Paraguay: Jahrestag des Massakers von Curuguaty

Tausende gedenken der Opfer. De-facto-Präsident Franco amüsiert sich währenddessen beim Rodeo

paraguaymemoria.jpg

Angehörige der ermordeten Kleinbauern am Jahrestag des Massakers
Angehörige der ermordeten Kleinbauern am Jahrestag des Massakers

Asunción. Am vergangenen 15. Juni haben tausende Menschen in Paraguay der Opfer des Massakers von Curuguaty gedacht. Bei der Bluttat vor einem Jahr waren elf

Landlose und Kleinbauern sowie sechs Polizisten ums Leben gekommen. Das Massaker war von einer rechtsgerichteten Parlamentsmehrheit zum Vorwand genommen worden, um eine Woche später den demokratisch gewählten Präsidenten Fernando Lugo zu stürzen.

Mehrere politische und soziale Organisationen – unter ihnen die Bewegung "Stimme Curuguatys", die Nationale Kleinbauernbewegung, die Koordinationsgruppe der Kleinbäuerinnen und die Bewegung für Landreform – organisierten einen Marsch zu den Ländereien Marina Kue, um sich mit den Familien und Hinterbliebenen der Opfer der blutigen Auseinandersetzung zu solidarisieren.

In einer Traueransprache berichtete der Vorsitzende der Opfer-Komission, Mariano Castro, von der Verschleierungstaktik des ermittelnden Staatsanwalts, Jalil Rachid. Er beklagte, dass es bei den einseitigen Ermittlungen nur um die Todesfälle der beteiligten Polizisten gehe, nicht aber um die elf toten Kleinbauern und Landlosen. "Der erste Jahrestag des Massakers schmerzt mehr, als das Massakar selbst, denn in diesem Land gibt es keine Gerechtigkeit für die Armen", betonte Castro vor hunderten Teilnehmern der Kundgebung. Weiter führte er aus, dass Marina Kue nachgewiesenermaßen Staatsland sei und der Kampf der Kleinbauern um die Übertragung dieser Ländereien fortgeführt wird. Unter dem Beifall der Teilnehmer versicherte Castro, dass sie nicht zulassen werden, "dass auf dem Blut der Gefallenen Soja gesät wird".

Andere Redner verwiesen darauf, dass dieser Tag nicht einfach nur eine Schießerei zwischen der Polizei und den Kleinbauern war, sondern vielmehr die Konfrontation zweier Gesellschaftsschichten: Der mafiösen Großgrundbesitzer und des Volkes der Kleinbauern.

In der Hauptstadt Asunción folgten viele Menschen dem Aufruf verschiedener sozialer Bewegungen zu einem Trauer- und Protestmarsch durch die Stadt. Bei einer anschließenden Kundgebung rief Perla Álvarez, Mitglied der Organisation "Stimme Curuguatys" dazu auf, den 15. Juni zum "Nationalen Tag des Kampfes für Land" zu deklarieren. Am Abend lud die Band "Golpe a golpe, verso a verso"  zu ihrem 9. Festival der Künste seit dem parlamentarischen Putsch gegen Fernando Lugo am 22. Juni vergangenen Jahres ein. Zusammen mit anderen Künstlern fordern sie Gerechtigkeit im Fall des Massakers von Curuguaty.

Auf einer separaten Veranstaltung gedachten die Familien und Hinterbliebenen der getöteten Polizisten. Liz Leiva, Witwe des erschossenen Vizechefs einer Spezialeinheit der Polizei, beklagte das Desinteresse der Regierung bei der Aufklärung des Massakers. Gegenüber dem Privatsender Telefuturo äußerte sie die Vermutung, dass die Regierung nicht wissen will, "was wirklich in Curuguaty geschah". Die Polizisten seien regelrecht "exekutiert" worden und "die beauftragten Leute wollen nicht, dass wir etwas erfahren".

Während tausende Menschen im Land um die getöteten Kleinbauern, Landlosen und Polizisten trauerten und eine rückhaltlose Aufklärung des Massakers forderten, reiste De-facto-Präsident Federico Franco zur Wirtschaftsmesse der Mennonitenkolonie Neufeld in den Chaco und amüsierte sich unter anderem beim Rodeo.