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Regierung in Kuba plant wirtschaftliche Dezentralisierung ab 2020

Strukturelle Probleme der Volkswirtschaft sollen überwunden und eine stärkere Eigenverantwortung der Staatsbetriebe gefördert werden

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Kubas Präsident Díaz-Canel (zweiter von links) gab bei der Abschlusstagung des Verbands der kubanischen Ökonomen wichtige Änderungen bekannt
Kubas Präsident Díaz-Canel (zweiter von links) gab bei der Abschlusstagung des Verbands der kubanischen Ökonomen wichtige Änderungen bekannt

Havanna. Der Volkswirtschaftsplan Kubas wird ab dem kommenden Jahr nicht mehr "von oben nach unten" durchgereicht. Dies gab Präsident Miguel Díaz-Canel bekannt. Stattdessen sollen die Arbeiter in den Staatsbetrieben vor Ort selbst die Ziele ihrer Unternehmen erarbeiten. Wie die Parteizeitung Granma berichtet, wird mit dieser weitreichenden Reform des Planungssystems eine spürbare Wiederbelebung des Staatssektors angestrebt.

Bei der Abschlusstagung des Verbandes der kubanischen Ökonomen am vergangenen Freitag kündigte Díaz-Canel umfangreiche Schritte an, mit denen sich die Wirtschaft des Landes trotz der 1961 verhängten und seitdem mehrmals verschärften Handels- und Finanzblockade der USA entwickeln soll. "Das Ende der Blockade liegt nicht in unseren Händen, weswegen wir uns auf den Teil konzentrieren müssen, den wir beeinflussen können: unsere eigene Intelligenz, Kreativität und unseren Einsatz", so der Präsident. Die Wirtschaftskader müssten künftig eine "proaktivere, intelligente und konkrete" Herangehensweise an den Tag legen, um "Lösungen zu fördern, und nicht zu behindern".

Die Stärkung der staatlichen Unternehmen sei "fundamentales Ziel" der Reform. Sie werden nach jeweiligen Sektoren von einer Dachorganisation geleitet (Organización Superior de Dirección Empresarial). Diese sollen künftig über mehr Autonomie gegenüber den Ministerien verfügen, eigene Investitionsentscheidungen treffen, Verträge abschließen, neue Wertschöpfungsketten bilden und so die vorherrschende "Import-Mentalität" überwinden helfen.

Mit der Reform des staatlichen Planungssystems, das bereits seit 2013 in mehreren Schritten umgesetzt wird und einen der radikalsten Paradigmenwechsel der kubanischen Planwirtschaft seit den 1960er Jahren darstellt, sollen zentrale Vorgaben von oben der Erarbeitung der Pläne von unten weichen. Wie Wirtschaftsminister Alejandro Gil im Fernsehen erklärte, werden die Arbeiter in den Staatsbetrieben ab 2020 selbst die Parameter und Ziele ihrer Unternehmen in die eigene Hand nehmen, anstatt wie bisher Direktiven aus dem Ministerium umzusetzen. Damit diese Maßnahmen erfolgreich sein können, sei allerdings "ein Mentalitätswandel erforderlich", wie Präsident Díaz-Canel betonte.

Bisher werden die Planziele auf Kuba im Ministerium für Wirtschaft und Planung zentral erarbeitet und dann an die jeweiligen Staatsbetriebe verteilt, um entsprechend den verfügbaren Zuteilungen umgesetzt zu werden. Auf künftige Vorgaben haben die Betriebe bisher nur wenig Einfluss. In Zukunft soll die Aggregation von unten nach oben erfolgen, wobei die Zentralbehörden weiterhin über wichtige Entscheidungsgewalt, beispielsweise bei der Zuteilung von Devisen verfügen. Nach welchem Mechanismus die Verteilung der weiterhin begrenzten Inputgüter an die Betriebe erfolgt, ist noch unklar. Die kommenden Monate dürften mit der Veröffentlichung der entsprechenden Gesetze für einen besseren Einblick sorgen.

Mit der Reform sollen strukturelle Probleme der Volkswirtschaft überwunden und eine stärkere Eigenverantwortung der Betriebe gefördert werden. Diese dürfen bereits seit 2015 die Hälfte ihrer Einnahmen selbst verwalten und Investitionen tätigen. Die Verschiebung der Planung auf die lokale Ebene sei eine "revolutionäre Maßnahme", erfordere jedoch "bewusstes Handeln", so Díaz-Canel. Damit soll nicht nur den Arbeitskollektiven vor Ort ein größeres Mitspracherecht bei der Erarbeitung des Plans gegeben werden, sondern auch eine effizientere Zuordnung und Verteilung der Ressourcen möglich werden. Auch "Korruption und Illegale Handlungen, wie der Diebstahl von Treibstoff" sollen damit zurückgedrängt werden, so Díaz-Canel.