Demonstrationen in ganz Brasilien: "Nie wieder Putsch"

Linke Bewegungen und Künstler unterstützen Präsidentin. Rousseffs Regierungskoalition geplatzt. Vizepräsident Michel Temer drängt an die Macht

em-defesa-da-democracia.jpg

Demonstrierende in São Paulo: "In Verteidigung der Demokratie – Nie wieder Putsch"
Demonstrierende in São Paulo: "In Verteidigung der Demokratie – Nie wieder Putsch"

Brasília. Bei einem landesweiten Aktionstag unter dem Motto "In Verteidigung der Demokratie – Nie wieder Putsch" sind am Donnerstag tausende Brasilianer in über 30 Städten auf die Straße gegangen. Der Protest richtete sich nach Angaben der Organisatoren gegen einen von Oppositionspolitikern und konservativen Eliten orchestrierten Staatsstreich. "Wir wollen, dass die Wahl von 54 Millionen Brasilianern respektiert wird, die Dilma Rousseff zur Präsidentin bestimmt haben", hieß es in dem Aufruf zu den Demonstrationen.

Die Proteste fanden am Jahrestag eines vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA gestützten Putsch vom 31. März 1964 statt, dem eine bis zum Jahr 1985 andauernde Militärdiktatur folgte.

Nicht nur Gewerkschaften und soziale Bewegungen wie "Brasilianische Volksfront" oder "Volk ohne Angst" und die Landlosenorganisation MST unterstützen Rousseff. Auch Künstler, Filmemacher und Intellektuelle reisten gestern in die Hauptstadt Brasilia, wo sie mit der Präsidentin zusammentrafen. Vor dem Präsidentenpalast drückten sie ihre Unterstützung für Rousseff und die regierende Arbeiterpartei PT aus. Teilnehmer skandierten: "Es wird keinen Staatsstreich geben, sondern Kampf".

Hintergrund ihres Engagements ist ein Amtsenthebungsverfahren, das die Opposition gegen Rousseff eingeleitet hat, um sie als Präsidentin zu stürzen. Die jüngste Sitzung der Prüfungskommission endete allerdings in Tumult, Beschimpfungen und einem heftigen Handgemenge zwischen Abgeordneten.

Seit Dienstag steht die Präsidentin zudem massiv unter Druck, weil ihre Regierungskoalition geplatzt ist. Die rechtsliberale Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) stieg aus dem Bündnis mit der PT aus und zog ihre sechs Minister ab. Tourismusminister Henrique Alves hatte schon zuvor seinen Rücktritt eingereicht.

Das persönliche Verhältnis zwischen Rousseff und ihrem Vize, PMDB-Chef Michel Temer, ist zerrüttet. Temer wäre Rousseffs Nachfolger an der Staatsspitze, wenn sie durch das Parlament abgesetzt werden würde. Seine Partei arbeitet bereits an einem Regierungsprogramm, mit dem größere Einschnitte bei Sozialausgaben vorgenommen werden sollen.

Bei der Vorstellung der dritten Phase des Wohnbauprogramms der Regierung "Mein Haus, mein Leben", sagte die Präsidentin am Mittwoch: "Viele Leute stören offenbar die 36 Millionen Menschen, die wir aus der extremen Armut geholt haben." Rousseff zeigte sich kämpferisch und wies Forderungen aus Unternehmerkreisen, sie solle zurücktreten, von sich. Die Pläne der Opposition, sie als gewählte Präsidentin aus dem Amt zu drängen, kommentierte sie in ihrer Rede, die im Fernsehen übertragen wurde: "Unsere Verfassung bestimmt, dass wir eine präsidiale Demokratie haben. Der Präsident wird in direkter und freier Wahl gewählt. Damit entfällt die Möglichkeit zu sagen: Ich mag diese Regierung nicht, also muss sie weg. Diesen Weg gibt es im Parlamentarismus. Im Präsidialsystem gibt es die Amtsenthebung. Aber es ist falsch zu glauben, dass jede Amtsenthebung rechtmäßig ist."

Unterdessen verschärft sich die Regierungskrise weiter. Wie der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur berichtet, legte der Sicherheitschef des Landes, Oberst Adilson Moreira, am Donnerstag sein Amt nieder. In einem offenen Brief äußerte er scharfe Kritik an der PT und Präsidentin Rousseff.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link.