Kolumbien / Soziales

Skandal um Stausee in Kolumbien: Massenvertreibung und Pfusch

hidroelectrico_ituango_kolumbien.jpg

Das Stauseeprojekt Hidroituango in in Antioquia, Kolumbien
Das Stauseeprojekt Hidroituango in in Antioquia, Kolumbien

Medellín. In den letzten Wochen sind wegen des Risikos des steigenden Cauca-Flusses 25.234 Menschen evakuiert worden. Verantwortlich dafür ist das Stauseeprojekt Hidroituango.

Die Gemeinden Valdivia, Puerto Antioquia, Cáceres und Tarazá mussten aufgrund des erhöhten Wasserdurchflusses durch einen der Umleitungstunnel einer präventiven Evakuierungsanordnung folgen. Angesichts dieser Situation wurde am Montag für diese vier Gemeinden ein neuer Räumungsbefehl erlassen. Weitere acht Dörfer befinden sich in der Risikozone des Hidroituango-Staudamms in Antioquia.

Der vom Industrie- und Handelsunternehmen im Besitz der Gemeinde Medellín Empresas Públicas de Medellín (EPM) betriebene Staudamm wird die Überschwemmung von 4. 500 Hektar tropischem Trockenwald  in einer Region verursachen, in der sich zudem noch rund 2.000 Gräber mit Leichen von Verschwundenen befinden.

Kurz nach Bekanntwerden des Anstiegs des Flusses wurden Dokumente über das Wasserkraftprojekt und den Bau des Staudamms, das Kraftwerk und die damit verbundenen Arbeiten auf der Website des Hauptinvestors Empresas Públicas de Medellín gelöscht. Dies verstößt laut kolumbianischen Journalisten gegen das Gesetz Nr. 594 aus dem Jahr 2000, das "die Vernichtung jeglicher Aufzeichnungen verbietet, die das Nachvollziehen von Institutionen möglich macht". Offenbar sind für das Ansteigen des Flusses und für die Massenevakuierungen Mängel am Bau des Stausees verantwortlich.

Aufgrund von Unregelmäßigkeiten beim Bau besteht nun die Wahrscheinlichkeit, dass die EPM das Kraftwerk nicht nach Zeitplan übergeben und in Betrieb nehmen können. Von Hidroituango soll ab 2019 unter der Betreiberfirma Electricaribe die Stromversorgung an der Atlantikküste abhängen.

Der Notfall am Hidroituango ist noch lange nicht unter Kontrolle, berichten lokale Medien. Der unerwartete Anstieg soll das Maschinenhaus des Stausees geflutet und die drei Umleitungstunnel für den Notfall durchbrochen haben. Diese Tunnel sind laut Augenzeugenberichten nur mit Beton verschüttet worden.

Vor diesen Gefahren warnen soziale Bewegungen bereits seit Monaten. Sie protestieren gegen die Flutung und hatten dafür auch Unterstützung aus dem Europa-Parlament bekommen.

Am Morgen einer der ersten Demonstrationen gegen die Flutung ist ein Mitglied der Umweltorganisation Ríos Vivos ermordet worden: Am 2. Mai wurde Hugo Albeiro George Pérez von der Vereinigung der Opfer und Betroffenen von Megaprojekten, erschossen. Er hinterließ eine Familie mit zwölf Kindern. Der Mord fand während der Mobilisierung statt, die am selben Tag in den Morgenstunden begann.