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EU macht den Weg frei für Sanktionen gegen Regierungsvertreter Nicaraguas

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Soll nach dem Willen Oppositioneller ab dem 1. November den Druck auf Nicaraguas Regierung erhöhen: der designierte EU-Außenbeauftragte Borrell
Soll nach dem Willen Oppositioneller ab dem 1. November den Druck auf Nicaraguas Regierung erhöhen: der designierte EU-Außenbeauftragte Borrell

Straßburg/Managua. Der Rat der Europäischen Union hat am Montag einen Rahmen für mögliche gezielte Sanktionen gegen Vertreter der Regierung von Präsident Daniel Ortega beschlossen. Strafmaßnahmen sollen bei "einer Verschlechterung der Lage gegen Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen oder für die Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition verantwortliche Personen" verhängt werden. Dies kann Reisesperren oder die Verhinderung von Geldtransaktionen natürlicher oder juristischer Personen beinhalten.

In seiner Entscheidung, die aktuell keine direkten Sanktionen vorsieht, sondern im Hinblick auf eine Verstärkung des außenpolitischen Drucks getroffen wurde, erinnerte der Europarat an den politischen Konflikt seit April 2018 und "die Unterdrückung von politischen Gegnern, Demonstrationen, Medien und zivilgesellschaftlichen Organisationen durch Sicherheitskräfte". Die EU wolle sich für die Unterstützung einer friedlichen und auf dem Verhandlungsweg erzielten Lösung der Krise einsetzen und bei Bedarf auf die Verschlechterung der Menschenrechtslage und der Rechtsstaatlichkeit mit möglichen Sanktionen reagieren.

Einerseits wertet der Rat die Schritte der Regierung Nicaraguas bei den Verhandlungen Anfang des Jahres sowie bei der Freilassung von Gefangenen als positiv. Andererseits wirft er Ortega vor, dass sie das Amnestiegesetz ohne die Beteiligung der Regierungsgegner beschlossen habe und sich inzwischen einem Dialog mit diesen über die Änderung des Wahlgesetzes verweigere.

Dass gemeinsame Beschlüsse an der fehlenden Beteiligung der Regierungsgegner bei den vereinbarten Gesprächsterminen scheiterten, lassen die EU-Vertreter dabei außer Acht. Auch der aktuell mit der Einstellung der Tageszeitung Nuevo Diario wiederholte Vorwurf der Unterdrückung der Pressefreiheit ist nur schwer haltbar. Die Zeitung hatte seit ihrer Übernahme 2011 durch den Unternehmer Ramiro Ortiz und die Finanzgruppe Banpro Promerica nie Gewinne erwirtschaftet, und ihre Druckerei hatte inzwischen auch Probleme wegen strafrechtlicher Ermittlungen. Papier und Druckfarbe waren bei der Einstellung des Betriebs noch vorhanden.

Für die aus Angst vor der möglichen Verfolgung von Straftaten bei den Protesten ins Ausland geflüchteten Regierungsgegner scheint der fehlende gemeinsame Beschluss des Amnestiegesetzes kein Hinderungsgrund für ihre Rückkehr zu sein. Immer mehr Personen kommen aus den umliegenden Ländern zurück, so auch  "Studentenführer" Lesther Aleman, der mit seiner Forderung nach dem Rücktritt Ortegas beim Beginn der Verhandlungen 2018 internationale Berühmtheit erlangte. Er will auch wieder an politischen Aktionen gegen die Regierung mitwirken.

Die Gegner der Regierung, die mangels direkter Unterstützung der Bevölkerung im Land auf ausländischen Druck als Machtmittel angewiesen sind, begrüßten die Sanktionsdrohung des Europarates. Der Soziologe Óscar René Vargas erklärte gegenüber der Oppositionszeitung La Prensa, dass die EU mit ihrem neuen Vertreter für Außenpolitik, Joseph Borrell, ab dem 1. November konkrete Maßnahmen ergreifen müsse. Borrell habe kürzlich erklärt, die Krise in Nicaragua sei "schlimmer als die in Venezuela".