Mexiko / Menschenrechte

Amnesty kritisiert "schockierenden Anstieg" von Folter in Mexiko

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Polizeieinsatz in Mexiko
Polizeieinsatz in Mexiko

Berlin/Mexiko-Stadt. Folter und Misshandlung durch Polizisten und Soldaten sind – trotz Verbots – in Mexiko erschreckend weit verbreitet. Das stellt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem am Donnerstag in Mexiko-Stadt vorgestellten Bericht fest. Im Zuge der Militäreinsätze gegen die Drogenkriminalität sei die Zahl der Fälle sprunghaft angestiegen, heißt es darin. Im vergangenen Jahr habe die mexikanische Menschenrechtskommission 600 Prozent mehr Anzeigen wegen Folter und Misshandlungen festgestellt als zehn Jahre zuvor. Amnesty fordert die mexikanische Regierung zum sofortigen Handeln auf, um den verbreiteten Einsatz von Folter durch Polizei und Militär zu stoppen.

Der Bericht stellt außerdem innerhalb von Justiz, Polizei und Militär eine Kultur der Toleranz gegenüber Folter fest. Folterer gehen fast immer straffrei aus. Nur sieben Personen wurden in Mexiko je wegen Folter von Bundesgerichten verurteilt.

"Die Behörden dürfen die Augen vor Folter nicht weiter verschließen. Die Gesetze und Vorschriften, die Folter verhindern sollen, werden bisher nicht umgesetzt. Stattdessen werden Misshandlungsvorwürfe heruntergespielt", sagt die Lateinamerika-Expertin der Organisation in Deutschland, Maja Liebing. "Eine Amnesty-Umfrage ergab: 64 Prozent der Mexikaner befürchten, gefoltert zu werden, sollten sie festgenommen werden. Unser Bericht zeigt: Diese Angst ist leider sehr berechtigt."

Der Bericht steht im krassen Widerspruch zur Selbsteinschätzung der politischen Klasse in Mexiko. Unmittelbar vor der Veröffentlichung des Amnesty-Reports hatte Mexikos Ex-Präsident Felipe Calderón sich auf dem Gebiet der Menschenrechte zu profilieren versucht und harsche Kritik am linksgerichteten Venezuela geübt. Calderón forderte die US-dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bei einer Konferenz in Washington auf, einen mutmaßlichen Anstieg von Menschenrechtsverletzungen in Venezuela zu untersuchen. Beobachter sehen in dem Vorstoß den Versuch, Mexiko als Wortführer der neoliberalen Pazifik-Allianz zu profilieren, einem Staatenbund, der mit Unterstützung der EU und der USA als Gegenmodell zu dem progressiven Bündnis ALBA gegründet worden war.