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Mexiko: Immer mehr Migranten bleiben trotz Repression

Polizeigewalt gegen Migranten. "Tarjeta humanitaria" gewährt Aufenthalt für ein Jahr. Weiterhin viele Menschen ohne Dokumente

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Warten an einer Registrierungsstelle für die "tarjeta humanitaria": Immer mehr Migranten aus Zentralamerika bleiben in Mexiko
Warten an einer Registrierungsstelle für die "tarjeta humanitaria": Immer mehr Migranten aus Zentralamerika bleiben in Mexiko

Mexiko-Stadt. Für immer mehr Migranten ist Mexiko nicht nur Transitland in die USA, sondern der Zielort. Seit dem Amtsantritt des linken Präsidenten Andrés Manuel López Obrador sind die Zahlen der Anträge auf Asyl und Aufenthalt in die Höhe geschossen. Im nordmexikanischen Grenzort Piedras Negras schlossen die Behörden unterdessen ein bekanntes Migrantenrefugium. Hierbei wurden Gewalttaten durch die Polizei dokumentiert.

Rund 16.400 zentralamerikanische Migranten haben laut Zahlen des Nationalen Instituts für Migration (INM) seit dem 17. Januar den legalen Eintritt nach Mexiko ersucht. Hierbei haben viele Zentralamerikaner nicht nur Gebrauch vom Asylrecht gemacht, sondern auch die neue "tarjeta humanitaria" (humanitäre Karte) beantragt. Auf ein Jahr befristet gewährt diese das Rechte auf Bewegungsfreiheit und erlaubt das Arbeiten. Zentralamerikaner sind in Mexiko visapflichtig. Trotz der vermehrten Nutzung legaler Aufenthaltsmöglichkeiten wählen nach wie vor Tausende den undokumentierten Weg und setzen sich hierbei Gefahren in der Wildnis und Gewalt von Gangs und Sicherheitskräften aus.

Josep Herreros, Sicherheitsbeauftragter des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Mexiko, stellt fest: "Im Januar 2019 beantragten doppelt so viele Personen Asyl wie im gesamten Jahr 2014". Laut Herreros gingen einige Forscher davon aus, dass die antimigrantische Politik des US-Präsidenten Donald Trump ursächlich für den Wandel auf den nordamerikanischen Flüchtlings- und Migrantenrouten ist. Der von der mexikanischen Zeitung Intolerancia Diario interviewte Honduraner Juan ist ein Beispiel für die neue Entwicklung. Ursprünglich plante der 38-Jährige eine Reise bis in die USA. In Mexiko angekommen beantragte er jedoch die "tarjeta humanitaria". "Jetzt suche ich nach Arbeit", sagt er der Zeitung auf dem Weg nach Mexiko-Stadt: "Ich nehme das, was ich finde. Wenn es Müllsammeln ist, dann ist es Müllsammeln".

Gleichzeitig werden aus dem gesamten Land repressive Maßnahmen gegen Migranten gemeldet. An der Südgrenze Mexikos, nahe dem Ort Suchiate im Bundesstaat Chiapas, wurde eine Gruppe von 200 Migranten von Sicherheitskräften festgenommen und anschließend in das Migrantengefängnis Siglo 21 gebracht. Dort wurden in der Vergangenheit vermehrt Gewalttaten gegenüber Migranten dokumentiert und es kam zu Suiziden von Inhaftierten.

Sonia Eloína Hernández Aguilar, die Bürgermeisterin von Suchiate, macht auf die schwierige Situation in der armen Grenzstadt aufmerksam. "Unser Herz ist offen um zu helfen, unsere Kommune verfügt jedoch nicht über die notwendigen Ressourcen", klagt sie an. Die Kommune hatte in der Vergangenheit auch aus dem Ausland humanitäre Hilfe beantragt, um die ankommenden, durchreisenden und bleibenden Menschen versorgen zu können.

Aus der nordmexikanischen Grenzstadt Piedras Negras wurde unterdessen die zwangsweise Schließung einer bekannten Migrantenherberge gemeldet. Laut der internationalen Organisation für medizinische Nothilfe, Ärzte ohne Grenzen, wurden dort um die 1.700 Menschen von Polizisten über mehrere Tage in einer Unterkunft festgesetzt. Menschenrechtsbeobachtern und Ärzten wurde der Zutritt verwehrt. Als es zu einer Demonstration von Migranten kam, wurde diese gewalttätig durch die Sicherheitskräfte beendet. Die Migranten wurden daraufhin in verschiedene Städte abtransportiert.

Von der US-amerikanischen Seite der Grenze wurde unterdessen der Tod eines 45-jährigen Mexikaners gemeldet. Der Mann wurde von Grenzpolizisten verhaftet, nachdem er medizinische Hilfe einforderte. Er verstarb im Krankenhaus von McAllen in Texas. Es ist der dritte Todesfall eines Migranten unter Aufsicht von US-Grenzbehörden alleine in diesem Jahr.