Anhaltender Protest in Peru gegen Ölverseuchung

Neunte Ölleckage in diesem Jahr in indigenen Gemeinden im Nordosten Perus. Protestaktionen gegen Kontaminierung im Amazonasgebiet gehen in die achte Woche

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Indigene Gemeinden protestieren seit dem 1. September in Saramurillo im Nordosten von Peru gegen die Verseuchung ihres Landes durch Erdöl
Indigene Gemeinden protestieren seit dem 1. September in Saramurillo im Nordosten von Peru gegen die Verseuchung ihres Landes durch Erdöl

Loreto, Peru. In Peru setzen Dutzende indigene Gemeinden ihren Widerstand gegen die Verseuchung ihres Landes durch Erdöl fort. Öllecks am 21. August von rund 4.000 Fässern (à 159 Liter) in einen Kanal hatten die Proteste in Saramurillo ausgelöst. Infolge erneuter Leckagen am 23. Oktober – bereits der neunten in diesem Jahr – und Schüssen auf Demonstrierende nehmen die Spannungen zu.

Hunderte Menschen protestieren seit dem 1. September in Saramurillo am Ufer des Flusses Marañón in der Region Loreto im Nordosten Perus. Seit Anfang Oktober blockieren sie auch die Flusspassage von Schiffen mit Erdöl und Brennstoff-Nachschub, um den öffentlichen Druck zu erhöhen. Die Demonstrierenden wollen, dass der Notstand am Unterlauf des Marañón ausgerufen wird, wo seit Jahren unkontrollierte Erdöl-Austritte das Land indigener Gemeinden verseucht haben. Sie fordern eine unabhängige Untersuchung des Rohrleitungsnetzes und den Austausch defekter Rohre. Zudem wollen sie eine Sanierung der kontaminierten Flächen und die Restaurierung der Ökosysteme, eine Entschädigung für erlittene Nachteile, die Verabschiedung eines Umweltmonitoring-Gesetzes sowie die Schaffung einer Wahrheitskommission, um die Erdölbohrungen und ihre Auswirkungen auf Anwohner und Umwelt zu untersuchen. Rund 20.000 Indigene sind von den Öl-Leckagen betroffen.

"Wir wollen eine Debatte über die Erdölausbeutung in Amazonien, weil sie nicht nachhaltig ist", so José Fachín, Koordinator der Vereinigung der protestierenden Gemeinden von Alto Tigre.

Verhandlungen mit Regierungsvertretern am 11. und 12. Oktober führten zu keinem Ergebnis. Die Protestierenden insistieren, dass Präsident Pedro Pablo Kuczynsky oder zumindest Minister seines Kabinetts anreisen, um sich ein Bild vom Ausmaß der Verseuchung zu machen.

Die angespannte Situation verschärfte sich zusätzlich, als drei Mitarbeiter eines Transportschiffs am 23. Oktober auf die Protestierenden schossen und einen Aktivisten verletzten. Den Demonstrierenden gelang es, die Täter zu überwältigen und den Behörden zu übergeben.

Die staatliche Erdölfirma Petroperú schiebt die Leckagen im Rohrleitungssystem auf Vandalismus. Die Regierungsbehörde zur Überwachung der Infrastruktur und Investitionen im Energiebereich hat sich nicht dazu geäußert.

Bei Saramurillo am Marañón-Fluss liegt seit den 1970er-Jahren die Pumpstation der 845 Kilometer langen nordperuanischen Erdöl-Pipeline (Oleoducto Norperuano). Der Fluss ist von Bergbau-Abwässern verschmutzt, die am Anden-Ostabhang ins Einzugsgebiet des Río Ucayali und später in den Amazonas einmünden. Zudem werden auch die Abwässer der ältesten Erdölfelder Amazoniens "Bloque 192" und "Lote 8" eingeleitet.

Mit Ausnahme weniger Gemeinden, die inzwischen zeitweise Anlagen zur Trinkwasserbehandlung haben, haben die Indigenen keinerlei Trink- und Abwassersysteme. Sie sind vollständig vom Fluss- und Regenwasser abhängig. Der Regierung liegt eine offizielle Liste von mindestens 1.000 kontaminierten, dringend sanierungsbedürftiger Orten vor ‒ aber laut den indigenen Organisationen gibt es doppelt so viele.

Als Teil eines Abkommens über humanitäre Soforthilfe lieferte die Regierung vor zwei Wochen Trinkwasser und Nahrungsmittel nach Saramurillo, Nueva Alianza und Monterrico. Der Regierungsvertreter Rolando Luque versprach eine "schnelle und angemessene" Reaktion auf die Forderungen der Demonstrierenden. Er sagte zu, dass das zuständige Nationale Büro für Dialog und Nachhaltigkeit auch die Umsetzung und Einhaltung der Abkommen begleiten werde.

Die Proteste gegen die Erdöl-Verseuchung haben in den vergangenen Jahren zu diversen Abkommen zwischen indigenen Gemeinden und der Zentralregierung geführt, darunter das “Protokoll von Dorissa” von 2006, das die argentinische Firma Pluspetrol zwang, unterirdische Pump-Abwässer wieder einzupumpen, um die Verschmutzung zu reduzieren. Mit Ausnahme dieses Protokolls wurden die Abkommen aber nicht eingehalten.

Petroperú beabsichtigt indes, die Rohrleitungen durch einen externen Fachmann überprüfen und reparieren zu lassen, um die seit Februar infolge der Leckagen suspendierte Erdölförderung kurzfristig wieder aufzunehmen. Eine gründliche Revision der Rohrleitungen könnte bis zu vier Jahre dauern.

Die indigenen Aktivisten kündigten an, die Flussblockade bis zur Erfüllung ihrer Forderungen fortzusetzen.

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