Bolivien / Politik

Anhaltender Widerstand gegen den Putsch und Debatte um Neuwahlen in Bolivien

Morales und sein Vize Linera erklären Verzicht auf Kandidatur. Vorschläge zu Neuwahlen werden diskutiert. Widersprüche in der MAS

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Frauen demonstrieren mit der indigenen Fahne gegen den Rassismus der Putsch-Regierung
Frauen demonstrieren mit der indigenen Fahne gegen den Rassismus der Putsch-Regierung

Mexiko-Sadt/La Paz. Boliviens Vizepräsident im Exil, Álvaro García Linera hat erklärt, dass Präsident Evo Morales und er bei Neuwahlen nicht antreten werden. Man wolle "keine Ablehnung bei den Putschisten hervorrufen", sagte er in einem Interview mit der spanischen Nachrichtenagentur Efe. Die De-facto-Regierung sei weiterhin bereit, "Bolivianer zu töten, damit Evo und Álvaro nicht kandidieren". Derzeit gebe es keine Garantien für eine Rückkehr in sein Land, wo er Morddrohungen erhalten hatte. Er wolle jedoch bei den kommenden Wahlen im Land sein, um die "neue Generation von Anführern" der Bewegung zum Sozialismus (MAS) zu unterstützen. "Die putschistischen Kräfte haben uns bei Wahlen noch nie besiegt", so Linera.

Ähnlich hatte sich Morales selbst in den vergangenen Tagen geäußert, zuletzt in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung Der Spiegel. Er habe das Recht zu kandidieren, "aber wenn dies der Befriedung des Landes abträglich ist", verzichte er darauf.

Die Demonstrationen gegen den Putsch und die Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und Protestierenden gehen indes unvermindert weiter. Vor allem an den Barrikaden auf den Autobahnen kam es bei Räumungen durch Polizei und Militär zu heftigen Zusammstößen. Auch die Verfolgung von MAS-Mitgliedern hält an. So wurde der Vizepräsident der Bewegung, Gerardo García, festgenommen. Zur Begründung hieß es, er habe unerlaubt Staatsgüter im Auto transportiert. Gegen die ehemalige Kulturministerin im Kabintett Morales, Wilma Alanoca, hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl wegen "Anstiftung zu Gewalttaten" erlassen.

Währenddessen bereiten Parlamentarier und Vertreter der Putsch-Regierung Neuwahlen vor und verhandeln über das Prozedere. Beide Seiten haben Gesetzesprojekte vorgelegt, die nun in der Verfassungskommission des Senats diskutiert werden. Details sind bislang kaum bekannt. Laut einigen Medienberichten soll eine Einigung zwischen MAS- und Oppositionsabgeordneten im Parlament hinsichtlich der Wahl einer neuen Leitung der Wahlbehörde erzielt worden sein. Umstritten ist demnach vor allem das Wahlregister. Die MAS schlägt vor, jenes vom 20. Oktober mit den gleichen Organisationen und politischen Allianzen beizubehalten. Die Kandidaten für die Präsidentschaft und Vizepräsidentschaft sollen von den Organisationen und Bündnissen vorgeschlagen werden. Der Vorschlag der selbsternannten Regierung hingegen ist, den gesamten Prozess "bei Null" zu beginnen und die Allianzen der letzten Wahl zu beseitigen, um andere zu bilden.

Am Donnerstag hatte der Vizepräsident der Abgeordnetenkammer, der MAS-Politiker Henry Cabrera, gegenüber der Presse erklärt, es sei "die offizielle Position der MAS", für die nächsten Wahlen ein neues Duo für die Präsidentschaft anstelle von Morales und Linera zu bestimmen. Namen nannte er nicht, zeigte sich aber überzeugt von einem "überwältigenden Sieg mit jungen Anführern". Andere Berichte weisen jedoch auf noch ungelöste Differenzen innerhalb der MAS hin. So soll eine Fraktion um die Senatorin Adriana Salvatierra die Rückkehr von Morales und seine Teilnahme an den Wahlen fordern, während eine andere um die Senatspräsidentin Eva Copa dafür plädiere, "die Debatte zu öffnen, um das Land zu befrieden und weitere Tote zu verhindern".

Die De-facto-Regierung hat unterdessen am Freitag bei der Staatsanwaltschaft in La Paz formell Anzeige gegen Morales erstattet. Ihm werden Straftaten wie "Terrorismus und Aufruhr" vorgeworfen. In Interviews und Tweets sowie einem Video, auf dem ein angebliches Telefongespräch zwischen Morales und einem MAS-Aktivisten zu hören ist, habe er zum Aufstand und zu Gewaltaktionen aufgerufen. Morales wies die Anschuldigungen zurück und betonte, jedes Volk habe das Recht auf Widerstand gegen Putsch und Repression. Das Video sei eine "Montage".

Sein Vize Linera äußerte zu den Behauptungen, Morales und er schürten und leiteten die Proteste von Mexiko aus, diese würden weder per Telephon noch per Whatsapp oder Skype organisiert. "Das Ausmaß der Mobilisierung, vor allem in der Stadt El Alto, ist eine Sache, die nicht einmal mit uns nahestehenden Anführern zu tun hat. Es ist eine Explosion, die von unten kommt", erklärte der Politiker und fügte hinzu: "Wenn sie dich töten wollen, was kannst du tun, um dich zu verteidigen?"