Mexiko / Umwelt

Trotz Pipeline-Katastrophe genehmigt Regierung von Mexiko Erdölbohrung

Explosion forderte mindestens 128 Toten. Weitere Bohrungen im Golf von Mexiko geplant. Kritiker fordern Energiewende

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Dos Bocas im südlichen Mexiko, hier soll demnächste die Erdölförderung noch gesteigert werden
Dos Bocas im südlichen Mexiko, hier soll demnächste die Erdölförderung noch gesteigert werden

Puerto Dos Bocas, Mexiko. Die Zahl der Toten infolge der Explosion einer angezapften Erdöl-Pipeline am 18. Januar im mexikanischen Bundesstaat Hidalgo ist inzwischen auf 128 angestiegen, mindestens 19 Verletzte werden noch im Krankenhaus behandelt. Der Gouverneur von Hidalgo, Omar Fayad, erklärte, dass es noch Wochen bis Monate dauern könne, bis alle Toten identifiziert seien, und dass hierzu möglicherweise auch ausländische Hilfe hinzu gezogen werde. Die neue mexikanische Regierung unter Präsident Andrés Manuel López Obrador hatte bereits im Dezember erste Schritte eingeleitet, um das illegale Anzapfen von Ölpipelines der staatlichen Erdölfirma Petróleos Mexicanos (Pemex) zu unterbinden. Mexiko entstehen dadurch jährlich Verluste in Millionenhöhe. Gleichzeitig versprach López Obrador, Sozialprogramme für die Familien sogenannter "Huachicoleros" zu erweitern. Das sind Personen, die illegal Treibstoffleitungen anzapfen und dabei ihr Leben riskieren.

In dieser Situation andauernder Katastrophenbewältigung wurde publik, dass die staatliche Erdölkommission (Comisión Nacional de Hidrocarburos) der von Korruption und Erdöldiebstahl gebeutelten Pemex eine neue marine Erdölbohrung im Golf von Mexiko genehmigt hat. Das neu entdeckte Erdölvorkommen namens Zama liegt in seichtem Gewässer rund 60 Kilometer nordwestlich der Küstenstadt Dos Bocas im Bundesstaat Tabasco, in der Präsident López Obrador im Dezember 2018 den Grundstein für den Bau der siebten mexikanischen Erdölraffinerie gelegt hatte. Es ist eines der größten Erdölvorkommen, die in den letzten fünf Jahren weltweit neu entdeckt wurden. Die Probebohrung namens Asab 1-EXP soll Ende Februar beginnen und liegt nur 180 Meter von den Grenzen eines Bohrgebiets entfernt, das einem Konsortium unter der US-Firma Talos Energy, der mexikanischen Sierra Oil and Gas und der britischen Premier Oil zugewiesen sind. Dieses hatte entdeckt, dass im Ölbrunnen Zama bis zu zwei Milliarden Barrel Erdöl vorkommen.

Die Verstaatlichung des Erdöls unter Präsident Lázaro Cárdena im Jahr 1938 hatte Mexiko zunächst wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht. Durch die Energiereform von 2013 war nach Angaben von Prensa Latina die Erdölförderung derart ins Stocken gekommen, dass das Land vom Erdöl-Produzenten zum Importeur von täglich 600.000 Litern Erdöl wurde – das sind rund drei Viertel des Bedarfs. Ebenso waren in den letzten Jahren die mexikanischen Raffinerien mangels Investitionen in technologische Neuerungen verfallen.

Präsident López Obrador hatte im Dezember einen Nationalen Raffinerieplan vorgestellt und als Ziel genannt, dass Mexiko im Jahr 2024 eine Erdölproduktion von 2.400.000 Barrel erreichen und wieder genügend Benzin zur Deckung des internen Bedarfs raffinieren wolle. Die mexikanische Regierung strebt an, durch den Bau von neuen und die Modernisierung von alten Raffinerien wieder eine Selbstversorgung der mexikanischen Wirtschaft zu niedrigen Benzinpreisen zu erreichen.

Währenddessen kritisieren Umweltorganisationen wie Greenpeace Mexiko seit Jahren, dass es durch Bohrunfälle immer wieder zu einer gravierenden Verschmutzung des Golfs von Mexiko gekommen ist. So hatte die Explosion der Ölplattform Deep Water Horizon der britischen Ölfirma BP im Golf von Mexiko 2010, bei der rund 800 Millionen Liter das Meer verseuchten, eine der schwersten marinen Umweltkatastrophen ausgelöst. Umweltverbände fordern daher von der mexikanischen Regierung, sich von ihrem fossilen, nicht-nachhaltigen Energiemodell abzukehren, da es den Klimawandel beschleunige.