Interimspräsident Temer in Brasilien verliert dritten Minister unter Korruptionsverdacht

Generalstaatsanwaltschaft fordert Haft für Parlamentspräsident Cunha. Tourismusminister Alves zurückgetreten. Auch Temer mit schweren Vorwürfen konfrontiert

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Henrique Eduardo Alves – dritter Rücktritt im Korruptions-Kabinett von Temer
Henrique Eduardo Alves – dritter Rücktritt im Korruptions-Kabinett von Temer

Brasília. In Brasilien ist der Minister für Tourismus, Henrique Eduardo Alves, am Donnerstag aufgrund mutmaßlicher Verwicklungen im Korruptionsskandal um den halbstaalichen Ölkonzern Petrobras von seinem Amt zurückgetreten. Es ist inzwischen der dritte Rücktritt wegen Korruption eines Ministers unter De-facto-Präsident Michel Temer.

Zuvor hatte sich der Ethikrat der Abgeordnetenkammer mit elf zu neun Stimmen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha und damit seine Suspendierung ausgesprochen. Indes beschuldigt unter anderem der ehemalige Vorsitzende eines Tochterunternehmens der Petrobras Temer, 700.000 US-Dollar Schmiergeld für die Vergabe von Konzessionen und Aufträgen gefordert zu haben.

Cunha, einer der größten Befürworter der Absetzung von Präsidentin Dilma Roussef, wird zu Last gelegt, ein geheimes Schweizer Privatkonto mit 5,7 Millionen US-Dollar zu besitzen. Die Eröffnung eines weiteren Kontos in Uruguay mit mindestens 20 Millionen US-Dollar Guthaben soll er ebenso verschwiegen haben. Dieses Konto in Uruguay soll vom Korruptionszirkel der Petrobras mitgenutzt worden sein.

Nach der Entscheidung des Ethikrats drohte Cunha Abgeordneten der Regierungspartei Temers: Wenn er von ihnen bestraft oder vom Obersten Gerichtshof zu Haft verurteilt wird, werde er nicht alleine fallen. Damit spielt er auf die nun anstehende Entscheidung des Parlaments über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen ihn an. Ob und wann die Abstimmung stattfindet, ist noch unklar. Nach Angaben der argentinischen Tageszeitung Página12 soll der suspendierte Cunha bereits genügend Abgeordnete hinter sich versammelt haben, um die Entscheidung der Kammer zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot geht davon aus, dass die Schuld Cunhas bewiesen ist und forderte vom Obersten Gerichtshof (STF), den Politiker in Untersuchungshaft zu nehmen. Auch die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Paraná beantragte vergangene Woche seinen Ausschluss von allen politischen Ämtern für zehn Jahre. Dem STF liegen erdrückende Hinweise gegen den suspendierten Parlamentspräsidenten vor, doch kann aufgrund der bestehenden Immunität keine Anklage erhoben werden.

Ex-Minister Alves wird indes beschuldigt, zwischen 2008 und 2014 Schmiergelder von insgesamt 1,55 Millionen US-Dollar entgegengenommen zu haben. In einer Erklärung bekräftigte der STF die Vorwürfe, während Medien berichteten, der ehemalige Minister habe vom Kongress aus Unternehmen begünstigt und im Gegenzug Gelder aus dem Erdölgeschäft erhalten. Nach Angaben des Internetportals Brasil247 hat der Politiker einen Teil dafür verendet, seinen Wahlkampf 2014 zu finanzieren. Damals kandidierte Alves für den Gouverneursposten im Bundesstaat Rio Grande do Norte.

Die brasilianische Staatsanwaltschaft und Bundespolizei ermitteln seit März vergangenen Jahres in der sogenannten Operation Lava Jato gegen zahlreiche Regierungsmitglieder und Unternehmer von zumeist großen Baukonzernen. Der staatlich kontrollierte Ölkonzern soll zwischen 2004 und 2014 systematisch Bestechungsgelder an Politiker gezahlt und von mehr als zwei Dutzend Firmen erhalten haben, um sich profitable Aufträge zu sichern. Insgesamt sollen zu Lasten des Staates rund acht Milliarden US-Dollar abgezweigt worden sein.