Dialog zu Protesten in Bolivien gestaltet sich schwierig

Die bolivianische Regierung kommt den Demonstrierenden weit entgegen. Das rechtsgerichtete Comité Cívico Potosinista lehnt Verhandlungen ab

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Vertreter von Regierung und Comcipo haben erste Vereinbarungen getroffen
Vertreter von Regierung und Comcipo haben erste Vereinbarungen getroffen

La Paz/Potosí. Seit rund drei Wochen finden in den bolivianischen Städten Potosí und La Paz Proteste und Straßenblockaden statt, organisiert durch das rechtsgerichtete Comité Cívico Potosinista (Comcipo). Durch die Blockaden sind die Zufahrtswege nach Potosí fast vollständig gesperrt, es herrscht ein Mangel an Lebensmitteln und Benzin. Obgleich die bolivianische Regierung sich zu einem Dialog bereit erklärt hat und fast vollständig auf die Forderungen der Demonstrierenden eingeht, lehnt die Führungsspitze von Comcipo Verhandlungen ab und setzt stattdessen auf eine Verstärkung der Blockaden.

Die Demonstrierenden fordern den Bau eines Wasser- sowie eines Windkraftwerkes in Potosí, einen internationalen Flughafen, drei Krankenhäuser, zwei Staudämme, drei Fabriken (Glas, Kalk, Zement) sowie eine Verbesserung der Infrastruktur.

Präsident Evo Morales erklärte, man komme bereits 98 Prozent der Forderungen nach, lediglich der Bau eines Flughafen und einer Zementfabrik werde von der Regierung abgelehnt. Potosí liegt in den Anden auf einer Höhe von rund 4.000 Metern; die geografische Lage mache es unmöglich, einen internationalen Flughafen zu bauen, begründete Vizepräsiden Álvaro García Linera die Entscheidung der Regierung und fügte hinzu, alles, was man machen könne, sei eine Umgestaltung des bereits existierenden Flughafens. Er führte weiter aus, dass es bisher keine nachhaltige Grundlage für den Bau einer Zementfabrik gäbe, würde Comcipo in Kooperation mit den Universitäten des Landes einen solchen nachhaltigen Plan vorlegen, ließe sich jedoch auch über diesen Punkt diskutieren.

Verhandlungen mit der Regierung wurden durch Comcipo bis vor wenigen Tagen jedoch weiterhin blockiert. Am vergangenen Sonntag reisten ungefähr 1000 Minenarbeiter nach La Paz, um mit der Regierung in einen Dialog zu treten; Comcipo beharrte darauf, nur direkt mit Morales zu verhandeln. Als weitere Bedingung nannte er die Freilassung von 51 Demonstranten, die am vergangenen Mittwoch nach gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei und einem Angriff auf den Sitz der Regierung mit Sprengstoffen in La Paz festgenommen wurden. 47 der Demonstranten befinden sich jedoch bereits auf freiem Fuß. Am 27.07. sind auch die vier in Haft Verbliebenen, drei Minenarbeiter und ein Journalist, wieder entlassen worden. Deren Entlassung hatte Comcipo zuvor zur Bedingung für weitere Verhandlungen gemacht. 

Staatsminister Carlos Romero äußerte sich zu diesen Bedingungen, dass der Präsident Comcipos "nur nach einer Verzögerung und Verkomplizierung der Verhandlungen suche". 

Trotz der schwierigen Umstände konnte vergangenen Samstag ein Dialog aufgenommen werden. Viele Ergebnisse brachte dieser bisher noch nicht. Allerdings wurden Zusagen seitens der Regierung bezüglich der Planung von zwei Wasserkraft- sowie einem Erdwärmekraftwerk bekannt. 

Kritik an den Protesten äußern auch soziale Bewegungen und Gewerkschaften aus Potosí: "Wir erklären, dass Comcipo die Forderungen und Wirklichkeiten der 16 Provinzen der 40 Gemeinden des Departaments Potosí weder vertritt noch kennt. Sein Bittschreiben mit 26 Punkten wurde von der Mehrheit der Bevölkerung weder beschlossen noch mit ihr abgestimmt". In dem Kommuniqué der sozialen Bewegungen fordern diese Comcipo ferner dazu auf, die Blockaden zu beenden.

Präsident Morales warf den Demonstrierenden weiter vor, Unterstützung durch rechte und neoliberale Gruppierungen zu erhalten und sich von diesen zu ihren Zwecken instrumentalisieren zu lassen. Zudem äußerte er vergangenen Sonntag den Verdacht, dass die Proteste auch durch Chile gefördert würden, um von den Forderungen Boliviens nach einem Zugang zum Meer abzulenken, die jetzt – nach dem Besuch von Papst Franziskus – günstige Ausgangsvoraussetzungen hätten.