Erstmals Ex-Richter für Diktaturverbrechen in Argentinien verurteilt

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Ex-Bundesrichter Manlio Torcuato Martínez betritt den Gerichtssaal
Ex-Bundesrichter Manlio Torcuato Martínez betritt den Gerichtssaal

Tucumán, Argentinien. Das Bundesgericht in Tucumán hat den Ex-Bundesrichter Manlio Torcuato Martínez wegen Vertuschung der Ermordung von fünf jugendlichen Oppositionellen sowie Teilnahme an der illegalen Verhaftung einer weiteren Person zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Ansicht des Gerichtes war Martínez bei beiden Verbrechen anwesend, doch weder zeigte er die Täter an, noch leitete er strafrechtliche Untersuchungen ein. Die fünf Mitglieder der Stadtguerilla "Montoneros", María Alejandra Niklison, Fernando Saavedra, Eduardo González Paz, Juan Carlos Meneses und Atilio Brandsen waren bei einer Razzia in einem Haus im Stadtteil San Miguel am 20. Mai 1976 erschossen worden. Der Hausbesitzer, Miguel Atilio Romano, wurde wenige Tage später verhaftet und in ein Geheimgefängnis verschleppt.

Es ist das erste Mal in der Geschichte Argentiniens, dass ein Gericht einen ehemaligen Richter für Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 verurteilt hat.

Zwar hatte bereits im Dezember 2009 der frühere Richter Victor Brusa wegen Beteiligung an Foltermaßnahmen gegen politische Gefangene eine Freiheitsstrafe von 21 Jahren erhalten. Jedoch war Brusa zum Zeitpunkt der Tat lediglich Sekretär eines Richters und erlangte erst nach der Diktatur das Richteramt.

Auf Initiative der Regierung Kirchner wurden im Jahr 2005 die Amnestiegesetze aus den 1980er Jahren, die eine Strafverfolgung und Verurteilung von Verbrechen der Militärdiktatur verhinderten, aufgehoben. Laut dem lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur sind seitdem 563 Personen wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt worden. Während der Diktatur wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen in Argentinien mindestens 30.000 Menschen umgebracht oder verschwanden nach ihrer Entführung durch Polizei und Militär.