Turbulenter Wahlkampf in Brasilien, Militär bezieht Stellung gegen Linke

Arbeiterpartei nominiert Fernando Haddad als Kandidaten für das Präsidentenamt. Armeechef gegen Kandidatur von Lula da Silva

brasil_lula_da_silva_wahlkampf.jpg

Wandgemälde von Lula da Silva: Der beliebte Politiker wurde inhaftiert und darf bei den Wahlen im Oktober nicht antreten
Wandgemälde von Lula da Silva: Der beliebte Politiker wurde inhaftiert und darf bei den Wahlen im Oktober nicht antreten

Brasília. Bei der Präsidentenwahl in Brasilien im Oktober will der ehemalige Bürgermeister der Metropole São Paulo, Fernando Haddad, für die linksgerichtete Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) antreten. Dies gab die PT am gestigen Dienstag offiziell bekannt. Der bislang landesweit wenig bekannte Haddad ersetzt Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der wegen Korruption in einem international kritisierten Politprozess zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde und daher nicht antreten kann. Bislang stand Haddad als Vize von Lula auf den Wahlzetteln.

Seit das Oberste Gericht die Kandidatur des inhaftierten da Silva untersagt hat, gilt der ultrarechte Ex-Militär Jair Bolsonaro als neuer Favorit. Lula lag in den Umfragen zuletzt trotz Gefangenschaft zwischen 30 und 40 Prozent, Bolsonaro schaffte maximal 24 Prozent. Nach der endgültigen Blockade der Kandidatur Lulas durch die Justiz hat die Koalition aus Arbeiterpartei (PT), Kommunisten (PCdoBrasil) und der Partei Pros nun Haddad zu ihrem Präsidentschaftskandidaten ernannt.

Auf Drängen des Wahlkampfteams Bolsonaros hat das Oberste Wahlgericht zudem ein Werbevideo der Arbeiterpartei verboten. In dem Spot rufen Menschen: "Ich bin Lula" und tragen dabei eine Maske mit dem Gesicht des Ex-Präsidenten. Fernando Haddad sagt in dem Spot: "Nichts kann verhindern, dass Lula das Land führt, denn wir sind Millionen Lulas."

Der 63-jährige Kandidat Bolsonaro, der sich nach einem Messerstich in den Bauch bereits auf dem Weg der Besserung befand, muss sich im Albert-Einstein-Krankenhaus in São Paulo einer zweiten Operation unterziehen. In der Öffentlichkeit will er keine Wahlkampfauftritte mehr absolvieren.

Nach der Attacke auf den Ex-Militär hat sich der brasilianische Armee-Chef General Villa Boas in einem Zeitungsinterview politisch eindeutig gegen Lula da Silva positioniert: Es sei das "schlimmste Szenario", wenn ein Präsident gewählt würde, gegen den eine gerichtliche Untersuchung laufe. Politische Kommentatoren in Brasilien entgegnen darauf, dass Bolsonaro, der die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht, auch kein Kandidat sein dürfe, da gegen ihn ebenfalls wegen Korruption ermittelt wird.

Die Arbeiterpartei reagierte konsterniert auf die Äußerungen des Armeechefs: "Es ist schwerwiegend, dass sich ein derart hochrangiger Militär direkt in den Wahlkampf einmischt. So etwas ist seit den dunkelsten Jahren der Diktatur nicht mehr geschehen", heißt es in der ausführlichen Stellungnahme der PT.

Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hatte den brasilianischen Staat bereits deutlich gemahnt, Lula als Präsidentschaftskandidat zuzulassen, nachdem ihn ein fragwürdiger Prozess ins Gefängnis gebracht habe. General Villa Boas bezeichnete das Urteil der UNO daraufhin als "Versuch, unsere nationale Souveränität zu verletzen". Die Arbeiterpartei erklärt hingegen, die Menschenrechtskommission habe bestätigt, dass Lula da Silva ein legitimer Präsidentschaftskandidat ist, obwohl ihm brasilianische Gerichte mehrmalige Absagen erteilt haben.