OAS uneins zu Venezuela, Gewalt bei Protesten beschäftigt Justiz

Rechtsregierte Staaten verfehlen notwendige Mehrheit für Resolution gegen Regierung von Präsident Maduro. Ermittlungen wegen Gewalt in Venezuela

Washington/Caracas. Bei der Sitzung der Außenminister der Mitgliedsländer der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zur Lage in Venezuela am Montag ist erneut keine Einigung zustande gekommen. Ein von Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Kanada, Kolumbien, Mexiko, Panama, Paraguay, Peru, USA und Uruguay eingebrachter Resolutionsentwurf, in der die sozialistische Regierung von Präsident Nicolás Maduro unter anderem aufgefordert wird, die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung "zu überdenken", erhielt nicht die notwendige Mehrheit der Stimmen: Nur 20 der 34 OAS-Staaten waren dafür, damit wurde die notwendige Anzahl von 23 Stimmen verfehlt. Einige Karibikstaaten sowie Nicaragua und Bolivien stimmten gegen das Papier, acht Staaten enthielten sich, darunter Ecuador, Haiti, die Dominikanische Republik und El Salvador. Ein zweiter Resolutionsentwurf, der von San Vincente vorgelegt wurde, erreichte ebenfalls keine Mehrheit. Die Sitzung wurde ergebnislos abgebrochen. Venezuela hatte sich zuvor bereits von dem Treffen zurückgezogen.

Entgegen seiner Ankündigung erschien US-Außenminister Rex Tillerson nicht zur jährlichen OAS-Generalversammlung, stattdessen leitete Unterstaatssekretär John Sullivan die US-Delegation. Tillerson müsse sich "auf die Krise im Zusammenhang mit Katar konzentrieren", hieß es aus Washington. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor seinen Chefdiplomaten beauftragt, mit lateinamerikanischen Ländern zusammenzuarbeiten, um "die Diskussionen über Venezuela bei diesem wichtigen Treffen voranzutreiben". Trump sei nach wie vor "sehr besorgt" über die Situation in Venezuela, hieß es aus dem Weißen Haus.

Während Venezuelas Regierung das Scheitern der Resolutionen als "Sieg" feierte, schrieb Henrique Capriles, führender Oppositionspolitiker und Gouverneur von Miranda, im Kurznachrichtendienst Twitter: "Die große Mehrheit des Kontinents steht hinter uns Venezolanern und wir werden weiterkämpfen, um eine demokratische Lösung zu finden".

In Venezuela dauert indes die Diskussion über die Gewalt oppositioneller Demonstranten und staatlicher Organe an. Über den Kurznachrichtendienst Twitter verurteilte der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Tarek William Saab, den gewaltsamen Tod eines 17-Jährigen während einer Demonstration gegen die Regierung. Der Demonstrant Fabian U. war bei dem Protestmarsch am Montag auf der Stadtautobahn von Caracas von einer Kugel in den Oberkörper getroffen worden und an der Verletzung gestorben.

Saab, der selbst der regierenden sozialistischen Partei (PSUV) angehört, sicherte zu, dass Vertreter seines Büros bei der Autopsie zugegen sein werden, um die Gründe des Mordes aufzuklären. Zugleich erklärte er, dass zwei Angehörige der Nationalgarde wegen ihrer mutmaßlichen Verantwortung für die tödlichen Schüsse vorläufig festgenommen wurden. Die Weisung dazu sei wegen "ungerechtfertigten Einsatzes von Schusswaffen" aus den jeweiligen Kommandos ergangen. Es gehe nun darum, den Zwischenfall aufzuklären, bei dem fünf weitere Personen verletzt wurden.

Der Menschenrechtsbeauftragte forderte die Sicherheitskräfte erneut auf, sich während der andauernden Proteste zurückhaltend zu verhalten. 

Saab hatte Anfang dieses Monats einen gut 100-seitigen Bericht zu den Protesten vorgelegt, in dem sein Büro zu Gewalttaten im Zuge der laufenden Proteste Stellung bezieht. In den damals zwei Monaten der Antiregierungsproteste waren bis dahin 52 Menschen in direktem Zusammenhang mit den Demonstrationen ums Leben gekommen; weitere 13 Personen verloren bei Plünderungen ihr Leben. Beachtlich sei, sagte Saab bei der Präsentation, dass 78 Prozent der 52 Todesfälle in nur fünf Teilstaaten vorgefallen sind: Barinas, Lara, Miranda, Táchira und Carabobo. Zehn Personen hätten durch Aktionen der Polizei ihr Leben verloren. In drei Fällen sei die Nationalgarde verantwortlich, in zwei Fällen die Nationalpolizei, in zwei weiteren Fällen die Polizei des Staates Carabobo, in je einem die Polizei des Staates Táchira, Bolívar und des Verwaltungsbezirks Sucre. Die Mehrheit der Toten geht demnach nicht auf das Konto von Regierung oder Sicherheitskräften. Das Gegenteil wird von der Opposition im Land und international lanciert.

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