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EU-Abgeordnete dementieren Falschmeldung über Anti-Kuba-Initiative

Berichte über Initiative im EU-Parlament frei erfunden. Abgeordnete dementieren gegenüber amerika21. Regierungsgegner bricht wegen Falschmeldung Hungerstreik ab

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Titel der ursprünglichen Falschmeldung. Inzwischen wurde die Seite gelöscht und ist nicht mehr erreichbar
Titel der ursprünglichen Falschmeldung. Inzwischen wurde die Seite gelöscht und ist nicht mehr erreichbar

Brüssel/Havanna. Abgeordnete verschiedener Fraktionen im Europaparlament haben eine Meldung über eine angebliche Initiative des Parlaments zum kubanischen Systemoppositionellen Guillermo Fariñas dementiert. Auf einer offensichtlich gefakten Internetseite war behauptet worden, das EU-Parlament unterstütze Fariñas mit einer neuen Initiative im Kampf gegen die sozialistische Regierung des Karibikstaates. Trotz mehrerer Ungereimtheiten war die Meldung von zahlreichen antikubanischen Nachrichtenseiten übernommen worden. Einige dieser Seiten haben die entsprechenden Artikel inzwischen wieder gelöscht. Welche Intentionen hinter der fingierten Seite standen, ist unklar.

Über den "Änderungsantrag" hatte in der vergangenen Woche eine Seite beim Bloganbieter Wordpress berichtet. Sie gab sich als Internetpräsenz der EU in Spanien aus. In mehreren Einträgen zum Thema hieß es, das EU-Parlament wolle eine Annäherung an Kuba davon abhängig machen, ob die kubanische Führung Systemgegnern wie Fariñas mehr Rechte einräumt. Die Macher der Seite hatten offenbar Artikel von EU-Seiten kopiert und dazwischen die Falschmeldungen zu Kuba platziert. Nachdem die Berichte zu Fariñas medialen Widerhall fanden und Europaabgeordnete bei Wordpress intervenierten, wurde die Seite gelöscht. Ruft man die Adresse nun auf, heißt es lediglich, sie sei "nicht länger erreichbar" und "von den Autoren gelöscht" worden.

Die Falschmeldung hatte sich zuvor in spanischsprachigen und vor allem antikubanischen Medien rasch verbreitet, obwohl es deutliche Hinweise auf eine Fälschung gegeben hatte. Die im Text angegebene Drucksachennummer C8-0242/2016 bezog sich auf Makrofinanzhilfe für Jordanien, am Montag standen im EU-Parlament auch keine Abstimmungen an. Ungewöhnlich war zudem, dass eine angeblich offizielle Seite des Europäischen Parlaments bei Wordpress gehostet ist. Ein erster Artikel zum Thema war offensichtlich mit allgemeinen Informationen zur Funktionsweise des EU-Parlaments zusammenkopiert worden.

Auf Nachfrage von amerika21 dementierten mehrere Abgeordnetenbüros die Meldung umgehend. "Die von Ihnen angesprochene Seite ist eine Fälschung und der darin erwähnte Änderungsantrag existiert nicht", hieß es aus dem Büro des liberalen Abgeordneten Alexander Graf Lambsdorff. Angeblich sollte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments die Initiative eingebracht haben. Auch eine Mitarbeiterin des Sozialdemokraten Bernd Lange, der dem Handelsausschusses des EU-Parlaments vorsteht, dementierte die Meldung auf Nachfrage von amerika21. Zuvor hatte die Parlamentariergruppe der spanischen Partei Izquierda Unida (Vereinigte Linke) der Meldung einer angeblichen Initiative widersprochen. Auch die antikubanische Cuban-American National Foundation, die in der Vergangenheit von den USA aus terroristische Aktionen gegen Kuba organisiert und verteidigt hatte, bezeichnete die Texte als Fälschung. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf Regierungsgegner berichtet, Fariñas habe aufgrund der Falschmeldung über die angebliche Initiative des EU-Parlaments einen erneuten Hungerstreik abgebrochen.

Während die Motivation der Falschmeldung unklar bleibt, ist beachtlich, wie schnell und unkritisch sie von zahlreichen Redaktionen übernommen wurde, darunter auch von dem von der US-Regierung finanzierten Propagandasender Martí Noticias und führenden antikubanischen Medien wie Cubanet. Auch die Seite Cubanet, die sich auf Martí Noticias berief, steht auf der Gehaltsliste der USA. Inzwischen wurde der entsprechende Artikel dort gelöscht.

Der journalistische Fauxpas aber dürfte die Debatten über die Finanzierung antikubanischer Medien in den USA anheizen. Die US-Tageszeitung New York Times zeigte sich schon 2014 davon überzeugt, dass politische Initiativen gegen die sozialistische Regierung in Kuba "weitgehend kontraproduktiv gewesen" seien: "Die Fonds sind ein Magnet für Scharlatane und Schwindler geworden."

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