Paramilitärs bemächtigen sich der ehemaligen Farc-Zonen in Kolumbien

Farc-Guerilla und Gemeinden berichten über zunehmende Präsenz, Drohungen und Morde von paramilitärischen Organisationen. Regierung negiert deren Existenz

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Die Einwohner klagen, dass die Paramilitärs sie überwachen, drangsalieren und Basisaktivisten töten
Die Einwohner klagen, dass die Paramilitärs sie überwachen, drangsalieren und Basisaktivisten töten

Bogotá. Gemeinden in ehemals von der Farc-Guerilla kontrollierten Gebieten sind wegen des zunehmenden Eindringens der Paramilitärs in den vergangenen Wochen alarmiert. Es handelt sich um hunderte uniformierte bewaffnete Männer hauptsächlich der sogenannten Gaitán-Selbstverteidigungsgruppen (AGC), die unmittelbar, nachdem die Rebellen sich in die Entwaffnungszonen begeben haben, die verlassenen Gebiete besetzten. Die Einwohner klagen, dass die Paramilitärs sie überwachen, sie mit dem Tod bedrohen, Ausganssperren verhängen und Basisaktivisten töten, ohne dass sie vom Militär daran gehindert werden.

So berichtet die Friedensgemeinde Cavida am Fluss Cacarica, dass sie AGC-Männer in mehreren Zonen der Region gesehen habe. Sie bewegten sich seit Dezember in Gruppen von 60, 70, 200 und 300 Mann und seien mit Lang- und Kurzwaffen sowie Funkgeräten ausgerüstet. Anfang Januar hätten sie zwei Gemeindemitglieder ermordet. Ende Januar seien sie mit Geschenken für die Kinder gekommen. Die Paramilitärs sagten, sie seien nicht zum Töten da, sondern um die Bevölkerung zu unterstützen und deuteten an, Waldwege bauen zu wollen.

Auch der Bauernverband Ascsucor hat über die Zunahme von 160 auf 400 Paramilitärs im Süden des nördlichen Departamento Córdoba sowie die Morde an vier Basisaktivisten im Januar geklagt. Die Opfer hatten sich für die Umsetzung der im Friedensabkommen festgelegten Landreform und für die Ersetzung von Koka-Anbau engagiert. Laut Zeugen verteilten die Paramilitärs gerade Koka-Saatgut an Kleinbauern der Region.

In der Wasserkraftregion von Ituango im Nordosten des Departamento Antioquia sollen kriminelle Strukturen in Zusammenarbeit mit der AGC eingedrungen sein, berichtet eine Friedensgruppe. Die Paramilitärs hätten mit dem Tod derjenigen gedroht, die an der Umsetzung der Friedensvereinbarungen mit den Farc teilnehmen, prangert die 18. Einheit dieser Guerilla an. Nahr Ituango, in der Goldbergbauregion Bajo Cauca, wurden im Januar sechs Basisaktivisten ermordet. Dort unterstütze das Militär laut Aussagen von Einwohnern die illegale Goldgewinnung der Paramilitärs mit Dynamit.

Im südwestlichen Departamento Cauca, nahe der Entwaffnungszone Pueblo Nuevo, treten seit kurzem schwarz gekleidete vermummte Männer auf, die Uhrzeiten bestimmen, nach denen sich der private und öffentliche Verkehr zu richten hat. Die Farc-Rebellen, die in der Entwaffnungszone Brisas im westlichen Departamento Chocó sind, berichten ebenfalls, dass das gesamte Gebiet von Paramilitärs kontrolliert ist. Die Leute, die sie bis Brisas transportiert haben sowie die Bauarbeiter, die das Übergangslager eingerichtet haben, müssten den Paramilitärs Geld geben, damit sie ihren Job machen dürften, so die 57. Einheit der Farc.

Die Paramilitärs haben sich auch in anderen Entwaffnungsregionen der Departamentos Guaviare, Nariño, Norte de Santander und Tolima ausgebreitet. In diesem Jahr haben sie bereits 17 Basisaktivisten landesweit ermordet. Auf die Übernahme der ehemals von den Farc kontrollierten Gebieten durch bewaffneteGruppen wie die Paramilitärs hat die UN-Beobachtungsmission Ende Dezember hingewiesen. Die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos gibt zwar zu, dass kriminelle Strukturen diese Gebiete in Besitz genommen haben, spricht aber nicht von Paramilitärs, da die Regierung nicht anerkennt, dass es sie gibt.

Als besonders gravierend sehen Basisorganisationen der sozialen Bewegungen wie die Marcha Patriótica an, dass der Generalstaatsanwalt und der Verteidigungsminister den systematischen Charakter der Mordwelle der vergangenen Monate gegen Aktivisten bestreiten. Für sie hätten die Morde nichts miteinander zu tun.

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