Bolivien: Deutsche Firmen "strategische Partner" für Lithium-Industrialisierung

YLP und deutsches Konsortium gründen Joint Venture. Bald weitere Verträge mit China und Russland. Regierung will Wertschöpfungskette im Land aufbauen

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Bolviens Vizepräsident García Linera und Thüringens Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Tiefensee (stehend hinten) bei der Unterzeichnung des Vertrages
Bolviens Vizepräsident García Linera und Thüringens Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Tiefensee (stehend hinten) bei der Unterzeichnung des Vertrages

La Paz. Boliviens Regierung hat mit einem Konsortium aus den deutschen Unternehmen ACI-Systems und K-Utec ein Joint Venture für die Industrialisierung und Kommerzialisierung von Lithiumvorkommen vereinbart. Das Staatsunternehmen Bolivianische Lithiumvorkommen (Yacimientos de Litio Bolivianos, YBL) hat am 5. Oktober einen entsprechenden Vertrag mit beiden Firmen geschlossen. Drei Fabriken sollen gebaut und 1,2 Milliarden US-Dollar investiert werden.

Boliviens Vizepräsident Álvaro García Linera erklärte bei der Unterzeichnung in La Paz, das gemeinsame Unternehmen werde in Uyuni eine Lithiumhydroxid-Anlage zur Produktion von Kathoden und Lithium-Ionen-Batterien einrichten. Der bolivianische Staat sei über YLB mit 51 Prozent beteiligt. Bis Dezember dieses Jahres werde die Satzung für das Joint Venture ausgearbeitet und ein entsprechendes Dekret der Regierung erlassen.

Die Zusammenarbeit sei "von enormer strategischer Bedeutung für beide Seiten" und für Europa, sagte der in La Paz ebenfalls anwesende Wirtschafts- und Wissenschaftsminister von Thüringen, Wolfgang Tiefensee. Den bolivianischen Partnern sei zugesagt worden, dass die Gewinnung und Verarbeitung des Lithiums "nicht nur auf dem neuestem Stand der Technik, sondern auch sozial- und umweltverträglich erfolgt." So sollten beispielsweise regenerative Energien genutzt und eine dezentrale Stromversorgung aufgebaut werden. Geplant sei zudem, dass eine Fabrik zur Produktion von Batteriezellen für den südamerikanischen Markt errichtet wird. Ein weiterer wesentlicher Punkt sei der Wissenstransfer, der durch die Ausbildung und Qualifizierung der bolivianischen Mitarbeiter erfolge.

In der Pressemitteilung der Firma ACI-Systems zu dem Joint Venture heißt es, der Salar de Uyuni in den Anden im Südwesten Boliviens sei "die derzeit größte bekannte Lagerstätte für Lithium." Der bolivianische Staat baue eine Wertschöpfungskette auf, um das Rohstoffvorkommen industriell zu nutzen. Die Industrialisierung solle durch die Gewinnung und Herstellung von Rohstoffen aus Restsole, den Aufbau von Fertigungskapazitäten und die Produktion von Kathodenmaterial und Batteriesystemen in Bolivien sowie deren Vermarktung erfolgen. Durch diese bolivianisch-deutsche Partnerschaft erhalte auch Deutschland "Zugriff auf den begehrten Rohstoff Lithium", so ACI-Systems weiter.

Lithium wird unter anderem in Akkus von Computern, Mobiltelefonen und Elektro-Autos eingesetzt. Laut dem Lithium-Report 2018 der Swiss Resource Capital AG wird die Nachfrage in den kommenden fünf Jahren um etwa 100 Prozent und darüber hinaus noch weitaus höher ansteigen. Die Studie "Rohstoffe für Zukunftstechnologien" des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung von 2016 schätzt, dass sie bis 2035 vor allem durch die Elektro-Mobilität stark zunimmt. Der zusätzliche Bedarf allein für die Elektro-Autos wird auf das 3,5-fache der heutigen globalen Lithiumproduktion geschätzt.

Umweltschützer warnen indes vor großen Schäden bei der Lithiumgewinnung. In Chile etwa wirke sie sich bereits direkt auf die Wasserreserven aus. Die Förderung der Lake aus dem Grundwasser führe dazu, dass der Spiegel sinkt und nicht nur die Flussläufe, sondern auch Wiesen und Feuchtgebiete austrocknen. Grund dafür sei das gezielte Verdampfen des Wassers zur Erhöhung der Lithium-Konzentration in den riesigen Becken, ohne eine Vorkehrung, es aufzufangen oder wieder dem Grundwasser zuzuführen, so die Umweltschutzorganisation Global 2000.

Bolivien verfügt nach Angaben des Vize-Energieministers Luis Echazú durch den Salzsee von Uyuni auf 3.600 Meter Höhe mit über 10.000 Quadratkilometern über eine Salzpfanne, die mit ungefähr zehn Milliarden Tonnen eines der weltgrößten Lithiumvorkommen birgt. Die Regierung werde in den kommenden Wochen weitere Partner für Joint Ventures auswählen, um die Industrialisierung dieser Ressource voranzubringen. Dabei gehe es um die Erschließung von Vorkommen in Coipasa im Departamento Oruro und Pastos Grandes in Potosí, an der chinesische und russische Unternehmen interessiert sind, informierte Echazu.

Präsident Evo Morales hat stets betont, bei den wirtschaftlichen Plänen seiner Regierung sei das Hauptaugenmerk darauf gerichtet, die Wertschöpfungskette im Land selbst aufzubauen, um die traditionelle Ausplünderung der Rohstoffe durch multinationale Konzerne zu überwinden. Dabei sei die Kooperation mit den Ländern, die technologisch fortgeschritten sind, hoch willkommen: "Als Partner, nicht jedoch als Eigentümer und Herren", so Morales.