf die "historisch schwierigsten Zeiten" ein. Gründe dafür fand er neben der Corona-Pandemie einmal mehr bei seiner Vorgängerregierung und nun auch in dem extremen Verfall des Erdölpreises.

In Ecuador gibt es mittlerweile vier verschiedene offizielle Erhebungen bezüglich der Zahlen Infizierter und Toter durch das neuartige Coronavirus. Am Dienstag bestätigte das Gesundheitsministerium nach Testung 10.398 Infizierungen und 520 damit direkt in Zusammenhang stehenden Tote. Darüber hinaus seien weitere 902 "wahrscheinlich" an den Folgen einer Covid-19-Infektion gestorben, so Innenministerin María Paula Romo. Diese wurden jedoch nicht getestet. Nach dieser Zählung liegt die Opferzahl des Virus bei 1.422 Menschen. Fast jeder zweite davon starb laut Romo in der am stärksten betroffenen Provinz Guayas. Es werde aber nicht möglich sein, die wirkliche Ursache aller Todesfälle herauszufinden, weil "nicht bei allen Verstorbenen Tests durchgeführt werden", sondern "ein Protokoll zur Datenerhebung angewandt wird, um mögliche Ursachen zu ermitteln". Eine dritte Erhebung zählt alle im Land Verstorbenen unabhängig von der Ursache, eine vierte die Toten im Jahresvergleich.

Allein aus Guayaquil wurde nun jedoch die Verdreifachung der herkömmlichen Todeszahlen bekannt. Diese liegen im Jahresvergleich im April in der Provinz Guayas bei 2.000, erreichten in diesem Jahr aber fast 7.000. "Nachdem wir die Zahlen mit verschiedenen staatlichen Institutionen abgeglichen haben, haben wir in diesen ersten 15 Apriltagen in der Provinz Guayas etwa 6.703 Todesfälle gemeldet", erklärte der Leiter der Sondereinheit zum Umgang mit dem Coronavirus (JTF), Jorge Wated. Diese Diskrepanz kann nach Meinung vieler Beobachter im Grunde nur Covid-19 zuzuordnen zu sein und würde die offiziellen Zahlen der Regierung stark nach oben treiben. Nachgewiesen wurden in Guayas bereits 86 an Covid-19 verstorbene Ärzte, 700 weitere sind infiziert.

Der Präfekt von Guayas, Carlos Luis Morales, bestätigte mittlerweile, dass bereits bei Beginn der angespannten Lage in Guayaquil ein Anruf der Regierung bei ihm eingegangen sei, in dem ihm aufgetragen wurde, vorsorglich Massengräber auszuheben.

Bezüglich der von der Regierung geplanten Maßnahmen, um der wirtschaftlichen Krise infolge der Misswirtschaft, dem Preisverfall des Erdöls und der Corona-Pandemie begegnen zu können, gibt es mittlerweile viel Ablehnung und Kritik. Der Wirtschaftsanalyst Olmedo Farfán erklärte gegenüber der Zeitung El Universo, Arbeitnehmer seien am schwersten, weil doppelt davon betroffen. Zum einen würden die Arbeitsstunden verringert und von dem kleineren Gehalt müsste nun auch noch ein gewisser Teil abgegeben werden. Auch viele Unternehmer, Gewerkschaften und Abgeordnete lehnen die Pläne ab.

Die ankündigten Gesetze sehen vor, dass Unternehmen und Angestellte zusammen in eine Art Fonds einzahlen sollen. Unternehmen sollen ab einer Millionen US-Dollar Umsatz fünf Prozent abgeben, Arbeitnehmer zahlen progressiv gemäß ihrem Einkommen. Nach kontroverser Diskussion deutete sich aber an, dass das Parlament den Vorschlägen der Regierung zustimmen wird, sofern einige Änderungen vorgenommen würden.