Brasilien / Politik

Präsidentschaftswahlen in Brasilien: Offizieller Wahlkampf hat begonnen

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"Bolsonaro geht, die Demokratie bleibt" - viele Wähler:innen wünschen sich einen Präsidentschaftswechsel
"Bolsonaro geht, die Demokratie bleibt" - viele Wähler:innen wünschen sich einen Präsidentschaftswechsel

Brasília. In Brasilien ist der Startschuss für den offiziellen Wahlkampf gefallen. Die beiden Hauptkonkurrenten übten in ihren Reden am Dienstag vor allem Kritik am Gegner. 

Luiz Inácio Lula da Silva wählte für seinen Auftakt die Volkswagen-Fabrik in São Bernardo do Campo, in der er in den 1970er Jahren als Gewerkschafter aktiv war. Mit den Worten "Wir wollen keine Regierung, die Waffen verteilt. Wir wollen eine Regierung, die Bücher verteilt. Wir wollen keine Regierung, die den Hass nährt, wir wollen eine Regierung, die die Liebe nährt", startete Lula mit 76 Jahren in seine nun bereits siebte Wahlkampagne. 

Besonders einsetzen wolle er sich für die Rechte von Arbeiter:innen und verspricht, die Steuern für die arbeitende Bevölkerung zu senken. Ebenfalls wolle er sich für mehr Arbeitsplätze einsetzen und dafür sorgen, dass die Brasilianer:innen nicht mehr hungern müssen. "Brasilien ist der drittgrößte Lebensmittelproduzent der Welt. Es kann nicht sein, dass 33 Millionen Menschen hier an Hunger leiden", mahnt er in seiner Rede, in der er auch scharfe Kritik am amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro übte. 

Mit klaren Worten richtete er sich an seinen Konkurrenten: "Du hast nicht eine einzige Träne für die 680.000 Covid-Toten vergossen. Du hast nicht an die Wissenschaft geglaubt, nicht an die Medizin, nicht an die Regierung. Du glaubtest nur an deine Lügen!".

Bolsonaro selbst sprach an dem symbolträchtigen Ort Juiz de Fora im Bundesstaat Minas Gerais zu seinen Anhänger:innen, wo er im September 2018 in der Vorwahlzeit von einer psychisch erkrankten Person mit einem Messer attackiert und verletzt wurde. Laut eigener Aussage sei er dort "durch Gottes Hand wiederauferstanden".

In seiner Rede, die sich vor allem an die christliche Bevölkerung Brasiliens richtete, erklärte Bolsonaro nachdrücklich: "Dieses Land will keinen Rückschritt, es will keine Gender-Ideologie in den Schulen, es will keine Drogen legalisieren. Dieses Land respektiert das Leben ab der Zeugung und will keinen Kommunismus". Seine Anhänger:innen wünschen derweil Lula mit lauten Sprechchören ins Gefängnis: "Lula Dieb, dein Platz ist im Gefängnis!". 

Ebenfalls am Dienstag wurde in Brasília der neue Vorstand des Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, vereidigt. Rund 2.000 Personen, darunter Lula und Bolsonaro, waren zu der Zeremonie eingeladen. 

Auch Moraes widmete seine Antrittsrede den anstehenden Präsidentschaftswahlen. Er betont die Bedeutung und vor allem die Sicherheit der elektronischen Wahlsysteme. "Wir sind die einzige Demokratie der Welt, die die Wahlergebnisse am selben Tag auszählt und publiziert. Mit Geschwindigkeit, Sicherheit, Kompetenz und Transparenz. Das ist ein Grund für nationalen Stolz", erklärte er.

Bolsonaro hatte in den vergangenen Monaten immer wieder die Sicherheit der elektronischen Wahlurnen angezweifelt und verlauten lassen, dass er das Wahlergebnis nicht akzeptieren würde, wenn er die Wahl nicht gewinne (amerika21 berichtete). 

Auch im Hinblick auf Falschinformationen, die im Vorfeld der Wahl verbreitet werden könnten, äußert sich Moraes deutlich: "Die Intervention des Wahlgerichts wird minimal sein, aber sie wird schnell, entschlossen und unnachgiebig sein, um missbräuchliche Praktiken oder die Verbreitung falscher oder betrügerischer Nachrichten einzudämmen, insbesondere solche, die sich in der feigen Anonymität der sozialen Netzwerke verstecken, die berühmten Fake News",

Am zweiten Oktober finden die Präsidentschaftswahlen statt. Umfragen zufolge ist Lula mit weitem Vorsprung gegenüber Bolsonaro der Favorit der Wähler:innen.