Honduras

Beobachter in Tegucigalpa

Honduranisches Tagebuch (I): Die Präsenz ausländischer Missionen hält die Putschisten von Gewaltanwendung ab. Großes Medieninteresse

beobachter-746484-tegucigalpa_0.jpg

Beobachter in Tegucigalpa
Bernadette aus Brasilien und Nora Cortiñas tragen sich in das Kondolenzbuch ein

Tegucigalpa. Eine Woche lang hat unsere Delegation Honduras bereist. Die "Internationale Mission für Solidarität, Beobachtung und Begleitung" war keine neutrale Initiative. "Wir wollten Partei gegen diesen Militärputsch ergreifen", sagte Tom Kucharz von der spanischen Umweltorganisation "Ecologistas en Acción". Mit dem Mandat von Attac Deutschland hatte auch ich an der Gruppe teilgenommen. Es war eine intensive Arbeit. Nicht nur wegen der Menge der Termine und des hohen Erwartungsdrucks von honduranischer Seite. Auch wegen der unklaren Sicherheitslage.

Zwei Tage nach meiner Ankunft hatten wir eilends unser Hotel wechseln müssen, nachdem Paramilitärs in dem Gebäude aufgetaucht waren. Das zeigte uns zwar, dass unsere Präsenz wahrgenommen wird. In dem Moment freute uns das aber nicht sehr.

Am heutigen Samstag haben wir unsere abschließende Pressekonferenz gegeben - im Saal des Lehrerkollegs COPENH. Die Konferenz war überschattet von dem Tod des Lehreres Roger Abraham Vallejo, der am Donnerstag am Rande einer Demonstration gegen das Putschregime erschossen worden war. "Unser Beileid gilt der Familie", leitete Nora Cortiñas von den Müttern der Plaza de Mayo aus Argentinien die Veranstaltung ein. In den ersten Reihen hatten Pressevertreter Platz genommen. Weiter hinten saßen schon die ersten Trauergäste für die Totenwache, die wenig später an selber Stelle stattfinden sollte.

Der evangelische Priester Efrén Reyes nahm als Mitglied unserer Delegation zu der zunehmenden Gewalt durch das Putschregime Stellung. Eindrücklich schilderte der Salvadorianer vom "Internationalen Christlichen Solidaritätsservice" eine Szene am Rande einer Demonstration. Eine Frau sei auf die Delegationsmitglieder zugekommen. "Macht bitte etwas", habe sie mit tränenerstickter Stimme gerufen: "Bitte macht irgendetwas". Als Efrén die Szene schildert, wird es still im Raum. Selbst die Vertreter der putschistennahmen Privatsender sehen betroffen zu Boden.

Wir weisen nicht nur bei dieser Veranstaltung darauf hin, dass am 28. Juni in Honduras eindeutig ein Militärputsch stattgefunden hat. Die "Regierung" des ehemaligen Parlamentspräsidenten ist deswegen illegal, bekräftigen wir.

Am Ende der Pressekonferenz weist ein Kollege des Radiosenders Progreso auf die Rolle der deutschen Regierung hin. Ob sie weiterhin Budgethilfe für die honduranische Polizei leiste, fragt er. Ich werde die Frage an die Vertreter der deutschen Botschaft weitergeben.


Harald Neuber ist unter anderem mit dem Mandat von Attac Deutschland in Honduras, um die Lage vor Ort zu beobachten.