Amerikas

Wüstensturm im Urwald

Neue Erkenntnisse: USA waren an Überfall Kolumbiens auf Ecuador beteiligt. Gleiche Bomben wie 1991 gegen Irak verwendet. Quito kündigt Konsequenzen an

Quito. Die kolumbianische Armee hat bei ihrem Angriff auf ein Lager der Revolutionären Streitkräfte Kolum­biens (FARC) in Ecuador Anfang des Monats Unterstützung aus den USA erhalten. Washington stellte Geheimdienstinformationen zur Verfügung, US-Militärs waren womöglich sogar aktiv an der Invasion beteiligt. Das ergaben Untersuchungen Ecuadors am Ort des Geschehens.

Am 1. März 2008 hatten Spezialeinheiten der kolumbianischen Armee mit Luftunterstützung ein Lager der FARC auf dem Boden Ecuadors angegriffen. Bei der Attacke wurden der FARC-Kommandeur Raúl Reyes und 23 weitere Personen ermordet. Der Überfall hatte in Südamerika die schwerste regionale Krise der vergangenen Jahrzehnte ausgelöst.

Schon unmittelbar nach dem Überfall hatten kolumbianische Militärs die Beihilfe von US-Geheimdiensten eingestanden. Polizeichef Oscar Naranjo sagte Journalisten, dass die Sicherheitskräfte seines Landes in "sehr enger Allianz mit US-Bundesbehörden" arbeiteten. Wie die kolumbianische Radiostation Cadena Nacional (RCN) berichtete, war es US-Geheimdiensten nach der Freilassung von vier FARC-Gefangenen gelungen, Raúl Reyes über dessen Satellitentelefon zu orten. Ein weiterer Sender, Noticias Uno, meldete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, "ausländische Spionageflugzeuge" hätten Aufnahmen von Reyes’ Aufenthaltsort geliefert. Ein anonymer Vertreter des kolumbianischen Verteidigungsministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Wir gewinnen den Krieg gegen die FARC dank der USA. Sie liefern uns jetzt Informationen, die sie früher zurückgehalten haben."

Damit aber nicht genug. Eine Untersuchung der ecuadorianischen Luftwaffe hat nun ergeben, dass zehn "intelligente" 250-Kilo-Bomben vom Typ GBU 12 Paveway II auf das Guerillalager abgeworfen wurden. Diesen Bombentyp hatte die US-Armee bei der "Operation Wüstensturm" 1991 gegen irakische Truppen eingesetzt. Quito bezweifelt, dass Bogotá über die Maschinen und das Know-how verfügt, um diese Waffen selbst einzusetzen. Diese Zweifel nährt auch ein Bericht, den die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) auf Basis kolumbianischer Angaben verfasst hat. Demnach waren an dem Angriff fünf kolumbianische Kampfflugzeuge mit zehn konventionellen Bomben beteiligt. Unterstützt worden seien sie von drei US-Maschinen des Typs A-37, die offenbar Streubomben einsetzten. Ecuadors Militärgeheimdienst überprüft nun, ob sich eine US-Maschine vom Typ C-130, die vom ecuadorianischen US-Stützpunkt Manta gestartet war, an der Aktion beteiligt hat.

Die FARC vermuten, dass das Südkommando der US-Armee die Operation geleitet hat. Dafür spricht, dass ein hochrangiger Vertreter dieses Regionalkommandos Ende Februar in Bogotá zu Gast war. Die USA nutzen Kolumbien als Operationsbasis, um Südamerika militärisch zu kontrollieren. Im Rahmen des Militärprogramms "Plan Colombia" hat Wa­shington seit dem Jahr 2000 etwa vier Milliarden US-Dollar an Bogotá gezahlt. Gleichzeitig baute die US-Armee ihre Basis Manta in Ecuador aus.

Dort sind auch drei AWACS-Maschinen stationiert. Mit diesen fliegenden Befehlsständen lässt sich auch der Funkverkehr abhören. Der Nutzungsvertrag für Manta läuft 2009 aus. Ecuadors Präsident Rafael Correas will ihn nicht verlängern.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.