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Polizeigewalt bei Protesten gegen Giftwolke in Chile

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Umweltministerin Schmidt bei einem Besuch in Quintero, Chile
Umweltministerin Schmidt bei einem Besuch in Quintero, Chile

Quintero/Puchuncaví, Chile. In Chile ist es bei Protesten gegen eine Giftwolke aus einem Industriegebiet in der Hafenstadt Quintero nach Agenzeugenberichten zu heftigen Angriffen der Polizei auf protestierende Anwohner gekommen. Seit mehreren Wochen leidet die Bevölkerung in den Küstengemeinden Puchuncaví und Quintero unter einer mysteriösen Giftwolke. Der Regierung gelang es bislang nicht, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Nachdem sie für mehrere Tage den Schulunterricht suspendierte, öffnete sie am Dienstag vergangener Woche erneut die Schulen. Da allerdings am selben Tag mehrere Schüler mit Vergiftungserscheinungen ins lokale Krankenhaus kamen, sah sich die Regierung dazu gezwungen, den Unterricht erneut bis auf Weiteres auszusetzen. Seitdem radikalisiert sich die Bewegung in den Gemeinden. Es finden Straßenblockaden und Schulbesetzungen statt.

Um ihren Unmut gegenüber der Regierung zu zeigen, mobilisierten soziale Organisationen am Samstag zu einer Demonstration. Bei dieser kam es zum Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas gegen, laut den Organisatoren, friedliche Demonstranten. So wurde unter anderem ein Polizist dabei fotografiert, wie er Steine auf friedliche Menschen warf. Kameraleute wurden gezielt angegriffen und festgenommen. Unter ihnen befand sich Ricardo Quero. Der Fotojournalist lebt in Puchuncaví und fotografiert seit Beginn der Proteste die Geschehnisse. Als Nicole Varas, seine Freundin, einschreiten wollte wurde sie ebenfalls festgenommen, sie ist im achten Monat schwanger. In einem Brief an die Medien, der amerika21 vorliegt, schreibt sie, sie sei "mehrmals von der Polizei im Gesicht geschlagen worden". Nach einer Stunde im Kommissariat wurde sie wieder freigelassen.

Nach den Vorfällen vom Wochenende kündigten die sozialen Organisationen der Gemeinden an, sie würden "die Verhandlungen mit den regionalen Regierungsvertreten beenden". Grund sei auch die Gewalt vom vergangenen Samstag. Wegen der anhaltenden Proteste stationierte die Regierung vor Ort Spezialkräfte der Polizei. Die Organisationen beurteilen diese Maßnahmen "als Einschüchterung und unnötige Invasion der Polizei in unsere Gemeinden". Sie wollen fortan nur noch mit Ministern und Präsident Sebastián Piñera persönlich reden.

Derweil kündigte die Regierung Ermittlungen zu den Gasterminals des spanischen Unternehmen  GASMAR an. In einem Interview im Fernsehsender Tele13 bestätigte Umweltministerin Carolina Schmidt, man habe die Quelle der giftigen Gase bis dato nicht ausfindig machen können. Derzeit misst die Regierung erstmals selber die Luftqualität in den Gemeinden und unterstützt mit zusätzlichen Ärzten und Medikamenten das örtliche Krankenhaus. Die Ärztekammer ruft indes dazu auf, Kinder und schwangere Frauen aus der Krisenzone zu evakuieren, da sonst gesundheitliche Schäden zu befürchten seien.