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Deutsche EU-Diplomaten wüten gegen Venezuela

Attacken laufen ins Leere, EU-Mehrheit gegen deutsche Position. Protestnote gegen deutschen Botschafter. Thema heute im Bundestag

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Der deutsche Botschafter in Caracas, Walter Lindner, provozierte mit indirekten Nazi-Vergleichen eine Protestnote des venezolanischen Außenministeriums
Der deutsche Botschafter in Caracas, Walter Lindner, provozierte mit indirekten Nazi-Vergleichen eine Protestnote des venezolanischen Außenministeriums

Berlin/Caracas. In der Europäischen Union wächst der Widerstand gegen die aggressive Haltung deutscher Diplomaten gegen die linksgerichtete Regierung von Venezuela. Nach vertraulichen EU-Dokumenten, die amerika21.de vorliegen, sind deutsche Diplomaten in Fachgremien des Europäischen Rates mit dem Versuch gescheitert, politische Sanktionen gegen das südamerikanische Land zu erlassen. Ungeachtet dieser deutlichen Niederlage setzten Hardliner weiter auf eine Eskalation: Der deutsche Botschafter in Caracas, Walter Lindner, provozierte mit indirekten Nazi-Vergleichen eine Protestnote des venezolanischen Außenministeriums. Heute steht die Lage in Venezuela indes auf der Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses des Bundestages.

Deutsche Diplomaten hatten einen Monat nach Beginn einer Protestwelle von Teilen der venezolanischen Opposition in der EU-Ratsarbeitsgruppe für Lateinamerika für Furore gesorgt. In einem außergewöhnlich aggressiven Ton warfen sie der Führung in Venezuela Mitte März vor, die Proteste gewaltsam niederzuschlagen. "Die deutschen Vertreter ignorierten Hinweise, nach denen die Gewalt durchaus auch von Demonstranten ausgeht", sagte ein Diplomat eines südeuropäischen Landes, der ungenannt bleiben wollte. Vor allem Spanien, Portugal und Italien, die traditionell über enge Kontakte zu Venezuela verfügen, hätten dem deutschen Drängen auf eine Protestnote gegen Venezuela widersprochen, sagte der Diplomat in Übereinstimmung mit EU-Protokollen von dem Treffen. Am Ende hätten gerade einmal drei Staaten für die deutsche Linie votiert. Selbst Frankreich und die Niederlande stellten sich offen gegen Berlin.

Das deutsche Drängen auf eine Demarche gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro in Venezuela sollte offenbar auch der Konter für eine Protestnote aus Caracas sein. Das dortige Außenministerium hatte sich laut diplomatischen Quellen bereits vor Wochen bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier über den deutschen Botschafter Walter Lindner beschwert. Nach Ansicht des venezolanischen Außenamtes hatte der gebürtige Münchner in Interviews mit den regierungskritischen Tageszeitungen El Nacional und El Universal Vergleiche zwischen der aktuellen Lage in Venezuela und dem NSDAP-Regime gezogen. In Venezuela war das als Verstoß gegen die diplomatischen Gepflogenheiten gewertet worden. Die venezolanische Botschaft in Berlin wollte den Fall auf Nachfrage jedoch nicht weiter kommentieren.

Bei der Regierungspressekonferenz am 28. März äußerte sich der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, vorsichtiger über die politische Lage in Venezuela. Was dort geschehe, verstoße gegen die Menschenrechte, sagte Schäfer, der "extralegale Hinrichtungen" hervorhob, ohne allerdings zu sagen, wer damit gemeint ist. Nach einer detaillierten Aufstellung von amerika21.de sind die meisten der inzwischen fast 40 Toten unter Regierungsanhängern, Sicherheitskräften und Unbeteiligten zu beklagen. Dies scheint auch das Auswärtige Amt zu wissen. Informationen aus Venezuela seien "nicht geeignet, daraus klare Schuldvorwürfe herzuleiten", betonte der Außenamtssprecher.

Den rechten Flügel der Regierungsparteien ficht das nicht an. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach hat das Thema Venezuela am heutigen Mittwoch auf die Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses des Bundestags gesetzt.